Um das Klimaschutzziel zu erreichen, müssen erneuerbare Energien doppelt so schnell ausgebaut werden wie derzeit im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vorgesehen. Zu diesem Schluss kommt die Deutsche Umwelthilfe (DUH). Bis zum Jahr 2020 ist der Treibhausgas-Ausstoß um 40 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren, dazu fehlen derzeit noch fast neun Prozent oder 150 Millionen Tonnen Treibhausgas. Die Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation appelliert an die Koalitionäre in Berlin, in den Verhandlungen die notwendigen Weichen zu stellen, um mit mehr Erneuerbaren den Klimaschutz wieder auf Kurs zu bringen.
2016 betrugen die Emissionen 906 Millionen Tonnen Treibhausgas, 750 Tonnen dürfen es 2020 laut Klimaschutzprogramm noch sein. Betroffen sind alle Sektoren (Strom, Wärme und Verkehr) – der weitaus größte Teil der Einsparung muss jedoch aus der Energiewirtschaft kommen, denn hier sind die Kosten am geringsten und Erfolge am schnellsten zu erreichen. Das bedeutet mindestens eine Halbierung der Kohlestromerzeugung von derzeit 260 Milliarden Kilowattstunden, denn auf diese gehen etwa 256 Millionen Tonnen des klimaschädlichen Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) zurück. 130 Milliarden Kilowattstunden müssen dann aus erneuerbaren Quellen kommen.
Der Ausstieg aus der Kohle ist der effektivste Weg, um CO2-Emissionen zu reduzieren. Jede hier nicht mehr erzeugte Kilowattstunde Strom spart ungefähr ein Kilogramm Treibhausgas. Eine Reduzierung des Kohlestromexports von jetzt etwa 50 Milliarden Kilowattstunden und deutlich mehr Strom aus Erneuerbaren muss die fehlende Menge kompensieren.
Als Sofortmaßnahme bis 2020 könnten bereits baugenehmigte Windprojekte, die bei den letzten Ausschreibungen nicht zum Zuge gekommen sind, den Ausgleich leisten. So sind in Süddeutschland nur sehr wenige Projekte in der Ausschreibung erfolgreich gewesen. In Nordrhein-Westfalen ist von 56 Projekten nur eins erfolgreich gewesen, in Rheinland-Pfalz nur eins von 18 Projekten.
Die ausgeschriebene Menge von Windkraft an Land muss von jetzt 2900 auf 5800 Megawatt netto pro Jahr verdoppelt werden. Das entspricht etwa 2000 neuen Anlagen pro Jahr. Diese Größenordnung ist mit Blick auf den schon jetzt hohen Ausbau von jeweils mehr als 1500 Anlagen in 2016 und 2017 machbar. Für 2018 werden derzeit jedoch nur noch etwa 1000 Anlagen erwartet.
Ab 2020 wird es gemäß des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) hingegen nur noch die festgelegte Ausschreibungsmenge von 2900 Megawatt brutto bei Wind geben, das entspricht etwa 950 Anlagen. In den letzten Ausschreibungsrunden hat sich gezeigt, dass im Süden nur noch ganz wenige Windmühlen einen Zuschlag bekommen. Die neue Bundesregierung muss diese Schieflage beseitigen. Gebote aus dem südlichen Teil Deutschlands müssen mehr Chancen auf einen Zuschlag bei der Ausschreibung bekommen. Auch der Offshore-Zubau muss aus Sicht der DUH von jetzt etwa 900 Megawatt auf 1800 Megawatt pro Jahr verdoppelt werden. Bei Solarenergie sind die ausgeschriebenen Mengen in den letzten Jahren nicht erreicht worden, nur 1500 Megawatt von 2500 Megawatt wurden zugebaut. Ab 2018 müssten jedoch jedes Jahr 5000 Megawatt installiert werden.
Die DUH fordert, die Verdoppelung des Ausbautempos der Erneuerbaren bis mindestens 2030 beizubehalten. Nur so könne der weiter notwendige Ausstieg aus der Kohle und auch der restliche Atomausstieg ab 2022 kompensiert werden. Für den Atomausstieg müssen 85 Milliarden Kilowattstunden zusätzlich aus Erneuerbaren kommen.
Aus Sicht der DUH wird der notwendige Zubau von erneuerbaren Energien aber nur gelingen, wenn bei der Planung von Windparkprojekten die Menschen vor Ort früher mit einbezogen werden. Bei weniger als 18 Anlagen pro Windpark erfahren die Anwohner manchmal erst kurz vor dem Bau, wo die Anlagen stehen werden. Hier muss die Beteiligungsmöglichkeit für Bürger bei der Umweltverträglichkeits-Prüfung auch für weniger als 18 Anlagen verpflichtend werden. Auch die Möglichkeit der finanziellen Teilhabe der Standortgemeinde und der Anwohner muss verbessert werden. In der Vergangenheit ist oft kaum Gewerbesteuer bei den Kommunen angekommen. Gemeinden müssen einen sichereren Nutzen als bisher für ihr Engagement erhalten. Das stärkt die Bereitschaft für die Energiewende. Und wir haben noch einen weiten Weg vor uns, auch wenn schon ein Drittel geschafft ist.
Peter Ahmels leitet bei der Deutschen Umwelthilfe (DUH) die Abteilung Klima und Energie.