Agrar-Ernaehrung icon

Agrar & Ernährung

Standpunkte Wer Shrinkflation beklagt, sollte Steuerentlastungen einfordern

Katharina Willkomm sitzt seit 2023 zum zweiten Mal für die FDP im Bundestag. Die Rechtsanwältin engagiert sich insbesondere für den Verbraucherschutz und war von 2018 bis 2021 die Sprecherin ihrer Fraktion zu diesem Thema. (Foto: Stefan Trocha)
Katharina Willkomm sitzt seit 2023 zum zweiten Mal für die FDP im Bundestag. Die Rechtsanwältin engagiert sich insbesondere für den Verbraucherschutz und war von 2018 bis 2021 die Sprecherin ihrer Fraktion zu diesem Thema. (Foto: Stefan Trocha)

Gleiche Preise für weniger Inhalt – im Supermarkt ist das inzwischen eher die Regel als eine Ausnahme. Während etwa das Bundesumweltministerium mit neuen Verpackungsregeln liebäugelt, hält die FDP-Politikerin Katharina Willkomm die Idee für kontraproduktiv. Neben Steuerentlastungen hat sie einen weiteren Lösungsansatz parat.

von Katharina Willkomm

veröffentlicht am 04.07.2024

Lernen Sie den Tagesspiegel Background kennen

Sie lesen einen kostenfreien Artikel vom Tagesspiegel Background. Testen Sie jetzt unser werktägliches Entscheider-Briefing und erhalten Sie exklusive und aktuelle Hintergrundinformationen für 30 Tage kostenfrei.

Jetzt kostenfrei testen
Sie sind bereits Background-Kunde? Hier einloggen

20 Prozent. Das ist der Preisanstieg der letzten vier Jahre über alle Nahrungsmittel hinweg. Die Gründe kennen wir alle: Corona, Probleme in den Lieferketten, der Ukraine-Krieg. Die Löhne sind in der gleichen Zeit gestiegen, besonders im letzten Jahr dank der Steuerbefreiung für Inflationsausgleichsprämien. Aber mit der Inflation konnten sie nicht ganz mithalten.

Verbraucher werden mit diesen makroökonomischen Entwicklungen handfest im Supermarkt konfrontiert, wo die Zahlenreihen des Statistischen Bundesamtes als lange Kassenbons Realität werden.

Dabei führt ein Ausweichverhalten der Hersteller zu starkem Unmut bei Verbrauchern: Shrinkflation. Anstatt die Preise inflationsgerecht zu steigern, schrumpfen die Verpackungsinhalte. So tut der Griff zur gewohnten Ware nicht an der Kasse weh, sondern erst Zuhause, wenn man beim Öffnen von ungewöhnlich viel Leerraum oder weniger Inhalt überrascht wird. Den Ärger der Verbraucher darüber teilen wir Freien Demokraten. Es fühlt sich einfach unaufrichtig an, dem Kunden ohne Vorwarnung weniger zu verkaufen.

Mogelpackungen nur Symptom

Aber nun den Herstellern gewisse Verpackungsgrößen zu verbieten oder vorzuschreiben, wie es Bundesumweltministerin Steffi Lemke vorschwebt, ist der falsche Lösungsansatz. In der FDP sind wir der Auffassung, dass das zunehmende Phänomen der Mogelpackungen nur ein Symptom ist. Wir müssen dessen Ursachen bekämpfen! Komplizierte Verpackungsregeln schaffen nur mehr Bürokratie, weil sie von Herstellern beachtet und vom Staat kontrolliert werden müssen. Ständige Umbauten der Produktionsstraßen führen zu steigenden Kosten. Beides wird sich im Endpreis niederschlagen, was nicht im Sinn der Verbraucherinnen und Verbraucher ist.

Ebenso wenig im Sinn der Verbraucher ist eine gesetzliche Kennzeichnungspflicht, wie sie in Frankreich gerade probiert wird. Die vorgesehene Warnung, „Achtung geänderte Inhaltsmenge“, ist nur ein weiteres Label, das am Regal um Aufmerksamkeit bettelt. Vor allem: Wenn Shrinkflation tatsächlich überall grassiert, fände sich neben fast jedem Produkt solch ein Hinweis. Die Verbraucher starren dann auf eine Wand gut gemeinter Label - bei der Kaufentscheidung geholfen ist ihnen damit nicht.

Bestehende Möglichkeit besser nutzen

Was der Vergleichbarkeit hilft, ist die in Deutschland bereits bestehende Angabe der Grundpreise je Kilo oder Liter. Darauf sollten wir aufbauen. Zu oft ist die Grundpreisangabe viel zu klein oder leicht abseits versteckt. Dabei sollte diese immer direkt neben dem Endpreis und genauso groß geschrieben sein. So kann man sie leicht finden, leicht lesen und die Preise leicht vergleichen.

In der Marktwirtschaft steht es Herstellern und Händlern frei, die Größe ihrer Verpackung und den Preis ihrer Waren selbst zu bestimmen. Das muss man respektieren und daher darf es kein gesetzliches Schrumpfungsverbot für Verpackungen geben. Zumal die Sozialkontrolle funktioniert, wie die jährliche Auszeichnung der Mogelpackung des Jahres oder freiwillige Angaben der letzten Preiserhöhung in diversen Supermarkt- und Drogerieketten zeigen.

Mit Steuerentlastung Kaufkraft stärken

Ich bin daher der Überzeugung, dass es keiner weiteren Regulierung und Bürokratie bedarf. Statt Energie auf die Scheindebatten über Shrinkflation, Skimpflation, McFlation etc. zu verschwenden, müssen wir das eigentliche Problem angehen: Die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land haben zu wenig Geld in der Tasche. Die Inflation hat sich zwar schon wieder auf gesunde zwei Prozent beruhigt. Aber hohe Steuern und Abgaben halten die Kaufkraft der Verbraucher zu niedrig.

Daher müssen wir jetzt die Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen mit einer konsequenten Wirtschaftswende entlasten: Weniger Steuern, weniger Abgaben und weniger Bürokratie, damit wir mehr Fachkräfte gewinnen, bessere Arbeitsanreize setzen und bezahlbare Energie produzieren. Das sichert Arbeitsplätze und gute Einkommen.

Das Steuersystem muss einfacher werden. Die Einkommensteuer muss automatisch an die Inflation angepasst werden, um den Wohlstand von Beschäftigten, Selbstständigen und Rentnern auch in schwierigen Zeiten zu sichern. Unternehmen brauchen einfache und klare Steuerregeln, damit die kleinen nicht immer einen Wettbewerbsnachteil gegenüber den großen haben. Wir müssen die Bürokratie sowohl für die Bürger als auch für die Wirtschaft zurückdrängen. Wir brauchen dafür weniger Formulare und mehr Digitalisierung. Bürokratieabbau ist ein Wachstumsschub zum Nulltarif und das sollten wir nutzen.

Anreize für Verpackungstrickserei beseitigen

Wenn wir Unternehmen entlasten und von Bürokratie befreien, werden sich die Preise für Lebensmittel wieder entspannen. So wird den Herstellern der Anreiz genommen, sich intransparenter Verpackungstricks zu bedienen. Wenn wir durch mehr Regulierung unsere soziale Marktwirtschaft weiter behindern, bewirkt das keinen besseren Verbraucherschutz. Das Ergebnis sind stattdessen neue Engpässe und weniger Wahlmöglichkeiten bei Produkten und Dienstleistungen – und somit höhere Preisen.

Weniger Bürokratie, ein einfaches Steuersystem, Entlastungen für Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen. So machen wir Preise dauerhaft erschwinglich. Das ist liberale Verbraucherpolitik.

Lernen Sie den Tagesspiegel Background kennen

Sie lesen einen kostenfreien Artikel vom Tagesspiegel Background. Testen Sie jetzt unser werktägliches Entscheider-Briefing und erhalten Sie exklusive und aktuelle Hintergrundinformationen für 30 Tage kostenfrei.

Jetzt kostenfrei testen
Sie sind bereits Background-Kunde? Hier einloggen