„Welche Stromnetze braucht die Energiewende?“. Diese Frage soll das Forschungsprojekt ENSURE (Neue EnergieNetzStruktURen für die Energiewende) beantworten. Von der sozialwissenschaftlichen Seite gehen jetzt Forscher vom Öko Institut an das Thema heran. Unterstützt von der Deutschen Umwelthilfe organisieren sie Workshops mit Vertretern von elf gesellschaftlichen Organisationen, die Szenarien für die Energiewende im Jahr 2030 entwerfen.
„Wie die Energiewende dann aussehen soll, dazu gibt es derzeit keinen gesellschaftlichen Konsens“, sagt Christof Timpe vom Öko Institut. „Die einen wollen eine dezentrale Energiewende. Die anderen wollen eine stärkere europaweite Zusammenarbeit. Und manche wollen synthetische Energieträger in der Sahara herstellen und meinen, damit einen zentralen Teil der Energiewende für Deutschland umsetzen zu können.“
Wenn die Teilnehmer der Workshops ihre Vorstellungen sortiert haben, werden das Öko Institut und weitere Partner die Annahmen in ihre Modelle einspeisen und an die Teilnehmer zurückspielen. „Dann sieht man, ob es in den Szenarien Effekte gibt, die man gar nicht wollte“, erklärt Timpe. Im Sommer 2018 sollen dann „gesellschaftlich akzeptierte Storylines“ für die Weiterentwicklung der Energiewende vorliegen, heißt es auf der Website des Projekts.
Damit können dann weitere Fragen im ENSURE-Cluster „Welches Stromnetz will die Gesellschaft?“ beantwortet werden. Die anderen vier Cluster sind eher technisch orientiert, widmen sich den Netzstrukturen, neuen Regelungsmöglichkeiten sowie neuen Technologien und Materialien. Im fünften Cluster wird ein sogenannter Netzdemonstrator entwickelt, der die Ergebnisse in die Praxis umsetzt.
„Die größte Herausforderung ist, wie zentrale und dezentrale Elemente der Energieversorgung im Gesamtsystem ausgestaltet sein müssen und wie eine sichere Kommunikation funktioniert“, sagt Holger Hanselka, Präsident des Karlsruher Instituts für Technologie und Sprecher von ENSURE. Welche Informationen brauchen die einzelnen Zellen, um das Netz auszugleichen? Welche Daten würden die Nutzer dafür preisgeben? Wie weit lassen sie es zu, dass auf ihren Energieverbrauch Einfluss genommen wird?
Christof Timpe hofft, dass die Teilnehmer seiner Workshops mit ihren Erkenntnissen in ihre Organisationen gehen und damit auch die öffentliche Diskussion zur Energiewende fördern. Bereits vorgesehen ist, dass sich alle vier Kopernikus-Projekte über gemeinsam verwendete Szenarien abstimmen.
Mit dem großangelegten Kopernikus-Programms lässt die Bundesregierung über zehn Jahre die Weiterentwicklung des Energiesystems im Rahmen der Energiewende erforschen. Die anderen drei Forschungsgruppen sind P2X, ENavi und SynErgie. Mit je 100 Millionen Euro Budget gehören sie zu den Großprojekten der deutschen Forschungslandschaft. Wie sich die Energieforschung weiterentwickeln sollte, wird übrigens gerade mit einem eigenen Programm untersucht.