Die Energieversorgung in Deutschland wie in Japan haben zentrale Fragen zu beantworten. Japan steht vor der Aufgabe seine Energieversorgung nach der Atomkatastrophe von Fukushima völlig neu zu ordnen. Deutschland steht vor den nächsten Schritten in Sachen Energiewende. Die Ausgangsbedingungen in beiden Ländern unterscheiden sich zwar sehr voneinander. Aber die Grundsatzfrage bleibt gleich: Auf welchem Wege gestalte ich eine künftige nachhaltige Energieversorgung, die den drei Zielen der Energie- und Klimapolitik Rechnung trägt, nämlich Sicherheit und Preiswürdigkeit der Energieversorgung sicherzustellen und dabei gleichgewichtig Umwelt- und Klimaschutz konsequent umzusetzen.
Vor diesem Hintergrund ist es im vergangenen Jahr gelungen einen Rat aus jeweils zehn Experten von japanischer und deutscher Seite zusammenzustellen, dessen Aufgabe darin besteht auf der Grundlage eines intensiven Erfahrungs- und Gedankenaustauschs Wege aufzuzeigen, die in beiden Ländern in die Energieversorgung der Zukunft führen. Das Projekt wird auf deutscher Seite von der Deutschen Bundestiftung Umwelt in Osnabrück, der Mercatorstiftung in Essen sowie dem Auswärtigen Amt in Berlin gefördert. Auf japanischer Seite unterstützt das dortige Wirtschaftsministerium (Meti) das Vorhaben.
Aufgrund der unterschiedlichen Philosophien gestaltete sich der Beginn der Diskussionen nicht einfach. Kernenergiebefürworter nach wie vor auf japanischer Seite und Kernenergieskeptiker auf deutscher Seite. Hier standen in den ersten beiden Sitzungen, die in Tokio und Berlin im vergangenen Jahr stattfanden, Vertrauensbildung und die Bereitschaft, die Argumente der jeweiligen Gegenseite zumindest zu Kenntnis zu nehmen im Vordergrund. Es gelang vier Studien in Auftrag zu geben, die Grundlagen für die weiteren Diskussionen schaffen sollten. Ergänzt wurden die bisherigen Beratungen des Rates durch sogenannte „Stakeholder Dialoge“, in denen Akteure aus der Wirtschaft und dem kommunalen Bereich ihre Positionen und Ideen artikulierten.
Vor diesem Hintergrund verlief die dritte Sitzung des Rates deutlich offener und konstruktiver. Die lebhaften Diskussionen konzentrierten sich allerdings vornehmlich auf den Stromsektor und ließen noch einen ganzheitlichen Systemansatz vermissen. Auffällig ist zudem die unterschiedliche methodische Herangehensweise in beiden Ländern: Während der Ansatz in Deutschland von anspruchsvollen Zielsetzungen bis hin zum Jahr 2050 ausgeht, wird in Japan von der Ausgangslage her gedacht und versucht zu ergründen, welche Effekte mit den derzeit bekannten Technologien und Strukturen realisiert werden können.
Hier scheiden sich bislang die Geister: Während in Japan eine erhebliche Skepsis existiert, ob das anspruchsvolle nationale Klimaschutzziel für das Jahr 2030 erreicht werden kann (Minderung der Treibhausgasemissionen um 26 % bis 2030 auf der Basis des Jahres 2005) und bereits heute erklärt wird, dass dies nur mit dem Import von Emissionskrediten und der Nutzung von Senken sowie dem Einsatz der Kernenergie (20-22% Anteil an der Stromerzeugung im Jahre 2030) möglich sein wird, sieht die deutsche Seite die Chance, die anspruchsvollen Klimaschutzziele unter wirtschaftlich-technischen Bedingungen innerhalb des Landes zu verwirklichen und auf diesem Wege zudem Beschäftigung und Wachstum zu fördern.
Der Rat steht nunmehr in den kommenden Monaten vor der Aufgabe sich unter Berücksichtigung der Ergebnisse der zu überarbeitenden vier Grundlagenstudien die Ergebnisse der bisherigen Beratungen zusammenzufassen und daraus ein gemeinsames Ergebnis zu destillieren. Dies wird nicht einfach sein, weil sich nach den bisherigen Beratungsrunden schon einige fundamentale Auffassungsunterschiede herauskristallisiert haben. Dennoch kam die Arbeit des Rates bereits heute als ein Beweis für die Tatsache angesehen werden, dass mittlerweile rund um den Globus ernsthaft Mittel und Wege gesucht werden, um den Pfad in rohstoff- und kohlenstoffarme Gesellschaften und Wirtschaften zu gestalten.
Angesichts begrenzter Rohstoffe sowie dem sich mittlerweile immer deutlicher abzeichnenden globalen Klimawandel und den nicht nur in Entwicklungsländen vorhandenen lokalen Umweltbelastungen – zu erinnern ist in Deutschland etwa an die gesundheitsgefährdenden Stickoxidbelastungen in den Städten oder die Belastung des Grundwassers durch übermäßige Düngung ist die eine vordringliche Aufgabe auch im Hinblick auf die uns nachfolgenden Generationen. Wir haben jetzt die Chance mit unserem technischen Know How und den wirtschaftlichen Ressourcen die Weichen weltweit neu zu stellen.
Als Basis sollte der Beschluss der Vollversammlung der Vereinten Nationen über die globalen Nachhaltigkeitsziele Sustainable Development Goals (SDG’s) sowie das Paris Abkommen (PA) – beides aus dem Jahre 2015 – dienen. Beide mit überwältigender Mehrheit gefassten Beschlüsse gegen- anders als noch in Kyoto oder im Rahmen der Milleniums-Entwicklungsziele, Millenium Development Goals (MDG’s), – von der Vorstellung einer Welt aus, die durch unsere heutigen Produktions- und Konsummuster ernsthaft gefährdet ist.
Franzjosef Schafhausen war bis 2016 Abteilungsleiter Klima im Bundesumweltministerium.