Herr Sauerborn, wie wirken sich Abgase aus der Verbrennung fossiler Energie negativ auf die menschliche Gesundheit aus?
Zunächst einmal muss man differenzieren zwischen Kohlenstoffdioxid (CO2) und den lokalen Schadstoffen wie Feinstaub, Quecksilber, Arsen oder Blei, die in Abgasen aus Kohlekraftwerken enthalten sind. Dann gibt es auch die Abgase aus dem Verkehrsbereich, hier also Feinstaub und insbesondere beim Diesel Stickoxide. CO2 ist massiv klimaschädlich. Es schadet dem Menschen zwar nicht direkt, aber indirekt über die Folgen des Klimawandels und zwar massiv. Durch den Klimawandel kommt es verstärkt zu Dürren oder extremen Niederschlägen. Diese Wetterveränderungen können die Lebensgrundlage vieler Menschen gefährden, besonders in Regionen wie Afrika oder Südamerika. In der Studie von Heal wurde aber nicht auf CO2 geblickt, sondern auf die anderen Schadstoffe, die lokal bei der Verbrennung fossiler Energien entstehen. Im Fachjargon spricht man von „Climate-active pollutants“. Sie verschmutzen die Luft massiv und können deshalb beim Menschen zu Herz- oder Atemwegserkrankungen führen. Sie wirken sich sehr kurzfristig negativ auf die Gesundheit aus.
Finden diese lokalen Schadstoffe in der Debatte um Klimaschutz ausreichend Berücksichtigung?
In der öffentlichen Debatte um Klimaschutz geht es sehr stark um Maßnahmen zur Reduzierung von CO2. Das ist auch sehr wichtig. Ein anderer wichtiger Aspekt wird jedoch verkannt: Lokale Schadstoffe aus der Verbrennung fossiler Energie belasten nicht nur das Klima, sondern auch die Gesundheit massiv. Wird das stärker berücksichtigt, gibt es neben der Eindämmung des Klimawandels auch einen anderen Aspekt, die Verbrennung fossiler Energien einzudämmen. Nämlich die Gesundheit. Klimaschutz ist also Gesundheitsschutz. Knapp sieben Millionen Menschen sterben jährlich weltweit durch Luftverschmutzung im Zusammenhang mit Abgasen. Das ist enorm. Darüber berichtet leider kaum ein Medium. Hinzu kommen all die Menschen, deren Gesundheit extrem angegriffen wird durch Luftverschmutzung, die also die ganze Zeit husten oder Asthma haben.
Am Freitag wird beim Verwaltungsgericht in Stuttgart das Urteil zu möglichen Diesel-Fahrverboten in der Innenstadt erwartet. Glauben Sie, dass solche Maßnahmen sinnvoll sind, um die Schadstoffbelastung in den Griff zu bekommen?
Meine Meinung dazu ist, dass wir unsere kurzfristigen Klimaziele nicht ohne den Diesel erreichen können. Aber definitiv muss der Diesel viel umweltfreundlicher werden und damit auch teurer. Und langfristig muss natürlich das Elektroauto die Straßen übernehmen.
Rainer Sauerborn ist seit 1997 Leiter des Instituts für Public Health am Universitätsklinikum Heidelberg. Darüber hinaus ist er Mitglied des Weltklimarates IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change).