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Gesundheit & E-Health

Standpunkte „Wir können mehr erreichen“

Foto: Doris Spiekermann-Klaas

EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides hat den Auftrag, Europa in den gemeinsamen Kampf gegen Krebs zu führen. Morgen will sie dazu einen „Konsultationsprozess“ im europäischen Parlament beginnen. In einem Gastbeitrag erklärt sie, was sie sich von dem gemeinsamen Kraftakt der Europäer erhofft.

von Stella Kyriakides

veröffentlicht am 03.02.2020

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Jeden Tag werden in Europa neue Fälle von Krebs diagnostiziert. Jeden Tag trifft diese Diagnose Patienten, Angehörige und Freunde mit voller Wucht – Ungewissheit über die Zukunft, Angst, Trauer, Wut oder auch Hoffnungslosigkeit.

Krebs ist eine schwere Erkrankung, mit der 40 Prozent der Menschen in der EU irgendwann in ihrem Leben unmittelbar zu tun haben werden. In Deutschland fordert die Krankheit jedes Jahr 230.000 Menschenleben. Wenn wir nichts unternehmen, wird sich die Gesamtzahl der Krebsfälle in der EU bis 2035 voraussichtlich verdoppeln. Ein alarmierender Trend, den wir umkehren müssen, wenn unsere Familien, unsere Gesundheits- und Sozialsysteme und unsere Wirtschaft nicht noch stärker durch Krebs belastet werden sollen.

Europäischer Plan bis Ende des Jahres

Das durch Krebs verursachte Leid zu verringern, hat für die Europäische Kommission unter Präsidentin Ursula von der Leyen und für mich als Kommissarin für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit oberste Priorität. Beim Kampf gegen den Krebs müssen und können wir mehr erreichen. Bis Ende des Jahres werde ich den europäischen Plan zur Krebsbekämpfung vorstellen, mit dem wir an allen Stadien der Krankheit ansetzen wollen, von Prävention über Erkennung, Behandlung, Heilung bis hin zur Palliativversorgung. Morgen, am Weltkrebstag, starten wir dazu eine breite öffentliche Konsultation. Denn für mich gibt es nur einen wirklich erfolgversprechenden Weg: den gemeinsamen, europäischen Weg. Ich sehe ein enormes Potenzial, das wir jedoch nur gemeinsam nutzen können, wenn politische Entscheidungsträger, Beschäftigte im Gesundheitsbereich, Patientenvertreter und die Industrie ihre Anstrengungen bündeln und vor allem auch die Bürgerinnen und Bürger einbeziehen.

Heute wissen wir, dass bis zu 40 Prozent aller Krebserkrankungen vermeidbar sind. Das zeigt, dass es einen enormen Handlungsspielraum und ein riesiges Potenzial zur Rettung von Menschenleben gibt. Krebs ist eine komplexe Erkrankung, die wir aus ganz unterschiedlichen Perspektiven betrachten müssen: Ernährung, Verfügbarkeit von Arzneimitteln, richtige Behandlung, geeignete Technologie und Einbeziehung von Sektoren und Industriezweigen außerhalb des Gesundheitswesens, wie beispielsweise Bildung, Umwelt, Landwirtschaft und Forschung. Alle Akteure aus sämtlichen Bereichen müssen ihren Beitrag leisten.

Alle Länder müssen eigene Screening-Programme entwickeln

Wir müssen dem Krebs besser vorbeugen und ihn früher erkennen. Vorsorge ist immer besser als Heilung und es muss unser wichtigstes Anliegen sein, zu verhindern, dass unsere Bürgerinnen und Bürger überhaupt zu Krebspatienten werden. Wenn wir die Menschen dabei unterstützen, ein gesünderes Leben zu führen, also besser zu essen, sich mehr zu bewegen und gleichzeitig weniger Alkohol zu trinken und nicht zu rauchen, können wir die Anzahl an Neuerkrankungen senken. Wenn es uns gelingt, den Bürgerinnen und Bürgern die Wichtigkeit von Krebsvorsorgeuntersuchungen und -früherkennung noch deutlicher zu vermitteln, können wir weitere Leben retten. Dazu müssen alle Länder eigene Screening-Programme mit zertifizierten Stellen entwickeln.

Auch wenn wir uns schwerpunktmäßig dafür einsetzen sollten, dass Menschen gar nicht erst an Krebs erkranken, müssen wir auch sicherstellen, dass Krebspatienten und ihre Angehörigen die Unterstützung und Versorgung bekommen, die sie benötigen. Dazu zählt das grundlegende Recht auf gleichberechtigten Zugang zu medizinischer Versorgung und innovativen Behandlungsmethoden. Und: Mit dem Ende der Behandlung ist das Thema Krebs für die Betroffenen nicht abgeschlossen. Wer die Erkrankung überlebt oder mit ihr lebt, braucht wieder Struktur und Sicherheit im Leben. Betroffene sollten nicht diskriminiert, stigmatisiert oder an der Rückkehr an den Arbeitsplatz gehindert werden. 

Wir müssen alle Einzelteile dieses Mosaiks so zusammensetzen, dass wir das gesamte Bild klar erkennen können. Den ersten Schritt auf diesem gemeinsamen Weg gehen wir heute, am Weltkrebstag, mit dem Auftakt zu unserer breiten öffentlichen Konsultation zum europäischen Plan gegen den Krebs. Ich werde zunächst genau zuhören, welche Vorschläge und Sorgen die Bürgerinnen und Bürger haben, um auch gemeinsam mit den deutschen Behörden Veränderungen zum Besseren herbeizuführen. Gemeinsam können wir den Krebs zurückdrängen. 

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