Energieforschung: Nicht nur für den Elfenbeinturm

Die anwendungsorientierte Forschung profitiert am meisten von staatlichen Forschungsgeldern. Auch Unternehmen können sich beteiligen. Ein Überblick über die Förderpolitik von Bund und Ländern.

veröffentlicht am 27.03.2017

aktualisiert am 16.11.2018

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Über eine Milliarde Euro investieren der Bund und die Länder jedes Jahr in die Energieforschung. Die Bundesländer gaben 2014 alle zusammen 256 Millionen Euro aus, der Bund stellte 2015 rund 863 Millionen Euro bereit. Etwa drei Viertel der Bundesmittel sind in die Erforschung von Energieeffizienz und erneuerbaren Energien geflossen. Den Rest teilten sich die Forschung zur nuklearen Sicherheit und Entsorgung sowie zur Kernfusion.


Die Zahlen stammen aus dem jüngsten Bericht der Bundesregierung zur Forschungsförderung für die Energiewende.


Weitere Daten bietet das Portal EnArgus. Es ist das zentrale Informationssystem der Energie­forschungs­förderung in Deutschland. Besonders gut ist die grafische Darstellung von verwandten Suchbegriffen der Energieforschung. Sie ist deshalb so hilfreich, weil die Energieforschung auf viele Projekte und Institutionen verteilt ist. Die wichtigsten Geber sind das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi). Das BMBF fördert die Grundlagenforschung, das BMWi die anwendungsorientierte Forschung. Inhaltlich gibt es zum Teil Überschneidungen. So fördern beide Ministerien die Erforschung von Energieeffizienz und die Nuklearforschung.


Forschungsförderung für Unternehmen


Viele Programme sind ausdrücklich für forschende Unternehmen gedacht oder für eine Partnerschaft zwischen Wirtschaft und Wissenschaft ausgelegt. Dies sind beispielsweise die Forschungscampus-Modelle für öffentlich-private Partnerschaft für Innovationen und das Zwanzig20-Programm. Kleine und mittlere Unternehmen spricht das Programm KMU-innovativ an. Auch das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) ist ein Förderprogramm des BMWi zur Unterstützung von kleinen und mittleren Unternehmen sowie Forschungseinrichtungen.


Bei der Antragstellung beraten der Lotsendienst für Unternehmen, das Infotelefon des BMWi für Mittelständler und Existenzgründer sowie die Finanzierungshotline des BMWi.


Forschungsförderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung


Themen, die das BMBF fördert sind: Nukleare Sicherheit und Entsorgung, Strahlungsforschung und Fusion, energieeffiziente Wasserwirtschaft, Rohstoffeffizienz und wirtschaftsstrategische Rohstoffe sowie stoffliche Nutzung von CO2.


Im BMBF-Programm Vom Material zur Innovation werden ebenfalls Beiträge zur Energieforschung geleistet, zum Beispiel im Rahmen der Initiativen Batterie 2020NanoMatFutur und im Spitzencluster-Wettbewerb.


Das BMBF ist auch für das Rahmenprogramm Forschung für Nachhaltige Entwicklung (FONA) verantwortlich. Es besteht aus drei Leitinitiativen: Green Economy, Zukunftsstadt und Forschungsforum Energiewende. Außerdem wird hier die Bioökonomie und die Elektromobilität erforscht.


Ein großes neues Vorhaben des BMBF sind die Kopernikus-Projekte für die Energiewende. Bis 2025 sollen zusätzliche 400 Millionen Euro in die vier Forschungsbereiche Netze, Speicher, Industrieprozesse und Sytemintegration fließen. 90 Institutionen sind dafür in vier Konsortien organisiert. Sie werden bald ihre Arbeit aufnehmen.


Dem BMBF unterstehen die Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren mit Ausnahme des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt (DLR), die Fraunhofer Gesellschaft, die Max-Planck-Gesellschaft und die Leibniz-Gemeinschaft. Das BMWi ist für die Förderung des DLR verantwortlich.


Forschungsförderung des Wirtschaftsministeriums


Die anwendungsorientierte Forschungsförderung des BMWi gliedert sich in die Projektförderung, die institutionelle Förderung, die Förderung von Querschnittsthemen und die ressortübergreifende Förderung zusammen mit dem BMBF.


Zur Projektförderung im Bereich erneuerbare Energien gehören die Bereiche Photovoltaik, Windkraft, tiefe Geothermie, Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid sowie Kraftwerkstechniken, Brennstoffzellen- und Wasserstoffforschung, solarthermische Kraftwerke, Speicher, Energieeffizienz sowie Wasserkraft und Meer. Zusammen machen sie den Löwenanteil der Forschungsförderung des Bundes aus.


Zur institutionellen Förderung gehört die Entwicklung neuartiger Materialsysteme zur Energieumwandlung und -speicherung unter dem Dach der Helmholtz Energy Materials Foundry (HEMF). Neben dem Helmholtz-Zentrum Berlin beteiligen sich daran fünf weitere Helmholtz-Zentren: das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Forschungszentrum Jülich, Helmholtz-Zentrum Geesthacht, Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf sowie das Karlsruher Institut für Technologie.


Eins der geförderten Querschnittsthemen ist die Systemanalyse. Sie soll das Zusammenspiel der einzelnen technologischen Entwicklungen abbilden. Die Forschung zur gesellschaftsverträglichen Transformation des Energiesystems wird mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien immer wichtiger. Evaluation und Begleitforschung sind weitere Querschnittsthemen.


Gemeinsame Projekte von Forschungs- und Wirtschaftsministerium


Ressortübergreifend sind die Forschungsinitiativen Zukunftsfähigen Stromnetze und die Forschungsinitiative Energiespeicher.


Gemeinsam tragen die beiden Ministerien auch das Programm Solares Bauen – Energieffiziente Stadt. Es ist das Dach für die drei Programme Forschung für die energieffiziente Stadt (Eneff:Stadt), Forschung für energieffiziente Wärme- und Kältenetze (EnEff:Wärme) und Forschung für Energieoptimiertes Bauen (EnOB).


Es ist kein Geheimnis, dass die Abstimmung zwischen den Wirtschafts- und Forschungsministerien oft hakt. So warten die Antragsteller des Programms Solares Bauen – Energieffiziente Stadt seit Mitte 2016 auf einen Bescheid. Laut Frank Heidrich, Leiter der Unterabteilung Wärme und Effizienz in Gebäuden, Forschung, „ringen“ die beiden Ministerien noch darum, „es gut und vernünftig zu machen“. Wer in einem der drei gemeinsamen Programme Mittel beantragt, muss also gute Nerven mitbringen.


Forschungsförderung des Umweltministeriums


Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit trägt die Forschung zu Klima- und Naturschutz, zur Quartiers- und Stadtentwicklung, zum Bauen sowie zu Strahlenschutz, Reaktorsicherheit und nuklearer Ver- und Entsorgung.


Forschungsförderung des Verkehrsministeriums


Das Verkehrsministerium ist zusammen mit anderen Ministerien federführend beim Nationalen Innovationsprogramm Wasserstoff und Brennstoffzellentechnologie (NIP), das zum großen Teil auch aus Mitteln der Industrie gefördert wird. Die Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NOW) ist verantwortlich für die Umsetzung.


Forschungsförderung des Landwirtschaftsministeriums


Beim Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung ist die Bioenergieforschung angesiedelt. Es ist für die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) verantwortlich, an der ein Großteil der Forschungsaktivitäten stattfindet.

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