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CO2-Entnahme Stefan Schlosser

Stefan Schlosser, Geschäftsführer des Deutschen Verbands für negative Emissionen (DVNE)
Geschäftsführer des Deutschen Verbands für negative Emissionen (DVNE) Foto: Frank Nürnberger

Als Geschäftsführer des neu gegründeten Deutschen Verbands für negative Emissionen versucht Stefan Schlosser, Technologien zur CO2-Entnahme aus der Atmosphäre voranzutreiben. Zum Kanzleramt hat er einen guten Draht.

boris messing

von Boris Messing

veröffentlicht am 24.10.2024

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Im vergangenen Jahr hat ein neuer Lobbyverband in Berlin das Licht der Welt erblickt: der Deutsche Verband für negative Emissionen (DVNE). Der Verband setzt sich für Technologien zur Entfernung von CO2 aus der Atmosphäre ein – die allermeisten von ihnen stecken allerdings noch im Entwicklungsstadium. Sie politisch voranzubringen, ist also keine einfache Aufgabe. Stefan Schlosser, der seit März Geschäftsführer des DVNE ist, möchte sich ihr dennoch stellen.

Schlosser wuchs im Westerwald zwischen Köln und Frankfurt auf. Früh stand für ihn fest, „an der Schnittstelle von Verwaltung, Wirtschaft und Politik arbeiten zu wollen“, erzählt er Tagesspiegel Background im Gespräch. Zuerst einmal studierte er jedoch etwas „Handfestes“: Maschinenbau. Später kam noch ein Master in Business Administration von Cambridge dazu.

Über ein Referendariat beim Land Rheinland-Pfalz qualifizierte sich Schlosser für den sogenannten höheren technischen Verwaltungsdienst. Ab 2017 konzentrierte er sich dann auf die Politikberatung – zuerst im Bau- und Umweltministerium, zwei Jahre später als Berater für Merkel und Scholz in Sachen Digitalpolitik. Obwohl er „kein Fachmann in Digitalisierungsfragen“ gewesen sei, sagt er, habe man ihn ausgewählt, um „von außen auf die Dinge zu schauen“. Er habe „schon immer ein Interesse an naturwissenschaftlichen-technischen Themen“ gehabt und sich rasch in neue Themen eingearbeitet. So befasste er sich auch schon vor der Gründung des DVNE mit der Möglichkeit von Negativemissionen.

Ohne negative Emissionen geht es nicht

Im Februar dieses Jahres veröffentlichte das Bundeswirtschaftsministerium die lang erwarteten Eckpunkte für die Carbon Management-Strategie der Bundesregierung. „Das geht in die richtige Richtung“, kommentiert Schlosser das Strategiepapier, mahnt aber, dass gezielte Förderprogramme in Deutschland benötigt würden, um Technologien zur CO2-Entnahme weiterzuentwickeln. Andere Länder, wie beispielsweise die USA, seien da viel weiter. Ziel des DVNE ist es, diese Schwachstellen aufs politische Tableau zu bringen.

Im Jahr 2022 wurden global geschätzte vierzig Gigatonnen CO2 in die Atmosphäre ausgestoßen. Das ist zu viel. Technologien zur aktiven Entnahme von CO2 sollten laut Klimaforschung, so Schlosser, „bis Mitte des Jahrhunderts auf dem Gigamaßstab skaliert sein“.

Das bedeute eine rund zweihundertfache Steigerung der heutigen Leistung solcher Technologien. Ein „sportliches Ziel“, sagt er. Die massenhafte Anwendung solcher Technologien steht noch am Anfang. „Wir haben ein gutes Start-up-System in diesem Bereich“, sagt Schlosser. Zugleich orientierten sich viele der Unternehmen aber dahin, wo mehr privates Kapital und staatliche Förderung verfügbar seien. Deutschland müsse sich daher überlegen, „wie es heimisch entwickelte Innovationen auch in heimische Wertschöpfung und Arbeitsplätze ummünzt“.

CO2-Entnahme ist notwendig

Der mit Abstand größte Teil von CO2-Entnahme aus der Luft erfolgt aktuell durch naturbasierte Verfahren wie beispielsweise Wiederaufforstung. Da sich solche Verfahren mit Blick auf die Verfügbarkeit von Flächen nur bedingt weiter skalieren lassen, müssen sie um weitere technische Lösungen ergänzt werden. Ein Beispiel für eine bereits fortgeschrittene Technologie zur CO2-Bindung ist Pflanzenkohle, die aus Pflanzenresten pyrolisiert wird und als Dünger oder Zementersatz verwendet werden kann.

Auch die Speicherung von CO2 in Meeren und Meeresböden könnte zukünftig eine wichtige Rolle spielen. Allerdings sind alle bisher bestehenden Verfahren entweder sehr teuer, ineffizient oder nur wenig wirksam – auch wenn noch viel Raum für technologische Sprünge besteht. Der DVNE versucht in diesem Bereich, Akteure zu vernetzen und Politik und Öffentlichkeit zu informieren. „Wir wollen ehrlich beraten“, sagt Schlosser, das sei ihm sehr wichtig.

So oder so braucht es einen langen Atem, um diese Technologien und ihr wirtschaftliches Potential für Deutschland auszuloten. Den hat der passionierte Marathonläufer Schlosser allemal – nur wie lange es dauern wird, um ans Ziel zu kommen, das ist die Frage. Boris Messing

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