In den Grundzügen bin ich mit dem Artikel einverstanden, nur möchte ich den Schwarzen Peter nicht ausschließlich der EU und der „Politik“ anlasten. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Behörden und die „Politik“ gewöhnlich dann bindende Vorschriften erlassen wenn die Natur-, Medizin- und Ingenieurwissenschaften die nötigen Vorgaben erstellt und die (wissenschaftlichen) Grundlagen einer allfälligen sinnvollen und praxisnahen Gesetzgebung erarbeitet haben. Bevor die Behörden auf Geheiß der Politiker auf Basis einer Gesetzesgrundlage reagieren können müssen Produkte oder Prozesse gründlich erforscht und der Nutzen oder die Belastung der erlassenen Regelwerke für die Gesellschaft erwiesen sein. Natürlich gibt es in diesem Prozess Dringlichkeitsstufen, die bei der Beseitigung oder weitgehenden Verminderung der Partikel-gebundenen Dieselrußemissionen offenbar höher war als bei der Behebung des gasförmigen NOx Anteils ebendieser Emissionen, und speziell der NO2 Problematik. Man war mit dem Ergebnis der Einführung der Dieselrußpartikelfilter (DPF) sichtlich und auch zu Recht zufrieden und hat deshalb die NOx/NO2 Problematik auf später vertagt. Thomas Koch zelebriert die großflächige Einführung des DPF zu Recht als Pioniertat und gemeisterte technische Herausforderung, die unter anderem auf die unermüdlichen Bemühungen von Kollegen wie Andreas Mayer und der VERT-Vereinigung zurückgeht. Allerdings haben im speziellen Fall der „Nebenwirkungen“ der NO2 Emissionen von mit Diesel Rußpartikelfiltern-ausgerüsteten Motoren Meinungsführer (opinion leaders) wie Jacques Lemaire und Andreas Mayer in der Dieselruß- und Emissionsgemeinde schon vor 2005 eindringlich vor höheren NO2 Konzentrationen in städtischen Agglomerationen gewarnt.
Die heißen Abgase aus dem Kolbenraum enthalten vor allem Stickoxyd (NO) neben Wasserdampf, CO und CO2 sowie nur verschwindende Mengen an Stickstoffdioxyd (NO2). Die Bildung von NO2 ist ein erwünschtes Produkt der NO-Oxidation durch Luftsauerstoff im Oxydationsteil des DPF. Die Gegenwart von NO2 im DPF ist aber eine notwendige Voraussetzung zur katalytisch wirksamen Sauerstoffübertragung auf den abgelagerten Russ und somit seiner Verbrennung, wodurch der Russ bei relativ tiefen Temperaturen im Vergleich zur Verbrennung im Kolbenraum zu CO und CO2 oxydiert und gleichzeitig NO2 zu NO reduziert wird. NO kann in Gegenwart von Luftsauerstoff im DPF wieder schnell katalytisch zu NO2 oxydiert werden im Gegensatz zur Atmosphäre, in der die NO Oxydation durch O2 langsam verläuft (außer bei extrem hohen NO Konzentrationen). Ein Teil des NOx (Summe von NO und NO2) wird aber am Schluss als NO2 emittiert, dessen Gegenwart die Gesundheitsbehörden auf den Plan gerufen hat. Am Ende des fünften Absatzes besagten Artikels von Thomas A. Koch muss demnach „Rußreduzierung durch NO2 „ natürlich durch Rußoxydation ersetzt werden! Der Druck der Wissenschaftler und der Ingenieure nach der erfolgreichen Etappe der großflächigen Einführung des DPF die nächste Hürde zu nehmen war meiner Ansicht nach zu lasch und wurde von uns allen zu einem späteren Zeitpunkt vertagt. Es scheint mir, dass der Tadel eines ungenügenden Drucks auf die Automobilindustrie ebenfalls auf den Ingenieurs- und Grundlagenwissenschaften lastet oder zumindest mit den beschuldigten europäischen und nationalen Behörden geteilt werden muss.
Zum Abschluss seien mir im Interesse der faktischen Berichtigung noch zwei Bemerkungen erlaubt, die direkt aus dem oben-zitierten Artikel von Thomas A. Koch stammen:
– Zu „Dieselmotoren reduzieren die Ozonbelastung“: Obwohl in einzelnen Fällen vielleicht (lokal) zutreffend, ist der kausale Zusammenhang mit den Emissionen des Dieselmotors inexistent. Diesen gibt es schlicht und ergreifend nicht! Die troposphärische Ozonbelastung hängt unmittelbar mit den NOx Emissionen zusammen, die in erster Näherung als Katalysatoren für die Ozonbildung verantwortlich sind. Demnach beschleunigen hohe NOx Emissionen die Ozonbildung! Das Ozonparadox, das die Ozonbelastung in der Kernzone der NOx Emissionen verkleinert zugunsten einer grösseren Konzentration in den Außenbezirken der Agglomerationen und der umgebenden Grünflächen ist seit 30 Jahren bekannt und hat vor allem mit der Konzentration der freien OH Radikale zu tun, die in Bereichen hoher NOx Konzentration abgefangen wird und zu Salpetersäure führt. Im Gegensatz dazu kann das OH Radikal außerhalb der Kernzone des Verkehrs bei kleineren Konzentrationen von NOx ungehindert neue Kohlenwasserstoffe in einer Kettenreaktion oxidieren und somit zu einer grösseren Ozonbelastung beitragen. Soviel zu einem „positiven Beitrag durch Dieselemissionen“ den es so nicht gibt! Der Dieselmotor hat gegenüber dem Ottomotor den Vorteil einer grösseren thermodynamischen Effizienz – kein Wunder bei der Forschungsarbeit der letzten 15 Jahre, die praktisch ausschließlich der Weiterentwicklung des Dieselmotors gegolten hat auf Kosten des Ottomotors– und einer grösseren Dichte des Dieseltreibstoffs verglichen mit derjenigen des Benzins. Aber mit der Reduktion der Ozonbelastung durch den Dieselmotor hat dies absolut gar nichts zu tun!
– Zu „…eigentliche Aufgabe unserer Zeit….CO2 Reduzierung“: Die Diskussion der Kohlenstoff-basierten Mobilität und seiner Nachteile ist sicher nicht die richtige Gelegenheit, von einem Beitrag der Verbrennung fossiler Brennstoffe zum Klimaschutz zu reden. Jeder auch wie immer geartete Verbrennung fossiler Brennstoffe führt unausweichlich zur Freisetzung von CO2, dem Treibhausgas par excellence. Nur die Dekarbonisierung der Mobilität kann zur Ersparnis der CO2 Emissionen führen wie z. B. elektrischer Antrieb (Batterien, Brennstoffzellen) oder Verwendung nicht-fossiler Treibstoffe wie Biofuel. Aber die CO2 Emissionen haben schon lange ihre Brisanz, was den Klimaeffekt angeht, verloren, denn was zum jetzigen Zeitpunkt dringlich ist, ist die Kontrolle der minoritären Treibhausgase wie Methan, Lachgas und vor allem troposphärisches (= bodennahes) Ozon, denn diese Gase absorbieren die langwellige thermische Strahlung im sogenannten „atmosphärischen Fenster“ das eigentlich diese Strahlung ins Weltall abstrahlen sollte!
Trotz der obigen fachlichen Einwände unterstütze ich schlussendlich vollends die Forderung von Thomas Koch, der Automobilindustrie einen zeitlichen Aufschub von bis zu fünf Jahren zu geben, um des NO2 Problems Herr zu werden. Eine saubere und technisch machbare Lösung für Personenwagen ist in greifbarer Nähe, und bis jetzt hat es lediglich am Mut wirklich bis ins Ziel zu gelangen und an der Bereitschaft gefehlt, sich diese Lösung etwas kosten zu lassen. Sie heißt SCR oder Selective Catalytic Reduction, die heute schon im Schwerverkehr die NOx Emissionen im Realbetrieb praktisch auf Null reduziert.