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Standpunkte Zuverlässigkeitsprüfung greift zu kurz

Robin Kunst, Luftfahrt-Experte des BDI
Robin Kunst, Luftfahrt-Experte des BDI

Die Regierung will Flughafen-Mitarbeiter stärker durchleuchten: Der Innenausschuss diskutiert heute über die Zuverlässigkeitsprüfung (ZÜP). Für die Wirtschaft bleibt die Initiative unzureichend, schreibt Robin Kunst vom Bundesverband der Deutschen Industrie.

von Robin Kunst

veröffentlicht am 10.02.2020

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Rund ein Drittel des deutschen Exports wird jedes Jahr per Luftfracht abgewickelt. 2018 lag dieser bei rund 167 Milliarden Euro. Die exportorientierte deutsche Wirtschaft verlässt sich dabei auf eine funktionierende und reibungslose Luftfrachtabwicklung. Von Änderungen gesetzlicher Rahmenbedingungen der Luftsicherheit ist die verladende Industrie als Akteur in der Luftfrachtabwicklung ebenso betroffen wie Fluggesellschaften und Flughafenbetreiber.

Mit einer neuen Gesetzesinitiative will die Bundesregierung den Zugang der Luftsicherheitsbehörden zu sicherheitsrelevanten Informationen verbessern. Mithilfe eines gemeinsamen Luftsicherheitsregisters sollen sicherheitsrelevante Informationen den Luftsicherheitsbehörden der Bundesländer zur Verfügung gestellt werden: Im Ansatz ein richtiges Vorhaben, das in der Umsetzung aber zu kurz greift. Der Gesetzentwurf hätte ein erster Schritt sein können, bürokratische Hürden abzubauen.

Nutzungsverpflichtung einführen

Unberücksichtigt bleibt im Gesetzentwurf, dass ein Luftsicherheitsregister den Antragsprozess auf Zuverlässigkeitsüberprüfung nur beschleunigen kann, wenn dieses alle Bundesländer einführen und einheitlich pflegen. Für die verladende Industrie ist der Weg über den Aufbau eines Registers ohne Nutzungsverpflichtung für die Luftfahrtämter ein Irrweg.

Stattdessen hätte der Gesetzgeber bereits bestehende Strukturen für weniger bürokratische Antragsverfahren nutzen und bundesweit einheitlich weiterentwickeln sollen. Mit der Online-Sicherheitsüberprüfung unter Federführung des Landes Nordrhein-Westfalen hat der IT-Planungsrat der Bundesregierung bereits seit 2017 ein Projekt zur Harmonisierung und Ablaufoptimierung von personenbezogenen Sicherheits- und Zuverlässigkeitsüberprüfungen an der Hand. Für die verladende Industrie bedeutet das eine vertane Chance für Bürokratieabbau.

Antragsberechtigung ermöglichen

Um Unternehmen essenziell zu entlasten, müsste außerdem die Antragstellung zur Zuverlässigkeitsüberprüfung an die Realitäten der Luftfracht angepasst werden: Das geplante Zentralregister sollte Mitarbeitern von Dienstleistern die direkte und zentrale Antragsstellung ermöglichen. Aktuell sind Mitarbeiter von Zeitarbeits- und Drittunternehmen nicht antragsberechtigt, auch wenn sie bereits im Luftsicherheitsbereich von anderen Unternehmen eingesetzt werden und unabhängig davon, ob diese Unternehmen ebenso als „bekannte Versender“ bzw. „reglementierte Beauftragte“ als Teil der sicheren Lieferkette zertifiziert sind.

Formal ermöglicht das Gesetz die Antragsberechtigung von Zeitarbeits- und Drittunternehmen, in der Praxis versperrt sich das Luftfahrtbundesamt bislang aber. Für Unternehmen bleibt damit ein großer administrativer Kraftakt bestehen, der eigentlich einfach aufzulösen wäre.

Der Gesetzgeber hätte das Momentum außerdem nutzen können, um die unterschiedlichen Vorgehensweisen und Antragsformulare der Luftsicherheitsbehörden der Bundesländer zu vereinheitlichen. Dazu ist es nicht gekommen: Bisher müssen Versender mit mehreren rechtlich selbstständigen Betriebsstandorten in verschiedenen Bundesländern und bundesweit tätige Logistikunternehmen die Anforderungen der regional zuständigen Behörde erfüllen. Das belastet Unternehmen und Behörden gleichermaßen. Die Luftsicherheits-Zuverlässigkeitsüberprüfungsverordnung so anzupassen, dass alle Behörden der Länder zuständig sind, könnte hier sinnvoll Abhilfe schaffen.

Praxistaugliche Lösungen notwendig

Es war ein längst überfälliger Schritt, die luftsicherheitsrechtlichen Rahmenbedingungen anzupassen. Bisher liegen Anspruch und Umsetzbarkeit der Änderungen in der Praxis allerdings weit auseinander. Das Bundesinnenministerium sollte sich an den eigenen Ansprüchen für Entbürokratisierung messen lassen und praxistaugliche Lösungen für bestehende Verfahren vorlegen, damit Unternehmen in der Luftfracht endlich entlastet werden.

Robin Kunst ist Referent für Luftverkehrs- und Luftfrachtfragen beim Bundesverband der Deutschen Industrie. Die Anhörung im Innenausschuss überträgt der Bundestag heute ab 14 Uhr live. Als Sachverständige sprechen:  Christoph Schaefer (Director Aviation Security bei der Lufthansa), Uwe Büchner (Ministerialrat im bayerischen Verkehrsministerium), Wolfgang Däubler (Universität Bremen), Frank Dörner (Rechtsanwalt, München), Arnd Krummen (Gewerkschaft der Polizei – Bundespolizei, Hilden) und Berthold Stoppelkamp (Leiter Hauptstadtbüro, Bundesverband der Sicherheitswirtschaft). 

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