Herr Jaeckel, wie hat das Thema „nachhaltiger Konsum“ Eingang in die internationale Politik gefunden?
Auf der Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro 1992 wurde „nachhaltiger Konsum“ als Begriff und Idee in die politische Diskussion eingeführt. Zehn Jahre später, auf dem Weltgipfel in Johannesburg, erfolgte der Beschluss eines Zehn-Jahres-Rahmenprogramms zur Förderung nachhaltiger Konsum- und Produktionsmuster, genannt 10YFP. Konkretisiert wurden die Ziele in dem 2003 gestarteten „Marrakesch-Prozess“, in dessen Zentrum die Entwicklung von Strategien und Maßnahmen zur Stärkung nachhaltiger Konsum- und Produktionsmuster stehen.
In der im September 2015 von den Staats- und Regierungschefs der Vereinten Nationen beschlossenen „2030-Agenda“ wurden die globalen Nachhaltigkeitsziele (SDG) verabschiedet, in der die Umsetzung nachhaltiger Konsum- und Produktionsmuster in einem eigenständigen Zielkapitel zwölf sowie in weiteren Kapiteln verankert ist.
Was passiert derzeit auf den verschiedenen Ebenen beim Thema Nachhaltiger Konsum?
In Deutschland haben wir Standards und Programme für ganz unterschiedliche Bereiche. Ich nenne an dieser Stelle einmal den bekannten „Blauen Engel“ oder die Verpackungsverordnung. Letzten Februar haben wir zudem das nationale Programm für nachhaltigen Konsum verabschiedet. Darin legt die Bundesregierung dar, wie nachhaltiger Konsum auf nationaler Ebene in unterschiedlichen Bereichen systematisch gestärkt und ausgebaut werden soll. Das Programm adressiert die sechs Konsumbereiche, in denen sich das größte Potenzial für Entlastungen befindet: Mobilität, Ernährung, Wohnen und Haushalt, Büro und Arbeit, Bekleidung sowie Tourismus und Freizeit.
Auch auf europäischer Ebene gibt es einiges. 2008 wurde der Aktionsplan „Nachhaltigkeit in Produktion und Verbrauch“ ins Leben gerufen. Berühmt ist ja mittlerweile die Energieeffizienzrichtlinie. International kann man leider kaum von Regeln sprechen, da geht es eher um Kooperation. Wir arbeiten daran, die Kriterien der verschiedenen Standards und Labels miteinander zu vergleichen, damit wir uns ungefähr einig darüber sind, wenn es um Nachhaltigkeit geh
Lässt sich anderen Labels, beispielsweise aus China, so einfach vertrauen?
Man muss sich natürlich die Zertifizierungsprozesse genau anschauen. Letztendlich kann man aber sagen, dass auch China und die lokalen Unternehmen kein Interesse an einem Skandal haben. Und immer wieder trifft man auch sehr ambitionierte Standards. In Japan beispielsweise gibt es das japanische Umweltzeichen. Die damit ausgezeichneten, nachhaltigen Produkte sollen fünf Jahre später zum Standard aller Produkte im japanischen Markt werden.
Ist man außerhalb der Industriestaaten für das Thema Nachhaltiger Konsum und Produktion ausreichend sensibilisiert?
Es kommt drauf an. Wenn es eine bestehende Konsumentenklasse gibt, dann ist Nachfrage nach nachhaltig produzierten Produkten vorhanden. Wichtig ist da übrigens der Gesundheitsaspekt. Er kommt weit vor dem Thema Klimaschutz, das gilt übrigens auch für Deutschland.
Was das Verhältnis zu den Entwicklungsländern betrifft bei dem Thema betrifft: Die Industrieländer haben nach wie vor eine besondere Verantwortung für nachhaltige Produkte. Das betrifft Produktionsbedingungen, Ressourcenverbrauch und globale Handelsketten.
Welche Fortschritte gibt es auf internationaler Ebene?
Der Bereich öffentliche Beschaffung richtet sich auch auf internationaler Ebene immer mehr an nachhaltigen Kriterien aus. Organisationen wie die Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) haben extra Förderprogramme entwickelt, Standards in diesem Bereich zu entwickeln. Das Umweltbundesministerium hat außerdem die Entwicklung von Leitlinien für glaubwürdige Konsumenteninformation auf UN-Ebene vorangetrieben, die sogenannten „Reliable Consumer Information“, die sowohl für Industrie- als für auch Entwicklungsstaaten gelten. Damit wollen wir Unternehmen wie Konsumenten eine Richtschnur an die Hand geben. Auf dem G7-Gipfel wollen wir dafür werben, dass die Staaten in ihrer heimischen Wirtschaft dafür werben.
Ulf Jaeckel leitet seit 2006 das Referat Nachhaltige Verbraucherschutzpolitik und Produktbezogener Umweltschutz. Das Referat ist dafür zuständig, Ökodesignrichtlinien und Ökosiegel wie den „Blauen Engel“ zu verwalten, und beschäftigt sich mit nationaler und internationaler Verbraucherpolitik.