Nicht selten fällt im Zusammenhang mit den neuen Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) das Wort Weltpremiere – ein Wort, das für so manche Verwirrung gesorgt hat. Einerseits, weil Deutschland beim Gesundheitswesen international nicht gerade als digitale Avantgarde gilt. Andererseits, weil sich ja schon seit einigen Jahren von der Meditation-App bis hin zum Ernährungsratgeber Gesundheits-Apps auf Deutschlands Smartphones finden lassen. Wird hier also versucht, Altbekanntes neu zu verpacken – und womöglich zu einem hohen Preis?
In der Tat: Der nackte Vergleich der Zahlen lässt erst einmal aufschrecken. Während für viele bekannteWellness-Apps (wenn überhaupt) Beträge im Cent- oder einstelligen Eurobereich fällig werden, bewegen wir uns bei den bisher zugelassenen DiGAs in Preisdimensionen von mehreren Hundert Euro. Dieser Vergleich lädt zum Empören ein,hinkt beim genaueren Hinsehen allerdings gewaltig.
Von der Entwicklung in die Versorgung
Denn im Gegensatz zur Gratis-App aus dem Appstore muss eine DiGA eine ganze Reihe von Nachweisen erbringen, bevor sie auf dem ersten Smartphone landet. Durchaus nicht ohne Grund: Schließlich soll das Geld der Versicherten, die über ihre Krankenkassenbeiträge die Nutzung der Apps finanzieren, gut angelegt werden. Und so müssen DiGA-Anbieter vor der Aufnahme ihrer Anwendung ins DiGA-Verzeichnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukteeiniges nachweisen. Von der Zertifizierung als Medizinprodukt über Datenschutz bis hin zu positiven Versorgungseffekten – sprich: Mehrwerten. Letztere müssen schon zu Beginn glaubhaft vermittelt und später durch unabhängige Studien nachgewiesen werden können, sonst ist eine DiGA nach einem Jahr schnell wieder weg von der Bildfläche.
Das alles ist wie gesagt sinnvoll, macht aber den Weg einer DiGA tendenziell zeitaufwändiger und ressourcenintensiver für die Hersteller – was sich auch auf den Endpreis auswirkt.
Ebenfalls relevant ist, dass vieleDiGAs nicht für die Zielgruppe aller 83 Millionen Deutschen gedacht ist, sondern für fest definierte medizinische Anwendungsfälle. Trotzdem sind die Entwicklungskosten bei einer solchen speziellen Anwendung mindestens genauso hoch, wenn nicht höherals bei einer „Anwendung für die Massen“. Die Preise müssen also immer in Relation zur potenziellen Zielgruppe betrachtet werden und machen nicht automatisch jemanden zur Milliardärin oder zum Milliardär.
Mehrwerte für die Versorgung
Die Frage nach dem Wert einer DiGA darf aber nicht nur auf ökonomischer Ebene geführt werden, denn der Nutzen für die Versorgung ist mindestens genauso wichtig, wenn nicht sogar entscheidend. Schließlich sind DiGAs als Unterstützung oder Ergänzung zur Versorgung von Patientinnen und Patienten gedacht und beeinflussen direkt deren Umgang mit einer Erkrankung.
Sie helfen ihnen etwa, ihre Erkrankung besser zu verstehen, ein besseres Bewusstsein für den eigenen Körper zu gewinnen oder unterstützen ganz konkret im Alltag – etwa bei der Einnahme der richtigen Medikamente. Im Idealfall können damit schwere Krankheitsverläufe gemildert oder längere Klinikaufenthalte vermieden werden.
Susanne Koch ist Referentin eHealth beim Bundesverband Gesundheits-IT (bvitg), der die führenden IT-Anbieter im Gesundheitswesen vertritt. Als einer von 13
Industrieverbänden ist der bvitg Teil der derzeitigen
Preisverhandlungen für digitale Gesundheitsanwendungen mit dem
GKV-Spitzenverband.