EU-Kommission wirbt um Verteilnetzbetreiber

Die Einschätzungen hinsichtlich des Mehrwerts einer Vertretung der Verteilnetzbetreiber auf europäischer Ebene fallen bei BDEW und VKU unterschiedlich aus. Einig sind sich die Verbände aber in ihrer Kritik an der geplanten Auswahlpraxis für Mitgliedsunternehmen der sogenannten EU DSO Entity. Dieser würde kleine und mittlere Netzbetreiber zu stark benachteiligen. Klaus-Dieter Borchardt, Direktor der Generaldirektion Energie, trat dieser Kritik am Dienstag in Berlin entgegen.

veröffentlicht am 08.03.2017

aktualisiert am 19.11.2018

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Die deutschen Verteilnetzbetreiber (VNB) sind skeptisch, was die Pläne der EU-Kommission angeht, auf europäischer Ebene eine „EU DSO Entitiy“ nach dem Vorbild von ENTSO-E, der Vertretung der Übertragungsnetzbetreiber, einzurichten. Aus Sicht der EU-Kommission kann eine solche Organisation helfen, den Elektrizitätsbinnenmarkt zu vollenden und dessen Funktionieren zu gewährleisten. Darüber hinaus könne die Organisation zu einem optimierten Management und koordinierten Betrieb von Verteil- und Übertragungsnetzen beitragen.


Mehrwert der DSO-Entität


Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) stellt in einer Stellungnahme genau diesen Mehrwert in Zweifel und beharrt auf dem Subsidiaritätsprinzip. An die Energiepolitiker in Brüssel und Berlin ergeht die Aufforderung, den Bedarf für ein solches Gremium noch einmal intensiv zu diskutieren. Der Bundesverband der Energie und Wasserwirtschaft (BDEW) steht der Idee der Kommission in seiner Stellungnahme aufgeschlossener gegenüber. Eine organisierte Mitarbeit der VNB auf europäischer Ebene sei nur folgerichtig, da bereits die auf Basis des dritten Binnenmarktpakets entwickelten Netzkodizes und Leitlinien nicht nur, „wie ursprünglich vorgesehen, grenzüberschreitende Aspekte, sondern in erheblichem Umfang auch die VNB-Ebene“ betrafen. Entgegen den bisherigen Vorstellungen der Kommission, will der BDEW jedoch auch die Gasverteilnetzbetreiber von Beginn an einbezogen sehen.


Vertretung kleiner und mittlerer VNB


Vor diesem Hintergrund nutzte der Direktor der Generaldirektion Energie der Europäischen Kommission, Klaus-Dieter Borchardt, seinen Auftritt beim „Treffpunkt Netze“ des BDEW am 7. März noch einmal, um für die Pläne seiner Behörde zu werben. Dies tat er insbesondere dadurch, dass er einen zentralen Kritikpunkt beider Verbände direkt entschärfte, nämlich die Zusammensetzung des neuen Gremiums. Die gefundene Regelung sei auch aus Sicht der Kommission nicht perfekt, so Borchardt. Er forderte die Anwesenden auf, Ideen vorzulegen, wie die Repräsentation kleiner und mittlerer VNB sichergestellt werden können, ohne die Arbeits- und Entscheidungsfähigkeit der VNB-Vertretung zu konterkarieren.


VKU wie BDEW kritisieren die Regeln nach denen die Mitglieder der DSO-Entität ausgewählt werden sollen. So sieht der Vorschlag der Kommission vor, dass sich nur VNB die nicht Teil eines vertikal integrierten Energieunternehmens sind oder gemäß Artikel 35 der EU-Richtlinie zum Elektrizitätsbinnenmarkt „entflochten“ sind, zusammenschließen sollen. Durch eine solche Regelung würden jedoch alle VNB mit weniger als 100.000 angeschlossenen Kunden, die weniger strengen Regelungen zur Entflechtung als jenen nach Artikel 35 unterliegen, von einer Partizipation ausgeschlossen werden. Der BDEW schlägt als Lösungsansatz vor, den Mitgliedstaaten die Befugnis einzuräumen, für diese „de-minimis-Unternehmen“ in ihrem Land eine geeignete Vertretungsregelung in der EU DSO entity festzulegen.


Rolle der Verteilnetzbetreiber


Mit Blick auf die Rolle der Verteilnetzbetreiber im Energiesystem unterstrich Borchardt, dass die Kommission diese als „Organisatoren des Marktes in voller Neutralität“ versteht. Der Aufbau von Speicherkapazität und Ladinfrastruktur solle daher auch nur dann durch Netzbetreiber erfolgen, wenn der Markt nicht in der Lage sein sollte, die dafür notwendigen Anreize zu setzen. Solange dieser Fall nicht eingetreten ist, sei aus Sicht der Kommission auch keine erneute Debatte über eine weitere Entflechtung der VNB notwendig. In der Tat hoffe er, so Borchardt, dass dieses Thema in den Verhandlungen zwischen dem Rat der EU und dem EU-Parlament zum Clean Energy Package nicht erneut aufflammt.

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