Die Sprecherin von Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) sagte dem Tagessspiegel, mit der Klage solle zunächst nur geklärt werden, ob Berlin einen Anspruch auf das Fernwärmenetz habe: „Ob der Anspruch dann geltend gemacht wird, ist offen.“ Im Tagesspiegel-Interview hatte Kollatz-Ahnen aber schon im Juli 2016 gesagt: „Die Möglichkeiten einer neuen Koalition wären größer, wenn das Fernwärmenetz zum Kauf stünde.“
Auch der SPD-Energieexperte im Abgeordnetenhaus, Jörg Stroedter, sagte jetzt: „Wir können uns vorstellen, auch die Fernwärme zu übernehmen.“ Der Grünen-Energiepolitiker Stefan Taschner war etwas zurückhaltender: „Wir müssen erst mal prüfen. Es muss sich für das Land rechnen. Aber die Preise für die Verbraucher dürfen auch nicht steigen.“ Auf eine Prüfung hatten sich SPD, Grüne und Linke auch im Koalitionsvertrag geeinigt.
Vattenfall als klar dominierender Fernwärmeanbieter in Berlin hat ein Netz von 1700 Kilometern Länge und versorgt damit etwa 1 164 000 Wohneinheiten. Mit diesen Einheiten ist gemeint, dass zum Beispiel eine Schule mit Fernwärme auf Wohnungen von 70 Quadratmetern umgerechnet wird.
Der Konzessionsvertrag über die Fernwärme stammt aus dem Jahr 1994 und war am 31. Dezember 2014 ausgelaufen. Für diesen Fall regelt der Vertrag das Recht oder die Pflicht des Landes Berlin, die Energieversorgungsanlagen der Bewag zu übernehmen. Der Vertrag war noch von der Bewag abgeschlossen worden. Deren Rechtsnachfolgerin ist Vattenfall. Der Vertrag leidet aus Sicht von Juristen unter mangelnder Präzision. Mal ist von „Strom“ und „Wärme“ die Rede, dann wieder nur allgemein von „Energieanlagen“. Diese Anlagen soll das Land zu einem „angemessenen Preis“ übernehmen dürfen. Diesen müssten dann aber Sachverständige der beiden Parteien bestimmen. Wenn sie sich nicht einigen können, wird ein Obmann eingeschaltet.
Auch ein sogenannter Erörterungstermin beim Gericht für eine gütliche Einigung war gescheitert. Die Sprecherin des Finanzsenats sagte, ein Konsens sei von Vattenfall abgelehnt worden. Das Unternehmen selbst verweigerte mit Hinweis auf das „laufende Verfahren“ jeden Kommentar.
Sowohl für Juristen als auch für Energieexperten ist schwer nachzuvollziehen, warum Berlin in seiner Klage nur seinen Anspruch auf die Netze prüfen lassen will, nicht aber auf die Erzeugungsanlagen. Im Ernstfall könnte das Land seinen Versorgungsauftrag für die Fernwärmekunden nur schwer ohne Kraftwerke erfüllen. Der Finanzsenat meint, nur die Netze seien relevant für die Daseinsvorsorge. Stefan Taschner von den Grünen sagte dagegen: „Ein Fernwärmenetz kann man nicht ohne die Anlagen betreiben.“ Vor allem aber, so Taschner, dürfe die Fernwärme in Berlin nicht mehr mit Kohle erzeugt werden, wie bisher. Es müsse dringend auf erneuerbare Energien wie Windstrom aus Brandenburg umgestellt werden.