Im VW-Konzern für den Bereich Integrität und Recht verantwortlich zu sein, ist auch mehr als vier Jahre nach Bekanntwerden des Diesel-Skandals noch eine besondere Herausforderung. Hiltrud Werner hat sie angenommen, als der frühere VW-Chef Matthias Müller sie im Herbst 2015, kurz nach dem Ausbruch der Krise, nach Wolfsburg holte. Zunächst wurde die heute 53-Jährige Leiterin der Konzernrevision. Seit Februar 2017 sitzt sie im Vorstand des Autokonzerns mit seinen zwölf Marken. Ihre Vorgängerin Christine Hohmann-Dennhardt hatte das Unternehmen mit einer Zwölf-Millionen-Euro Abfindung verlassen.
Hiltrud Werner sieht sich nicht nur als Chief Compliance Officer, die den Dieselbetrug intern aufklären soll. Risikomanagement, Datenschutz, Corporate Governance und Integritätsmanagement gehören ebenfalls in ihren Geschäftsbereich – und die Zusammenarbeit mit dem US-Monitor, der die Diesel-Aufklärungsarbeit überwacht. Werner spricht von „Betreuung“ des Monitors und zeigt damit jenes Selbstbewusstein, das die den Konzern dominierenden Familien Porsche und Piëch sich gewünscht haben. Naturgemäß hat die Managerin mit diesem Profil nicht nur Freunde. Die Charakterisierungen reichen von „durchsetzungsstark“ bis „skrupellos“.
Die zweifache Mutter ist in Bad Doberan in Mecklenburg-Vorpommern aufgewachsen. Nach der Ausbildung zur Facharbeiterin für Textiltechnik und dem Diplom als Ökonomin kam Werner viel herum und machte konsequent Karriere. Über BMW, Rolls-Royce und Mini führte ihr Weg zum Lkw-Hersteller MAN und zum Zulieferer ZF, wo sie zuletzt die Revision leitete. Die größte Herausforderung bei Volkswagen sei gewesen, „dass unsere Mitarbeiter in der Produktion oder im Vertrieb der Meinung waren: Dieselskandal, das waren nicht wir, das waren die anderen“, sagte Werner in einem Interview. Für ein Umdenken zu werben und voranzutreiben, dass sich alle verändern müssen, habe sehr viel Arbeit und Zeit gekostet. Das „stille Pflichterfüllen ohne Widerworte“, das Werner einst auf der Volkswagen-Führungsebene rügte, scheint jedenfalls der Vergangenheit anzugehören. Henrik Mortsiefer