Verkehrte Energiewelt: Das hochmoderne Gaskraftwerk im bayrischen Irsching will Uniper stilllegen, das neue Steinkohlekraftwerk Datteln im Ruhrgebiet dagegen 2018 neu in Betrieb nehmen. Das vergleichsweise saubere Erdgas ist zu teuer, um die Stromproduktion rentabel zu machen, die CO2-trächtige Kohle dagegen sehr billig.
Beim Kohle-Dialog der Grünen-Bundestagsfraktion versuchte Uniper-Chef Klaus Schäfer, die geplante Einweihung von Datteln herunterzuspielen: „Datteln ist halt wichtig für den Bahnstrom und die Fernwärme.“ Das passt allerdings schlecht zu den (Marketing-)Bemühungen der Deutschen Bahn, ihre Stromversorgung auf erneuerbare Energien umzustellen.
Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer forderte, moderne Gaskraftwerke über ein anderes Strommarkt-Design rentabel zu machen. Und Agora-Chef Patrick Graichen sagte, für eine Übergangszeit bis zur ausreichenden Versorgung mit Stromspeichern sei die Erdgas-Infrastruktur noch sinnvoll. Die Kraftwerke könnten ja auch nach und nach mit Brennstoff aus Power-to-Gas betrieben werden. Bei dieser Technik wird Ökostrom eingesetzt, um Gas zu produzieren. „Es ist entscheidend, jetzt einen Pfad für die nächsten 20 Jahre zu modellieren“, sagte Graichen.
Erdgas und Gas aus erneuerbaren Energien hätten bessere Marktchancen, wenn der CO2-Zertifikatepreis nicht so extrem niedrig wäre wie schon seit längerer Zeit. Anders als Schäfer war Graichen aber nicht sehr zuversichtlich, dass eine Reform des europäischen CO2-Emissionshandels Aussicht auf Erfolg hat. Deshalb forderte Graichen einen CO2-Mindestrpreis für Europa. Dazu sei aber eine „Koalition der Willigen“ notwendig, etwa aus Deutschland, Frankreich, den Benelux-Staaten und Skandinavien. Bei der Belastung von Strom auf der einen Seite und Heizöl und Gas auf der anderen Seite gebe es „eine enorme Unwucht im System, die man justieren müsste“.