Marianne Weinreich vergleicht das Autofahren mit dem Rauchen. In den 90ern sei es cool gewesen, zu rauchen – allen Nichtraucherkampagnen zum Trotz. Erst der gesetzliche Nichtraucherschutz habe dazu geführt, dass weniger Menschen zur Zigarette greifen. Den gleichen Effekt erwartet die dänische Radverkehrsplanerin beim Radfahren. „Ebenso werden Menschen realisieren, wie viel lebenswerter ihre Stadt ohne die vielen Autos ist“, sagte sie in einem Interview des ADFC-Magazins „Radzeit“.
Auch in Berlin sieht Weinreich hier noch viel Potenzial – und hilft mit, die deutsche Metropole Fahrrad-kompatibler zu machen: Die 46-Jährige arbeitet für Ramboll, ein international tätiges Unternehmen für Ingenieur- und Planungsberatung, das von der Stadt Berlin mit der Planung von Schnellradwegen beauftragt wurde. Außerdem ist Weinreich Vorsitzende der Dänischen Fahrrad-Botschaft. Viele ihrer Ideen haben sich im Fahrrad-Mekka Kopenhagen bereits bewährt, wo mehr als 60 Prozent der Menschen mit dem Rad zur Arbeit fahren: zum Beispiel Service-Stationen mit Luftpumpen, Schraubenschlüsseln oder Wasserspendern entlang der Schnellradwege.
Die studierte Literaturwissenschaftlerin wollte ursprünglich Lehrerin werden. Mittlerweile ist sie seit 20 Jahren als Beraterin und Managerin für Radverkehr und nachhaltige Mobilität aktiv. Weinreich setzt sich auch dafür ein, dass die Verkehrs- und Stadtplanung weiblicher wird: Denn viele Radwege würden von Männern geplant, aber nicht von Frauen genutzt, weil diese andere Prioritäten und vor allem ein größeres Sicherheitsbedürfnis hätten. „Nur mit Radwegen, auf denen sich alle sicher fühlen, bekommen wir massenhaft Menschen aufs Rad“, sagte Weinreich 2019 auf einer Veranstaltung in Berlin, wo sie häufiger zu Gast ist, um auf Podien über die Verkehrswende zu sprechen.
Auf dem Rad ist Weinreich übrigens öfter auch mit Stilettos unterwegs. „Ich fahre in Heels Fahrrad, denn das ist viel einfacher, als darin zu laufen“, sagt die Dänin. Jutta Maier