Wussten Sie eigentlich schon, dass die Corona–Impfung unfruchtbar macht, zu Krebserkrankungen führt und die Sterberaten der Geimpften deutlich über denen der Ungeimpften liegen? Laut einer Studie aus dem letzten Jahr können rund ein Drittel der über 18–Jährigen solche Aussagen nicht eindeutig als Falschinformationen identifizieren. Diese mangelnde Medienkompetenz wird zunehmend von Bedrohungsakteur:innen erkannt und durch gezielte kognitive Angriffe – also Angriffe, die darauf abzielen, die Wahrnehmung von Personen oder Gruppen in eine bestimmte Richtung zu manipulieren – ausgenutzt.
Kognitive Bedrohungen sind ansteckend und können fatale Folgen haben
Wie erfolgreich und gefährliche solche Angriffe sein können, zeigt die Corona-Pandemie sehr deutlich: Desinformationen sind zum Geschäft von Verschwörungsprediger:innen geworden, die zunehmend mehr Menschen mit ihren virulenten Narrativen anstecken. Die Infizierten schließen sich in abgeschottete Gruppen auf Telegram zusammen, radikalisieren sich und entwerfen eigene Parallelwelten, in denen es Corona nicht gibt, die Impfung nur ein Trick ist, um uns Mikrochips einzupflanzen und die Pandemie–Maßnahmen lediglich dazu dienen, uns unserer Freiheitsrechte zu berauben. Die Folge ist eine regelrechte Infodemie, in der Fakten nicht mehr als gesellschaftlicher Konsens herangezogen werden, sondern „alternative“ Wahrheiten jede Position rechtfertigen. Das hat Konsequenzen: die Infektionszahlen steigen, die Krankenhäuser sind ausgelastet und die Gesellschaft polarisiert sich.
Es braucht eine innovative Verteidigungsstrategie
Dass es sich bei der Verbreitung solcher Narrative um das Handeln einzelner Irrgläubiger handelt, ist eine massive Unterschätzung des Problems. Hinter der massiven Verbreitung von Desinformationen und dergleichen lässt sich eine Strategie erkennen, mit der auch wirtschaftliche Ziele verfolgt und neue „Märkte“ etabliert werden. So sorgen Covid–19–Fakes für hohe Klickzahlen, Verkauf von „Merchandising“ und die Verbreitung von falschen Informationen kann mittlerweile sogar für wenig Geld auf einem wachsenden Disinformation-as-a-Service-Markt erworben werden. Die Influencer:innen der Infodemie profitieren von der Unsicherheit und Unzufriedenheit in der Gesellschaft und haben somit ein massives Interesse daran, den Glauben z.B. an Verschwörungsmythen konsequent voranzutreiben. Kognitive Bedrohungen sind damit eine der sicherheitsrelevantesten Entwicklungen unserer Zeit und werden zukünftig weiter zunehmen.
Gleichzeitig mangelt es in Politik und Wirtschaft an einer effektiven Verteidigungsstrategie. Erneut laufen wir in Deutschland Gefahr, eine zentrale Auswirkung der Digitalisierung zu verschlafen, in der innovative Lösungsansätze dringend als gebraucht werden. Doch wie kann ein Ansatz gegen diese Art der Bedrohungen aussehen?
Impfen gegen die Infodemie
Wie so oft im Sicherheitsbereich, ist die beste Abwehr immer noch die Prävention – ähnlich wie beim Impfen gegen ein Virus. Denn hat sich ein infizierendes Narrativ erst einmal verfangen, ist es schwer dieses zu bekämpfen. Ein wirksamer Impfstoff gegen kognitive Bedrohungen setzt sich aus mehreren Teilen zusammen: Ein Bestandteil ist die frühe Vermittlung von Medienkompetenz. Diese Verantwortung, liegt vor allem bei der Politik sowie den Medien selbst. Sie müssen kognitive Angriffe ernst nehmen, aufklären und Sensibilisierungsarbeit leisten. Doch auch Institutionen und Unternehmen können durch die Befähigung ihrer Mitarbeitenden einen Teil beitragen. Mit gezielten Trainings kann eine Kompetenz für den täglichen Umgang mit kognitiven Bedrohungen aufgebaut werden. Trainingsinhalte müssen dabei sowohl das Erkennen als auch Abwehrstrategien solcher Angriffe sein (wie reagiere ich z.B. richtig auf Fake News, wenn ich sie identifiziert habe?). Letztlich zielen kognitive Angriffe auf die Psyche – wichtig ist es daher, als eine Resilienz gegenüber dieser Art der Bedrohungen zu fördern.
Ähnlich wie beim Covid–19–Impfstoff gilt jedoch auch für die Infodemie: Continuity is key. Regelmäßige Impfungen (z.B. in Form von Trainings) sind essenziell, um den Schutz gegenüber kognitiven Bedrohungen zu erhalten. Ein positiver Nebeneffekt für Unternehmen und Institutionen: Mit der Bereitschaft der Mitarbeitenden steigt auch die Resilienz der gesamten Organisationen, wenn diese zur Zielscheibe kognitiver Angriffe wird. Eine Investition lohnt sich also wirtschaftlich und gesellschaftlich.
Lars Niggemann ist Geschäftsführer von Prevency, einem Beratungsunternehmen für Reputationsrisikomanagement und Krisenkommunikation.