Standpunkte Gemeinnützigkeit für E-Sport-Vereine

Im Rahmen der Berlin Games Week wird heute beim E-Sport-Summit über Team Management, Trainingspläne und Inklusion diskutiert. Die Politik muss E-Sport endlich auch gesetzlich anerkennen, fordert Monika Lazar, sportpolitische Sprecherin der Grünen.

von Monika Lazar

veröffentlicht am 11.04.2019

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Der erhoffte Durchbruch in der E-Sport-Debatte steht weiter aus. Vielmehr zeigte die öffentliche Anhörung zum E-Sport im Sportausschuss des Bundestags am 20. Februar, dass die Positionen von Deutschem Olympischen Sportbund (DOSB) auf der einen und E-Sport-Bund Deutschland (ESBD) auf der anderen Seite festgefahren sind. Auch bei den Koalitionsfraktionen verlaufen Gräben zwischen der Sportpolitik auf der einen und der Digitalpolitik auf der anderen Seite.

Das E-Sport-Versprechen im Koalitionsvertrag

Dabei sollte der Fahrplan doch klar sein: Union und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag versprochen, „E-Sport künftig vollständig als eigene Sportart mit Vereins- und Verbandsrecht“ anzuerkennen. Das mag etwas unglücklich formuliert sein, denn eine Sportart anerkennen, kann die Politik nicht im Alleingang. Aber sie kann die steuerrechtlichen Voraussetzungen schaffen.

Die grüne Bundestagsfraktion hat einen konkreten Vorschlag dazu vorgelegt. Würden die Regierungsfraktionen ihrem Koalitionsvertrag folgen, hätten wir eine breite Mehrheit, um die Entwicklung des E-Sports in Deutschland zu fördern und Rahmenbedingungen zu gestalten.

Ablenkungsmanöver: Gewaltdebatte 2.0

Nun werden aber nur allzu bekannte Ablenkungsmanöver geführt, um das Versprechen aus dem Koalitionsvertrag wieder zurückzunehmen. Ja, unter den im E-Sport beliebten Titeln befinden sich auch Spiele, deren Inhalte nicht für alle Altersstufen geeignet sind. Die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) als unabhängige und teilstaatliche Stelle zur Einstufung der Spielinhalte nach Jugendschutzgesichtspunkten aber leistet eine sehr professionelle Arbeit. Die Einstufung der USK ist für die Zugänglichmachung von Spielen verpflichtend, selbstverständlich auch im E-Sport!

Man fühlt sich an die völlig ergebnislose „Killerspiel-Debatte“ der Nullerjahre erinnert, die eigentlich längst überwunden schien. Irgendeinen Mehrwert, sie noch einmal zu führen, sehe ich nicht. Aber wenn wir sie tatsächlich nochmal aufwärmen wollen, müssen wir uns auch über reale Gewalt im Sport unterhalten. Wer virtuelle Gewaltdarstellung in Games schrecklich findet (das ist durchaus legitim), aber gleichzeitig mit Gewaltdarstellung in anderen Kunstformen, wie im Film, oder mit ganz realer körperlicher Gewalt im Sport, etwa beim Boxen, wo auch mal bis zum K.O. gekämpft wird, gar kein Problem hat, der führt eine bigotte Debatte.

Der Sportbegriff des DOSB muss nicht der der Politik sein

Der DOSB hat sich positioniert und spricht nur Sportsimulationen eine Existenzberechtigung im DOSB zu. Das ist sein gutes Recht, denn die Autonomie des Sports ist verfassungsrechtlich geschützt. Autonomie des Sports heißt aber andersherum nicht, dass die Politik allen Empfehlungen des Sports blind folgen muss. Wenn der Gesetzgeber die Förderung des E-Sports als gemeinnützigen Zweck in die Abgabenordnung aufnehmen will und somit die zahlreichen Amateur-E-Sport-Vereine und Sportvereine mit E-Sport-Angebot fördern will, dann kann der Bundestag eine einfache Gesetzesänderung auf den Weg bringen, ohne damit die Autonomie des Sports zu untergraben.

Lassen Sie uns doch in Paragraph 52, Absatz 2, Nummer 21 der Abgabenordnung formulieren: „Förderung des Sports (Schach gilt als Sport) und E-Sports“. Somit würde der Gesetzgeber der noch nicht abgeschlossenen gesellschaftlichen Debatte, ob E-Sport Sport ist, nicht vorgreifen, aber gleichzeitig die Möglichkeit schaffen, dass der ESBD in Zukunft vom DOSB aufgenommen werden kann. Und vor allem würden wir so das ehrenamtliche Engagement, das heute schon in zahlreichen Amateur-E-Sport-Vereinen geleistet wird, anerkennen und fördern. Der Vorwurf, dass die E-Sport-Industrie von der Gemeinnützigkeit profitieren würde, vermischt unterschiedliche Dinge. Gewinnerzielungsabsicht kann über die Gemeinnützigkeit nicht privilegiert werden.

Keine Theoriedebatte: Die Politik muss handeln

Ob E-Sport nun Sport ist oder nicht, ist für die Politik zweitrangig. Die Politik hat darüber nicht alleine zu entscheiden. Hier geht es um eine gesellschaftliche Frage, man kann sie aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln diskutieren und zu verschiedenen Ergebnissen kommen. Für mich persönlich überwiegen die Gründe, E-Sport als Sport zu begreifen.

Egal zu welchem Ergebnis man aber kommt: E-Sport wird weiter wachsen, das sagen alle Prognosen voraus. Eine Absage des DOSB oder des IOC an den E-Sport wird diese Entwicklung nicht aufhalten. Und genau deswegen wäre die Politik gut beraten, sich mit dem Thema E-Sport angemessen zu beschäftigen, denn auch abseits der sportpolitischen Fragestellungen gibt es neue Herausforderungen:

Ist Deutschland ein konkurrenzfähiger E-Sport-Standort oder brauchen wir Visa-Regelungen für internationale E-Sportler? Sind die Jugendschutzgesetze noch passend für E-Sport-Veranstaltungen? Brauchen Streamer wirklich eine Sendelizenz? Wie schaffen wir es, den Stromverbrauch bei riesigen E-Sport-Turnieren möglichst gering zu halten? Wie schaffen wir es, endlich für mehr Geschlechtergerechtigkeit im E-Sport zu sorgen? Welche Präventions- und Beratungsangebote schaffen wir für von Computerspielsucht betroffene Gamer und E-Sportler?

Die Liste an offenen Fragen lässt sich beliebig fortsetzen. Gehen wir sie an! Und lassen Sie uns mit der Gemeinnützigkeit für E-Sport-Vereine anfangen, denn hier wird wertvolles ehrenamtliches Engagement geleistet, das die Politik unterstützen sollte. 

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