Es geht voran – aber zu langsam. Auf dieses kurze Fazit lässt sich die Treibhausgasbilanz 2022 des Umweltbundesamtes wohl relativ simpel herunterbrechen. Demnach wurden im vergangenen Jahr in der Bundesrepublik zwar insgesamt weniger Treibhausgase freigesetzt. Um die angestrebten Klimaziele der Bundesregierung bis 2030 zu erreichen, reicht die Reduktion jedoch nicht aus.
Zentraler Player im Kampf gegen den Klimawandel sind dabei ganz klar die Städte, prallen in ihnen doch als Wohn- und Arbeitsorte von Millionen von Menschen sämtliche „Klimasünder“ aufeinander: die Energiewirtschaft, der Verkehr, der Gebäudesektor und viele weitere. Um dem anhaltend hohen CO2-Ausstoß die Stirn zu bieten, müssen Kommunen dringend handeln – doch wie?
Viele Städte haben bereits umfangreiche Klimapläne entworfen (oder sind zumindest dabei). Die Konzepte tragen wohlklingende Titel wie etwa „Klimaplan Stadtentwicklung“ oder „Stadtentwicklungsplan Klima 2.0“ und sind definitiv ein wichtiger Schritt hin zur effizienten CO2-Reduktion. Gleichzeitig scheinen die angestrebten Maßnahmen, wie eingangs beschrieben, jedoch noch nicht den gewünschten Effekt zu erzielen.
Flickenteppich an Verantwortlichkeiten
Dafür mag es verschiedene Gründe geben. Ein sehr wichtiger Aspekt ist aber vor allem folgender: Der unmittelbare Zusammenhang zwischen dem Einsatz digitaler Technologien und der Senkung von schädlichen Emissionen wird in der Praxis von den Städten noch zu wenig erkannt. Stattdessen herrscht vielerorts ein regelrechter Flickenteppich aus Klimastabsstellen und Umweltdezernaten auf der einen Seite und Stellen für Digitalisierungsbeauftragte und CDOs vor. Jeder Bereich verfolgt entsprechend auch seine eigenen Ziele. Mit der Folge, dass CO2-Reduktion und Smart City getrennt statt miteinander verbunden betrachtet werden.
Dass diese Zersplitterung der Verantwortlichkeiten gang und gäbe ist, ist zumindest mit Blick auf die Smart-City-Historie nicht verwunderlich. Ausgehend von den UN-Nachhaltigkeitszielen hat eine smarte Stadtentwicklung inzwischen Eingang in nationale Klimaschutzstrategien gefunden; so auch in die Smart City Charta in Deutschland. Obwohl der Aspekt der Nachhaltigkeit hier von Beginn an eine wichtige Rolle gespielt hat, wurde „Smart City“ aber dennoch viel zu lange ausschließlich mit der Digitalisierung in Verbindung gebracht. Entsprechend wurden die dazugehörigen Digitalisierungsdezernate in den Städten geschaffen, ebenso wie später die für den Klimaschutz zuständigen Stabsstellen.
Strategischer Ansatz ist unabdingbar
Mit diesem Silodenken muss jetzt jedoch dringend Schluss sein. Denn würden die Verantwortlichen in den Kommunen Smart City und das damit verbundene Potenzial zur Einsparung von CO2-Emissionen endlich parallel zueinander betrachten, könnten sie wichtige Ressourcen einsparen und nachhaltige und dauerhaft lebenswerte Städte schneller Wirklichkeit werden. Um genau dies zu realisieren, ist ein strategischer Ansatz unabdingbar. Schließlich gilt es, sämtliche Abteilungen und Stakeholder in den Städten sinnvoll miteinander zu vernetzen.
Damit dies gelingt, muss die Verbindung zwischen Smart City und CO2-Reduktion zunächst grundsätzlich erläutert werden – beispielsweise im Rahmen spezifischer Workshops oder Weiterbildungen in den Verwaltungen. Wenn allen Beteiligten anschließend der Zusammenhang zwischen beiden Bereichen klarer ist, können die notwendigen Weichen für die Verquickung gestellt werden.
Dazu gehört etwa auch die Schaffung organisatorischer Strukturen. Also: Wie kann eine passende Kommunikationsstruktur zwischen den verschiedenen Dezernaten aussehen? Wie kann sichergestellt werden, dass alle Bereiche stets auf dem gleichen Wissensstand zu einzelnen Projekten sind? Und welche Kanäle und Formate sind für diesen Austausch am geeignetsten?
Ist diese Aufgabe gelöst, geht es an die konkrete Umsetzung geeigneter Maßnahmen zur CO2-Reduktion. Hier ist „effizientes Handeln“ die Devise, sprich: Verschiedene Handlungsfelder müssen zunächst nach Prioritäten geordnet werden. Am besten funktioniert das mithilfe einer Datenbasis, die zunächst Aufschluss darüber gibt, welche Sektoren in einer Stadt für wie viel Prozent des CO2-Ausstoßes verantwortlich sind.
Smart City ist ein Prozess
Das mag auf den ersten Blick vielleicht komplizierter klingen als es ist. Denn tatsächlich muss eine Stadt zum Beispiel gar nicht zwingend von Beginn an über ein flächendeckendes Netz an Sensoren verfügen. Mitunter können bereits Vergleichsdaten aus anderen ähnlich großen Städten helfen, um zumindest ein Gefühl dafür zu bekommen, in welchem Sektor der Handlungsbedarf am größten ist. Anhand dieser Informationen lässt sich dann ein strategischer Fahrplan ausarbeiten, der nicht nur die einzelnen Aufgaben klar ausweist, sondern insbesondere auch die dafür geltenden Zuständigkeiten.
Natürlich ist diese Schilderung stark vereinfacht und letztlich müssen in den Städten stets individuelle Standortfaktoren berücksichtigt werden. Dennoch ist es wichtig, an dieser Stelle deutlich zu machen, dass schon mit bereits kleinen Schritten die zur Verfügung stehenden Mittel zur CO2-Reduktion wesentlich effektiver genutzt werden könnten. Wichtig ist nur, dass damit jetzt begonnen wird und nicht erst morgen. Schließlich ist auch eine Smart City ein Prozess, der – mit dem richtigen strategischen Ansatz – schon Tag für Tag einen wichtigen Beitrag zum Erhalt lebenswerter Städte leisten kann.
Lucia Wright ist Senior Consultant bei der Unternehmensberatung Haselhorst Associates. Als solche betreut die promovierte Ingenieurin federführend das alljährliche Smart-City-Ranking des Beratungshauses und ist für die Strategie- und Prozessberatung sowie das Projektmanagement im kommunalen Bereich verantwortlich.