Standpunkte Stadtwerke spielen entscheidende Rolle für Elektromobilität

Kommunale Energieversorger sind bestens in der Lage, sich im Geschäftsfeld Elektromobilität zu behaupten, schreibt Mark Walcher. Die Infrastrukturbetreiber müssten aber auch gemeinsame Plattformen vorantreiben. Von der neuen Bundesregierung fordert er: Weg mit dem Diesel-Rabatt und mehr Fördergelder für E-Autos. Gesellschafter von Smartlab sind die Duisburger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft, Erdgas Schwaben, die Stadtwerke Düsseldorf, Osnabrück und Aachen sowie das Stadtwerke-Netz Thüga.

von Mark Steffen Walcher

veröffentlicht am 27.11.2017

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Der Markt der Elektromobilität nimmt derzeit stark an Fahrt auf. Neben dem mangelnden Angebot an attraktiven Fahrzeugen, also bezahlbaren Autos mit hoher Reichweite, ist eines der zentralen Themen die Verfügbarkeit von Ladeinfrastruktur. In diesem Beitrag wird neben dem aktuellen Stand im Bereich Ladeinfrastruktur auf die damit verbundene wichtige Rolle der Energieversorger eingegangen. Damit einher gehen die politischen und technischen Rahmenbedingungen, die für den Erfolg der Elektromobilität nötig sind. Diese bilden die Basis für die Vernetzung der verschiedenen Akteure, damit am Ende die Elektroautofahrer möglichst überall mit einer Karte oder App laden können.


Neue Chancen und Geschäftsfelder


Kommunale Energieversorger sind bestens in der Lage sich im zukunftsfähigen Geschäftsfeld Elektromobilität zu positionieren. Dabei spielen nicht nur der Aufbau und der Betrieb von Ladeinfrastruktur eine zentrale Rolle. Viel mehr können sie ihren Kunden „alles aus einer Hand“ bieten: Ganzheitliche Mobilitätskonzepte werden dabei zunehmend mit anderen Energie-Themen wie zum Beispiel Speicher und Photovoltaik kombiniert.


Zahlreiche Energieversorger haben die Chancen des neuen Geschäftsfelds Elektromobilität bereits für sich erkannt. Sie haben in den letzten Jahren hohe Vorleistungen erbracht und stark in Ladeinfrastruktur investiert. Damit Elektromobilität für die Kunden alltagstauglich ist, müssen aber Insellösungen vermieden werden. Das heißt, dass Ladeinfrastrukturbetreiber ihre Ladesäulen vernetzen müssen. Aktuell geschieht dies unter anderem bei über 120 Stadtwerke-Partnern durch den Verbund ladenetz.de. Die Kunden der Stadtwerke können deutschlandweit mit einer Karte oder App an rund 10.000 Ladepunkten zu dem mit ihrem eigenen Energieversorger vereinbarten Preis laden – egal ob an den Ladesäulen des eigenen Stadtwerks, des Netzwerks oder der Netze der Roaming-Partner. Es gibt weitere Angebote von anderen Anbietern, die ebenfalls einen zentralen, digitalen Zugangspunkt für Kunden bieten. Durch derartige Services entsteht eine hohe Transparenz für die Kunden und sie müssen sich nicht mehr durch den Tarifdschungel kämpfen.


Für Stadtwerke, die in das Geschäftsfeld einsteigen wollen, sind die Rahmenbedingungen somit inzwischen bereits recht gut. Einerseits profitieren sie von den Erkenntnissen der bereits aktiven Stadtwerke. Anderseits können sie sich vom Start weg mit bestehender Ladeinfrastruktur vernetzen und ihren Kunden damit neben den eigenen Ladesäulen tausende Lademöglichkeiten bieten.


Auswirkungen auch auf das Verteilnetz


In Zukunft spielen Stadtwerke und kommunale Energieversorger für die Elektromobilität eine noch größere Rolle. Aufgrund der ansteigenden Anzahl von Fahrzeugen und den größeren Fahrzeugbatterien wird Elektromobilität zunehmend Auswirkungen auf das Netz haben. In Bezug auf Netzauslastung und Netzleistung wird Elektromobilität dann sehr viel anspruchsvoller sein als heute. Derzeit hat es in der Praxis noch keine Konsequenzen, wenn in einem Wohnhaus eine Wallbox installiert wird, an der ein Fahrzeug geladen wird. Wenn aber zukünftig in einem Haus oder einer Straße mehrere Ladesysteme installiert sind und viele Akteure gleichzeitig Strom tanken, wirkt dies auch auf das Verteilnetz.


An dieser Stelle können und müssen Stadtwerke und kommunale Energieversoger neue Themen besetzen. So können beispielsweise Lastspitzen durch gesteuertes Laden, insbesondere für Fuhrparks im Geschäftskundenbereich, vermieden werden. Im öffentlichen Bereich werden neue Funktionen für das das Finden von passenden und freien Ladepunkten relevant: Reservierung, Vorfeldsensorik, einfache Bezahlung und ähnliche Themen. Darüber hinaus werden Privat- und Gewerbekunden zunehmend Produktlösungen für den eigenen Einstieg in die Elektromobilität suchen. Als Experte vor Ort geben Energieversorger dann Aufschluss über Themen wie Eichrechtskonformität, Sicherheit und Genehmigungen. Zudem bieten Sie Konzepte für das Laden beim Arbeitgeber – inklusive Abrechnung untereinander und mit dem Finanzamt. In Kombination mit Produkten aus dem Bereich Speicher und Photovoltaik können sich Stadtwerke somit ganzheitlich aufstellen. Damit entstehen große Chancen für Stadtwerke, diese Positionen vom Start weg zu besetzen. Durch die technischen Herausforderungen können sie sich gegenüber neuen Anbietern im Bereich Digitalisierung differenzieren.


Aktuelle Hürden und Hemmnisse für die Elektromobilität


Es sind eher übergeordnete Themen, wie die Zusammensetzung des Strompreises oder das Thema Eichrecht, die den Nutzern der Elektromobilität derzeit zu schaffen machen. Hinzu kommt die nicht mehr nachvollziehbare Priorisierung des Dieselkraftstoffs. Es gibt keinen Grund, die derzeitige Privilegierung durch Steuervorteile des Diesels aufrechtzuerhalten. Noch immer bezahlt der Autofahrer aufgrund von unterschiedlichen Steuersätzen bei Benzin durchschnittlich 18,4 Cent pro Liter mehr als bei Diesel. In Summe entspricht dies einer steuerlichen Begünstigung von rund 7,8 Milliarden Euro jährlich. Hier muss dringend der Forderung der Präsidentin des Umweltbundesamtes, Maria Krautzberger, nachgekommen werden, die Diesel-Privilegierung abzuschaffen.


Ein großer Wurf für die neue Bunderegierung wäre es daher, an dieser Stelle eine Anpassung vorzunehmen und gleichzeitig eine Neugestaltung der EEG-Umlage für Elektromobilisten zu gewährleisten. Allerdings ist es im privaten Bereich derzeit noch schwierig zu differenzieren, welcher Strom für die Elektromobilität und welcher für andere Zwecke verwendet wird. Erst mit der flächendeckenden Installation intelligenter Zähler wird sich dies ab 2020 ändern. Im öffentlichen und halböffentlichen Bereich müssen Ladesysteme aber schon heute an ein IT-System angebunden sein, das Auskunft darüber gibt, zu welchem Zeitpunkt an welchem Ort welche Strommenge geladen wurde. Zentrale Verbundlösungen bieten diese Info schon heute.


Auch zukünftig bildet das deutschlandweit flächendeckende Ladeinfrastrukturnetz einen wichtigen Faktor für den Erfolg der Elektromobilität. Wie bereits erwähnt wurde in den letzten Jahren bereits stark in Ladeinfrastruktur investiert. Nun geht es darum, bestehende Lücken zu schließen und bereits aufgebaute Ladestationen zu vernetzen, damit E-Autofahrer immer und überall laden können. Aus technischer Sicht ist dies kein Problem mehr. Betreiber müssen ihre Ladeinfrastruktur nur an ein übergeordnetes Ladenetzwerk anschließen. Gleichzeitig wird die Säule mit einer mobilen Direktbezahlfunktion ausgestattet. So können sie den Anforderungen des E-Autofahrers – einfaches Finden von passenden Ladepunkten sowie unkompliziertes Bezahlen und Starten des Ladevorgangs – gerecht werden.


Voraussetzung hierfür ist, dass im öffentlichen und halböffentlichen Bereich ausschließlich sogenannte „intelligente“ Ladeinfrastruktur aufgebaut wird. Intelligent heißt in diesem Fall, dass die Ladesysteme über eine geeignete Kommunikationsstruktur verfügen, die die Anbindung an ein IT-Backend ermöglicht. Dadurch kann die Ladeinfrastruktur überregional vernetzt werden und dem E-Autofahrer ein diskriminierungsfreier und spontaner Zugang mit mobiler Bezahlfunktion angeboten werden.


Darüber hinaus müssen sich die verschiedenen Akteure – Ladeinfrastrukturbetreiber, Mobilitätsdienstleister und Informationsdienstleister – miteinander vernetzen. Über Roaming-Plattformen wie die europäische Plattform e-clearing.net können alle relevanten Daten ausgetauscht werden. Dazu gehören die Authentifizierung des Kunden, die Abrechnung des Ladevorgangs und Live-Informationen zum Beispiel über den Status der Ladepunkte benötigt werden.


Prämie für Elektrofahrzeuge erhöhen


Zusammenfassend lässt sich sagen, dass inzwischen insbesondere für Stadtwerke und kommunale Energieversorger gute Voraussetzungen herrschen, um in das weite und Chancenreiche Geschäftsfeld Elektromobilität einzusteigen. Als sogenannte „Follower“ können Sie von den bereits gemachten Erfahrungen der Vorreiter profitieren und sich von Anfang an gut im Markt positionieren. Für die bereits am Markt bestehenden Akteure gilt es sich weiter zu vernetzen, um Elektromobilität alltagstauglich zu machen. Wichtigster Schritt für die neue Bundesregierung aus Sicht des Betreibers einer der größten nationalen und größten europäischen öffentlichen Plattformen im Bereich Elektromobilität ist es, die politischen und finanziellen Rahmenbedingungen weiter zu verbessern.


Konkret heißt dies: Weg mit der steuerlichen Bevorzugung des Diesels und zeitgleich hohe steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten für Firmenfahrzeuge einführen. Damit können die Unternehmen die finanzielle Lücke, die durch den Wegfall des Dieselprivilegs entsteht, unmittelbar wieder schließen. Mittelbar profitieren hierbei auch alle privaten Haushalte, da dadurch eine große Anzahl von gebrauchten Fahrzeugen und somit viel schneller gebrauchte Fahrzeuge mit erschwinglichen Preisen auf den Markt kommen. Parallel dazu muss die Prämie für die Anschaffung von Fahrzeugen für private Haushalte noch einmal spürbar erhöht werden.

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