Wird Nord Stream 2 gebaut, würden Gasimporte der Ukraine aus dem Westen so gut wie unmöglich, warnt Georg Zachmann. Seit 2015 kauft die Ukraine nämlich kein Gas mehr direkt aus Russland, sondern bezieht es über eine Pipeline aus der Slowakei, mit der das Land eine Grenze gemeinsam hat. Dies ist Gas, das über eine Transitpipeline bereits durch die Ukraine geleitet wurde und über eine Schleife zurück ins Land strömt.
Ursache für diese umständlich erscheinenden sogenannten Revers-Flows sind alte Verträge, mit denen Gazprom versucht hatte, unterschiedliche Preise durchzusetzen. In diesem Fall höhere Preie für die Ukraine. Das Land musste außerdem sehr hohe Mengen abnehmen, die es gar nicht brauchte. „Kommt das Gas aber aus der Slowakei, ist es europäisches Gas und kann von der Ukraine zu besseren Bedingungen bezogen werden“, erklärt Georg Zachmann.
Sobald aber Nord Stream 2 fertiggestellt ist, könnte Russland den Transit durch die Ukraine einstellen. Das Gas käme dann direkt vom russischen Vyborg nach Greifswald, so wie beim parallel verlaufenden bestehenden Strang. Von dort würde es nach Tschechien und dann in die Slowakei verteilt. „Eine sichere Versorgung der Ukraine würde nur dann funktionieren, wenn genügend Mengen sowohl für Tschechien und die Slowakei als auch die Ukraine in Greifswald bereitgestellt würden“, sagt Zachmann.
„Es kann sein, dass die Ukraine deshalb irgendwann wieder beim Kreml anklopfen muss, und sich wieder in den russischen Energieorbit einordnen muss“, sagt Zachmann. Das sei geopolitisch nicht im Interesse Europas.
Wie die Gasversorgung Europas gesichert werden könnte, hat Zachmann zusammen mit Simone Tagliapietra von Bruegel in einem Aufsatz beschrieben.