Bisher werden Generator und Flügel unabhängig voneinander gesteuert – nach Regeln, die schon bei der Entwicklung der Windkraftanlagen festgelegt werden. „Eine der Vorgaben ist, wie schnell sich der Rotor bei einer bestimmten Windgeschwindigkeit drehen soll“, erklärt Axel Schild von der Ingenieurgesellschaft Auto und Verkehr (IAV). Das Unternehmen bringt seine Erfahrungen aus der Automobilentwicklung inzwischen auch bei erneuerbaren Energien ein. Im Forschungsprojekt Eco4Wind leitet IAV ein Konsortium von drei Universitäten und dem Anlagenhersteller Senvion.
Bisher war es sehr schwierig, die Anlagen im Gleichklang mit den ständig schwankenden Windgeschwindigkeiten zu regeln. „Die dafür benötigten Methoden waren steuerungstechnisch zu komplex und für ein einzelnes Unternehmen zu teuer zu erforschen“, sagt Schild.
Nun wollen Forscher der Universitäten in Magdeburg, Freiburg und Bochum mit neuen Steuerungskonzepten und echtzeitfähigen Algorithmen die sofortige, optimale Einstellung von Flügeln und Generator je nach Windverhältnissen möglich machen. „Eine Schlüsselkomponente des Projekts sind virtuelle Sensoren“, sagt Schild. Sie kombinieren reale Messdaten mit Modellen, um unter anderem die Bewegungen der Rotorblätter zu rekonstruieren. So kann der Betrieb der Anlage den Windverhältnissen noch besser angepasst werden.
In der Praxis will man nämlich nicht unbedingt zu jedem Zeitpunkt den höchsten Energieertrag erzielen, denn bei maximaler Leistung ermüdet das Material auch besonders schnell. „Außerdem ist der erzielbare Strompreis bei starkem Wind ja meist niedrig, jedenfalls in der Direktvermarktung“, sagt Schild.
Trotzdem muss das Material auf die maximale Böe und gleichzeitig auf eine bestmögliche Betriebslast ausgelegt sein. „Wenn Flügelstellung und Generatorleistung optimal auf die Windgeschwindigkeit eigestellt werden können, lassen sich Lasten reduzieren und die Anlagen können länger laufen“, sagt Schild. Auch sehr hohe Türme könnten dann mit weniger Baustoff auskommen. „Dank der Ergebnisse von Eco4Wind könnten sich künftig neue Standorte für Windenergieanlagen erschließen lassen“, schätzt Jens Geisler von Senvion.
Das Projekt wird auch klären, wie die neue Technologie beim Nutzer am besten bereitgestellt werden kann – ob als Softwaremodul oder komplette Steuerungseinheit. Zu Projekten, die die Steuerung von ganzen Windparks optimieren, sieht sich Eco4Wind als Ergänzung: „Das sind zwei Hebel, um das Maximum des bisher nicht gehobenen Potenzials zu heben“, sagt Schild.