Wer in den Urlaub fährt wird darauf achten, dass die Fenster im Haus zu und die Türen verschlossen sind. Und zwar alle. Denn wir wissen selbstverständlich, dass es nichts nützt, alles zu verriegeln, wenn am Ende irgendwo ein Kellerfenster offen stehen bleibt oder die Terrassentür nicht abgeschlossen ist. In der digitalen Welt gelten dieselben Regeln: Nur wenn es uns gelingt, jede und jeden mitzunehmen, wird es uns gelingen, Cyberkriminellen das Leben schwer zu machen. Es genügt eine Person im Unternehmen, die auf eine E-Mail mit Schadsoftware klickt, um Angreifer:innen Tür und Tor zu öffnen.
Und wer zu Hause seine Smart-Home-Geräte nicht absichert oder seinen Laptop nicht schützt, der macht nicht nur sich selbst angreifbar, sondern ermöglicht Cyberkriminellen womöglich auch, die Geräte für groß angelegte Angriffe etwa durch Botnetze einzusetzen. Wer sich selbst schützt, schützt damit also auch andere.
Opfern vorzuwerfen, eine Phishing-Mail nicht erkannt zu haben, hilft nicht weiter
Wie notwendig dieser Schutz ist zeigt eine Bitkom-Studie, nach der vier von fünf Internetnutzerinnen und Internetnutzern im vergangenen Jahr Erfahrungen mit kriminellen Vorfällen im Netz gemacht haben. Allein die Hälfte gibt an, dass ein Gerät mit Schadprogrammen infiziert wurde, bei 14 Prozent wurden Zugangsdaten zu einem Online-Dienst ausspioniert. Aber nicht nur Privatpersonen sind betroffen, auch die Unternehmen. 85 Prozent der Unternehmen haben im vergangenen Jahr festgestellt, dass die Anzahl der Cyberattacken zugenommen hat.
Mit dem Finger auf die Opfer zu zeigen und zu beklagen, dass sie auf manipulierte Dateianhänge klicken, immer noch viel zu einfache Passwörter nutzen oder keine aktuellen Schutzprogramme installiert haben, greift zu kurz. Viele Menschen würden sich gerne besser schützen, sie wissen aber gar nicht wie. Und das, obwohl sich einer Befragung im Auftrag der Initiative „Digital für alle“ zufolge knapp die Hälfte der Bürgerinnen und Bürger bessere Fähigkeiten wünscht, Risiken im Internet zu erkennen und sich davor zu schützen. An dieser Bereitschaft, dazu zu lernen, gilt es anzusetzen.
IT-Sicherheitsexpert:innen müssen zu Multiplikatoren werden
Schutz im Cyberraum kann nur gelingen, wenn wir alle Menschen für IT-Sicherheit sensibilisieren – und sie zugleich auch befähigen, dieses Wissen in die Praxis umzusetzen. Das ist ein langfristiger Prozess, der bereits in der Schule beginnen muss und durch regelmäßige Schulungen etwa in Unternehmen und anderen Orten fortgesetzt werden sollte. Fest steht: Wir müssen jetzt damit starten. Sich sicher in der digitalen Welt zu bewegen ist Grundvoraussetzung für echte digitale Teilhabe. Appelle oder theoretische Diskussionen allein reichen nicht aus. Wer jemals versucht hat, weniger technikaffinen Menschen zu erklären, wie sie eine Zwei-Faktor-Authentifizierung für einen Online-Dienst einrichten, der weiß: Es braucht ganz konkrete Unterstützung. Etwa, wie man das eigene Smartphone absichert oder welche Einstellungen man in seinem Browser vornehmen sollte, um sich nicht ausspähen zu lassen. Genau hier setzt der bundesweite Digitaltag an diesem Freitag an.
Der Digitaltag ermöglicht es allen Menschen, sich niedrigschwellig bei über 2.000 Veranstaltungen und Aktivitäten mit digitalen Themen auseinanderzusetzen. Auf lokaler Ebene wird die Digitalisierung ein Teil der Lebenswirklichkeit der Menschen, hier müssen wir sie diskutieren und erlebbar machen. Zur Cybersicherheit wird am Digitaltag für alle Altersgruppen etwas geboten: So werden Schülerinnen und Schüler von acht bis zwölf Jahren in Gardelegen in Sachsen-Anhalt in der Stadtbibliothek über eine virtuelle Welt auf unterhaltsame und kreative Art in eine sichere und bessere Internetnutzung eingeführt. In einer Online-Mittagspause der Volkshochschule in Essen dreht sich alles um die sichere Nutzung von Sozialen Medien. Im Fokus stehen hier rechtliche Hinweise im Umgang mit Twitter, Facebook, Instagram und Co.
Ältere Nutzerinnen und Nutzer können sich bei den sogenannten Zoom-Versilberern des Vereins Wege aus der Einsamkeit zuschalten. Bei den vielen digitalen Freizeitangeboten erlernen Ältere gleichzeitig den sicheren Umgang mit digitalen Anwendungen und Geräten. Hinter dem Digitaltag steht die Initiative „Digital für alle“, zu der sich 28 Spitzenorganisationen aus Zivilgesellschaft, Kultur, Wissenschaft, Wirtschaft, Wohlfahrt und öffentlicher Hand zusammengeschlossen haben. Das breite Bündnis verdeutlicht einmal mehr: Es geht nur gemeinsam!
Anna-Lena Hosenfeld ist Geschäftsführerin der DFA Digital für alle gGmbH. Zu den 28 Spitzenorganisationen des Bündnisses zum morgigen Digitaltag gehören unter anderem Bitkom, Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), Deutscher Kulturrat, Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB), Deutscher Städtetag, der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) und der Verbraucherzentrale Bundesverband.