Klimaschutz
Das nationale Klimaziel 2020 wird nicht erfüllt, räumen die Groko-Parteien implizit ein, die „Handlungslücke“ aber „so schnell wie möglich“ geschlossen. Das Treibhausgasminderungsziel für 2030 hingegen soll „auf jeden Fall“ erreicht werden. Die im Klimaschutzplan 2050 vorgesehene Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ soll „bis Ende 2018“ ein Aktionsprogramm erarbeiten. Inhaltsvorgabe: Maßnahmen, um die Lücke zur Erreichung des 40 Prozent Reduktionsziels bis 2020 so weit wie möglich zu reduzieren und das 2030-Ziel zu erreichen. Zudem solle ein Kompromiss für den Kohleausstieg einschließlich Hilfen für den Strukturwandel in den betroffenen Regionen erreicht werden.
Parallel dazu werden dem Papier zufolge ähnliche Maßnahmen für den Bau- und Verkehrssektor erarbeitet, die dann gemeinsam mit dem Stromsektor die Grundlage für ein Gesetz zur Einhaltung des Klimaschutzziels 2030 bilden sollen. Das Gesetz ist für 2019 geplant.
Der EU-Emissionshandel soll ein starkes „Leitinstrument“ werden. Ein übergreifender Preis für CO2-Emissionen ist dagegen nur vorgesehen, wenn er „die G20-Staaten umfasst“. Dies gilt als kaum erfüllbare Voraussetzung, da auch die Einbindung der US-Regierung notwendig wäre, die aber vom klimaskeptischen US-Präsidenten Donald Trump geführt wird. Zusätzlich wird allerdings eine „enge Zusammenarbeit“ Deutschlands und Frankreichs bei der Umsetzung der Pariser Klimaziele angekündigt.
Die drei Parteien wollen sich zudem darauf verpflichten, die Mittel für die internationale Klimaschutzfinanzierung weiter aufzustocken. Im letzten Abschnitt des Klima-Kapitels betonen CDU, CSU und SPD, dass sie die „internationale Wettbewerbsfähigkeit insbesondere energieintensiver Industrien“ unter anderem durch einen „umfassenden Schutz vor carbon leakage“ gewährleisten wollen. Damit ist gemeint, dass Emissionen nicht ins Ausland verdrängt werden sollen.
Energie
Das Energiekapitel umfasste im Sondierungspapier gerade mal eine Drittel-Seite. Die Koalitionsarbeitsgruppe hat zwei Seiten hervorgebracht. Es bleibt dabei: Bis 2030 soll der Anteil der Erneuerbaren an der Stromerzeugung nun auf 65 Prozent angehoben werden. Bisher wurden 55 bis 60 Prozent bis 2035 angestrebt. Ersten Berechnungen zufolge würde das zusätzliche Stromangebot vermehrt Kohlekraftwerke schneller aus dem Markt drängen. Erreicht werden soll das Ziel über Sonderausschreibungen. 2019 und 2020 sollen insgesamt vier zusätzliche Gigawatt Windenergie an Land und Photovoltaik an das Netz gehen. Die Rede ist zudem von einem Beitrag der Windenergie auf See, der jedoch nicht beziffert wird. Außerdem soll die bestehende Mieterstromregelung überarbeitet werden.
Auch die regionale Steuerung des Ausbaus der erneuerbaren Energien soll überarbeitet und damit „verbessert“ werden. Für „Ausschreibungen südlich des Netzengpasses“ wollen die drei Parteien dazu „einen Mindestanteil über alle Erzeugungsarten festlegen“. Mehrere Absätze widmet die AG auch dem Thema Speicher. Sie sollen durch eine „stärkere Marktorientierung der Erneuerbaren Energien Investitionen in Speichertechnologien und intelligente Vermarktungskonzepte“ gefördert werden.
Was die Stromnetze anbelangt, wurden Vorschläge zur Optimierung und stärkeren Auslastung der bestehenden Leitungsinfrastruktur aufgegriffen. Das Netzausbaubeschleunigungsgesetz soll außerdem novelliert und vereinfacht werden. Durch Erdverkabelung auch bei Wechselstrom an „neuralgischen Punkten“ soll Akzeptanz geschaffen und für eine Beschleunigung des Netzausbaus gesorgt werden.
Schwarz-Rot verspricht zudem eine schnelle Umsetzung der Verordnung zur bundesweiten Angleichung der Übertragungsnetzentgelte. Eine „Reform der Netzentgelte“ soll in Zukunft die Kosten „verursachergerecht und unter angemessener Berücksichtigung der Netzdienlichkeit“ verteilen und bei Stromverbrauchern mehr Flexibilität ermöglichen. Die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) wollen die potenziellen Koalitionäre weiter ausbauen, genauso wie die Fernwärmeinfrastruktur. Die KWK soll aber CO2-ärmer und flexibler werden.
Die Energieeffizienz fand im Sondierungspapier keine Erwähnung. Im Koalitionsvertrag wird ihr ein Absatz gewidmet. Unter „breiter Beteiligung“ soll eine „sektorübergreifende Energieeffizienzstrategie“ entwickelt werden. Langfristiges Ziel: Halbierung des Energieverbrauchs bis 2050. Die Energieforschung soll noch stärker als bisher auf die Energiewende ausgerichtet werden. Schwerpunkte könnten „die Entwicklung CO2-armer Industrieprozesse“ und die „CO2-Kreislaufwirtschaft“ sein. Außerdem soll der Zugang zur Forschungsförderung für Start-ups leichter werden. Eine Milliarde Euro pro Jahr sind in einem anderen Kapitel vorgesehen für die energetische Sanierung von Gebäuden.
Verkehr
Das ist im Moment das oberste Ziel aller Verkehrspolitiker: Fahrverbote in den Städten vermeiden. Das gilt auch für Union und SPD und ihren Koalitionsvertrag, der allerdings vor dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vergangene Woche verfasst wurde, das grünes Licht für Fahrverbote gab. Das Ziel erreichen wollen sie mit Nachrüstungen von Diesel-Motoren – wobei sie nicht sagen, ob das vom Steuerzahler oder der Autoindustrie bezahlt werden soll. Durch mehr Fördergeld wollen sie Behörden, Taxiunternehmen, Handwerksbetriebe und ÖPNV dabei unterstützen, ihre Fahrzeugparks auf emissionsarme oder sogar -freie Antriebe umzurüsten. Kommunen sollen rechtlich in die Lage versetzt werden, strengere Emissionsgrenzwerte für Busse, Taxen, Mietwagen, Kurier- und Paketfahrzeuge festzulegen.
Um die Abgase von allen Fahrzeugen flächendeckend auf der Straße zu überwachen und ein „wirksames Sanktionssystem“ aufzubauen, wollen die möglichen Koalitionäre ein Deutsches Institut für Verbrauchs- und Emissionsmessungen (Divem) gründen. Um die Sektorkopplung voranzubringen, ist im Koalitionsvertrag vorgesehen, grünen Wasserstoff (mithilfe von Ökostrom hergestellt) und Wasserstoff aus industriellen Prozessen als Kraftstoff zu fördern. Hier schreiben die Verkehrsexperten von Union und SPD, der „regulative Rahmen“ solle geändert werden. Das könnte eine Senkung der Belastung mit Steuern und Abgaben bedeuten. Biokraftstoffe sollen ebenfalls unterstützt werden – sogar solche aus Pflanzen, nicht nur als Abfall- und Reststoffen. Die bisherige Bundesregierung hatte gegenüber Pflanzensprit eine große Distanz.
Die Dienstwagenbesteuerung für reine Elektro- und Hybridfahrzeuge sieht nur noch einen Satz von 0,5 Prozent statt ein Prozent des Listenpreises des Autos als geldwerter Vorteil pro Monat vor. Für gewerblich genutzte E-Fahrzeuge will Schwarz-Rot eine auf fünf Jahre befristete Sonderabschreibung von 50 Prozent im Jahr der Anschaffung einführen. Damit Elektrobusse wirtschaftlicher werden, sollen sie analog zu Zügen von der EEG-Umlage befreit werden. Außerdem soll eine Fertigung von Batteriezellen in Deutschland gestartet werden. Bis zum Jahr 2020 soll es hierzulande mindestens 100.000 Ladepunkte für E-Fahrzeuge geben. Im Moment sind es erst 11.000.