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Standpunkte Ein politischer Wendepunkt in der Cybersicherheit

Maximilian Funke-Kaiser, FDP-Digitalpolitiker
Maximilian Funke-Kaiser, FDP-Digitalpolitiker

Schon im Koalitionsvertrag habe sich gezeigt, dass Deutschland den Cyberraum jetzt ernst nimmt, findet Maximilian Funke-Kaiser. Der Digitalpolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag erläutert, wieso der Schwerpunkt auf Cybersicherheit bitter nötig war.

von Maximilian Funke-Kaiser

veröffentlicht am 06.07.2023

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„Deutschlands Passivität ist nicht mehr zeitgemäß.“ Dieser Satz verfolgt die deutsche Politik seit Jahren und das offensichtlich erfolgreich. Denn es gibt ein Umdenken in unserer Gesellschaft, das sich auch politisch niederschlägt. Schon im Koalitionsvertrag haben sich die Ampelparteien darauf geeinigt, die Bundesrepublik sicherheitspolitisch deutlich resilienter gegenüber potenziellen Gefahren aufzustellen. Die Nationale Sicherheitsstrategie knüpft daran an und setzt einen notwendigen Schwerpunkt bei der Sicherheit des Cyberraums.

Als Akteur der Weltpolitik ist die Bundesrepublik regelmäßig Angriffsziel autokratischer Länder und verschiedener unabhängiger Gruppen im Cyberraum. Ein klarer Indikator für dessen zunehmende Bedeutung ist der stete Anstieg an Cybervorfällen. Daher bekennt sich die Regierung mit der Nationalen Sicherheitsstrategie richtigerweise zur grundlegenden Modernisierung der deutschen Cybersicherheitsarchitektur und zum Ausbau der digitalen Gefahrenabwehr. Eine der wichtigsten Prämissen lautet dabei Resilienz und für dieses Ziel müssen Staat, Wirtschaft und Gesellschaft ihren jeweiligen Teil beitragen. Gerade Unternehmen werden durch die Nationale Sicherheitsstrategie stärker in die Verantwortung genommen, denn ein grundlegendes Sicherheitsniveau entsteht nur, wenn alle Akteure auch sichere Systeme verwenden.

Deutschland braucht bei der Verteidigung gegen Cyberangriffe mehr Kompetenzen auf Bundesebene. Bei aggressiven Cyberaktivitäten braucht es eine frühzeitige, schnelle und gesamtstaatliche Reaktion auf Angriffe. Klare Kompetenzen werden ein künftig ein entscheidendes Kriterium bei der Abwehr von Cyberangriffen aus dem In- und Ausland darstellen. Aus diesem Grund fordert die FDP ein unabhängiges BSI, das sich losgelöst von politischer Einflussnahme auf seine Hauptaufgabe konzentrieren kann: Die Sicherheit Deutschlands im Cyberraum.

Jeder Bürger kann und sollte Vorkehrungen zum Schutz der eigenen Daten schaffen. Bereits vorhandene Eigeninitiative sollte der Staat mit zusätzlichen Bildungsangeboten gerade im Bereich Medienkompetenz fördern. Ein regelmäßig stattfindender Medienkompetenzgipfel kann hier helfen, die Bedürfnisse der Bürger zu eruieren und ein koordiniertes Vorgehen umzusetzen. Das in der Nationalen Sicherheitsstrategie erwähnte Recht auf Verschlüsslung sollte zudem stärker im Fokus stehen. Es schützt die Bürger gleichzeitig gegen invasive Vorhaben, wie die EU-Pläne für eine Chatkontrolle, und stärkt die Sicherheitsarchitektur insgesamt. Personen, die verschlüsselte Kommunikationswege nutzen, handeln im Interesse der gesamten Gesellschaft wie das kürzlich veröffentlichte Gutachten von Prof. Dr. Dennis-Kenji Kipker im Auftrag der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit erneut gezeigt hat.

Des Weiteren lehnt die Nationale Sicherheitsstrategie bestimmte Maßnahmen der aktiven Cyberabwehr, wie Hackbacks, dezidiert ab und das unterstütze ich von ganzem Herzen. Ein solches Vorgehen sollte prinzipiell kein Instrument sein, aus moralischer als auch aus sicherheitstechnischer Perspektive. Es gefährdet die grundsätzliche Sicherheit der Bürger, wenn Behörden aus Eigeninteresse Schwachstellen zurückhalten. Letztlich kann jede nicht ausgebesserte Sicherheitslücke von Akteuren mit schädlichen Absichten genutzt werden. Ich hätte mir daher ein klareres und allgemeines Bekenntnis der Nationalen Sicherheitsstrategie gegen jede Form der aktiven Cyberabwehr gewünscht – der Fokus auf Hackbacks lässt zu viele Spielräume offen.

Ein zentraler Punkt ist auch die digitale Souveränität Deutschlands. Damit diese sichergestellt bleibt, bedarf es grundlegender technischer Voraussetzungen: Deutschland und Europa müssen auch künftig in der Lage bleiben, Zukunftstechnologien zu entwickeln und zu produzieren. Die Bundesrepublik befindet sich in einem internationalen Wettbewerb um Innovation, Technologien und Knowhow. Um hierbei auf internationaler Ebene konkurrenzfähig zu bleiben, muss unser Land einseitige Abhängigkeiten von anderen Staaten unbedingt vermeiden. Das gilt umso mehr für Länder, die unsere demokratischen Werte nicht teilen. Da Wohlstand und Wirtschaftskraft der Bundesrepublik zu einem bedeutenden Teil an seiner Innovationsfähigkeit hängen, sind Schlüsseltechnologien aus eigener Entwicklung ein zentraler Bestandteil unserer Sicherheit.

Mit eigener Technik sichert sich der deutsche Staat prophylaktisch gegen ausländische Einflussnahme ab und behält als gestaltender Akteur seine weltpolitische Relevanz. Besonders brisant wäre eine Abhängigkeit von autoritären Regimen in Hinblick auf die kritische Infrastruktur. Ich verweise hier auf die chinesischen Konzerne Huawei und ZTE, die höchstwahrscheinlich der direkten Einflussnahme der Kommunistischen Partei der Volksrepublik China unterliegen. Die KPC wird nicht zögern, Deutschland bei Bedarf mit jedem möglichen Hebel unter Druck zu setzen. Die Freien Demokraten plädieren deshalb für einen geordneten und auf die Wartungszyklen abgestimmten Fade-out aller Komponenten jener Konzerne, die mit der KPC verbandelt sind. Die Erpressungsversuche der Russischen Föderation müssen der Bundesrepublik im weiteren Umgang mit dem systemischen Rivalen China eine Lehre sein.

Im Angesicht solcher Herausforderungen wird sich Deutschland beweisen müssen, doch genau dafür haben wir mit der Nationalen Sicherheitsstrategie einen konkreten Leitfaden erarbeitet. Die Bundesrepublik hat mit der Abkehr von ihrer Passivität den richtigen Weg eingeschlagen, denn die Ampelregierung macht Deutschland „Wehrhaft. Resilient. Nachhaltig“ und damit fit für die Zukunft.

Maximilian Funke-Kaiser ist seit 2022 Mitglied im deutschen Bundestag und dort als Digitalpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion.

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