Unsere Wasserressourcen sind begrenzt. Gerade angesichts des Klimawandels ist es wichtig, schonend mit diesem wertvollen Gut umzugehen. Diese Aufgabe betrifft uns alle: Privathaushalte, Industrie, Kommunen. Aber auch die Landwirtschaft muss ihren Beitrag leisten. Denn eine Überdüngung von Agrarflächen belastet die Grundwasserressourcen.
In Deutschland wird immer noch in vielen Fällen mehr Gülle auf die Felder aufgebracht, als zur Düngung notwendig ist. Stickstoffverbindungen, die die Pflanze nicht aufnehmen kann, gelangen als Nitrat in die Oberflächengewässer und Grundwässer. Dies ist eine große Herausforderung für die Trinkwasserversorger. Denn fast zwei Drittel unseres Trinkwassers stammt aus dem Grundwasser. Jede Verschmutzung führt letztlich dazu, dass weniger Grundwasser zur Verfügung steht.
Die Erschließung neuer Brunnen, das Mischen von belastetem mit unbelastetem Rohwasser oder künftig auch eine aufwändige Trinkwasseraufbereitung können die Folgen sein. Dass Grundwasser-Vorkommen mit Nitrat verschmutzt werden, ist gerade in Anbetracht der zunehmenden Dürreperioden problematisch. Entsprechend hoch ist der Stellenwert, der dem Gewässerschutz zukommen sollte. Einträge von Spurenstoffen und Nährstoffen wie Nitrat gilt es entsprechend dem Vorsorgegrundsatz bereits an der Quelle zu minimieren. Die Grundlage dafür steht längst, doch es hakt bei der Umsetzung im Detail.
Richtlinie auch nach 33 Jahren nicht vollständig umgesetzt
Bereits im Jahr 1991 hat die EU mit der Nitratrichtlinie festgelegt, dass ein Liter Grundwasser maximal 50 Milligramm Nitrat enthalten darf. Doch Deutschland hat die Richtlinie bis heute, 33 Jahre später, nicht vollständig implementiert. Erst nachdem die Bundesregierung 2018 vom Europäischen Gerichtshof verurteilt wurde, eine wesentliche Verringerung der Düngeeinträge vorzunehmen, sind Änderungen des deutschen Düngerechts vorgenommen worden. Auch das jedoch nur auf Drängen der EU-Kommission - und in unvollständigem Umfang.
Bei einer erneuten Verurteilung würden jährliche Strafzahlungen in dreistelliger Millionenhöhe drohen. Um die Grundwasserressourcen zu schützen, braucht es nun endlich eine echte und nachhaltige Verringerung der Nitrateinträge insbesondere in den roten Gebieten, in denen der europäische Grenzwert von 50 Milligramm je Liter Grundwasser überschritten wird. Denn: Nach wie vor übersteigen 26,7 Prozent der Messstellen des repräsentativen Grundwassermessnetzes in Deutschland im Mittel diese Konzentrationsschwelle.
Jährliche Umweltschäden in Milliardenhöhe
Ein Gutachten von Friedhelm Taube von der Christian-Albrechts-Universität Kiel im Auftrag des BDEW zum zuletzt 2020 novellierten deutschen Düngerecht zeigt: Durch die nicht EU-konforme Düngung in der Landwirtschaft entstehen jährlich Umweltschäden, die Kosten in Höhe von etwa drei Milliarden Euro pro Jahr entsprechen.
Die Nitratbelastung des Grundwassers führt außerdem dazu, dass die Trinkwasserbereitstellung in betroffenen Regionen kostenintensiver wird. Ändert sich die Düngepraxis nicht, könnten die Trinkwasserpreise deutlich steigen.
Grund sind die aufwändigen und daher kostspieligen Verfahren zur Nitratentfernung, in die Wasserversorger dann investieren müssten. Um bis zu 62 Prozent könnte die Wasserrechnung einer dreiköpfigen Beispielfamilie in solchen Fällen ansteigen.
Weitere Novelle des Düngerechts und ein Monitoring nötig
Helfen kann deshalb nur eine vollumfängliche Anpassung des Düngerechts an die europäischen Vorgaben. Notwendig ist auch das im Düngegesetz vorgesehene Monitoring, auf das sich die Ampelfraktionen nach langen Diskussionen geeinigt haben. Das Wirkungsmonitoring muss nun noch in einer Verordnung konkretisiert werden.
Es braucht eine nachvollziehbare und transparente Bilanzierung der Nährstoffein- und -ausgänge eines Agrarbetriebes, um verursachergerecht diejenigen Betriebe zu identifizieren, die für eine erhebliche Nitratbelastung von Gewässern und Böden verantwortlich sind. Eine noch zu erarbeitende Stoffstrombilanzverordnung sollte deshalb zu einem wirksamen Steuerungsinstrument weiterentwickelt werden.
Verlässlichkeit für landwirtschaftliche Praxis
Das Düngegesetz sollte ein belastbares und langfristig planbares Maßnahmenpaket enthalten. Insgesamt muss das Düngerecht langfristige Planungssicherheit bieten und umweltpolitisch von der EU-Kommission akzeptiert werden. Gleichzeitig sollte damit Verlässlichkeit für die landwirtschaftliche Praxis verbunden sein.
Ohne eine Konkretisierung des Wirkungsmonitorings besteht weiterhin die Gefahr, dass Brüssel im Rahmen der aktuellen Evaluierung der EU-Kommission zur Umsetzung der Nitratrichtlinie das Steuer übernimmt: Deutschland könnte die nationale Handlungssouveränität in diesem Bereich gänzlich aus der Hand genommen werden.
Dies hätte zur Folge, dass neue Anforderungen der EU-Kommission umgesetzt werden müssten. Schon jetzt hat das OVG Lüneburg die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen dazu verurteilt, strengere Maßnahmenprogramme zur weiteren Reduzierung der Nitratbelastung vorzunehmen.
Verpflichtungen ernst nehmen
33 Jahre nach Inkrafttreten der Nitratrichtlinie ist es nicht nachvollziehbar, dass die Bundesrepublik nicht in der Lage ist, deren Vorgaben vollständig einzuhalten und umzusetzen. Die Bundesregierung muss deutlich machen, dass sie sich an die Zugeständnisse hält, die sie gegenüber der EU-Kommission zugesagt hat und ihre Verpflichtung zur Einhaltung der EU-Nitrat-Richtlinie ernst nimmt.
Es darf nicht sein, dass in Zeiten des Klimawandels Trinkwasserbrunnen stillgelegt werden müssen, weil sie durch Nitrat verschmutzt sind.