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Smart City

Standpunkte KI und Digitale Zwillinge in der Wärmeplanung

Balthasar Weitzel, Fraunhofer IESE
Balthasar Weitzel, Fraunhofer IESE Foto: Balthasar Weitzel

Der Klimawandel stellt Städte weltweit vor immense Herausforderungen. Eine zentrale Aufgabe dabei ist die Reduzierung von Treibhausgasemissionen, wobei die kommunale Wärmeplanung eine Schlüsselrolle spielt. In diesem Kontext bieten Künstliche Intelligenz (KI) und Urbane Digitale Zwillinge (UDZ) innovative Lösungen, um diese komplexe Aufgabe effizient und nachhaltig zu bewältigen, kommentiert Balthasar Weitzel.

von Balthasar Weitzel

veröffentlicht am 28.08.2024

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Mit der Verabschiedung des Klimaschutzgesetzes und dem Ziel, bis 2045 Treibhausgasneutralität zu erreichen, wird die kommunale Wärmeplanung zur Pflichtaufgabe für viele Städte und Gemeinden in Deutschland. Gleichzeitig stehen viele Smart Cities und Regions vor einer ähnlichen Herausforderung: Wie können smarte Infrastrukturen aufrechterhalten werden, nachdem Förderungen ausgelaufen sind? Auch wenn die meisten Förderprogramme im Smart City-Kontext die Anbindung an Pflichtaufgaben ausschließen, lohnt es sich weiterzudenken und digitale Infrastrukturen mit entsprechenden Schnittstellen zu versehen, sodass tatsächliche Verwaltungsvereinfachung möglich wird.

Die Wärmeversorgung von Kommunen ist traditionell stark von fossilen Brennstoffen abhängig. Eine Umstellung auf Erneuerbare Energien und effiziente Technologien erfordert eine präzise Planung und den Einsatz modernster Werkzeuge, um die komplexen Zusammenhänge in Einklang zu bringen. Die kommunale Wärmeplanung umfasst dabei mehrere Phasen: die Bestandsanalyse, Potenzialanalyse, die Entwicklung von Zielszenarien, sowie die Festlegung von Meilensteinen und Umsetzungsmaßnahmen. Außerdem muss die Planung alle fünf Jahre überprüft und die Fortschritte überwacht werden. In jedem dieser Schritte kann der Einsatz von KI und UDZ entscheidende Vorteile bieten.

In der Bestandsanalyse ermöglicht der Einsatz von KI die automatisierte Verarbeitung großer Datenmengen. Historische Daten zu Energie-Verbrauch, Erzeugung und Verteilung, dazugehörige Gebäudestrukturen und Umweltbedingungen können analysiert werden, um ein detailliertes Bild der aktuellen Situation zu zeichnen. Diese Daten bilden die Grundlage für eine genaue Potenzialanalyse, bei der KI-gestützte Algorithmen Szenarien für die Nutzung Erneuerbarer Energien und die Verbesserung der Energieeffizienz in bestehenden Gebäuden simulieren und bewerten können.

Bei der Überwachung der kommunalen Wärmeplanung kann KI eingesetzt werden, um Soll- und Ist-Daten zu vergleichen und Handlungsempfehlungen abzuleiten. Die regelmäßige Fortschreibung der Planung kann durch den Einsatz eines Urbanen Digitalen Zwilling erleichtert werden.

Der Urbane Digitale Zwilling als Planungsinstrument

Ein Urbaner Digitaler Zwilling (UDZ) ist eine virtuelle Nachbildung einer Stadt, die in Echtzeit mit Daten aus der physischen Welt aktualisiert wird. Diese Technologie geht weit über einfache Visualisierungen hinaus und ermöglicht bei der Planung, unterschiedliche Szenarien durchzuspielen und ihre Auswirkungen auf die Stadt zu analysieren. Besonders in der kommunalen Wärmeplanung bietet der UDZ mehrere Vorteile.

So kann ein UDZ beispielsweise die Wärmebedarfsanalyse für verschiedene Stadtteile in unterschiedlichen Zukunftsszenarien simulieren. Durch die Integration von KI können diese Simulationen dynamisch angepasst werden, indem Echtzeitdaten wie Wetterbedingungen, Energiepreise oder Verbrauchsverhalten berücksichtigt werden. Dies ermöglicht eine kontinuierliche Optimierung der Wärmeplanung und eine schnelle Reaktion auf Veränderungen.

Darüber hinaus erleichtert der UDZ die Bürgerbeteiligung. Durch die Visualisierung von Planungsszenarien im digitalen Zwilling können Bürger die Auswirkungen verschiedener Maßnahmen auf ihre Umgebung besser verstehen und fundierte Entscheidungen treffen. Diese Transparenz fördert die Akzeptanz und das Engagement von Bevölkerung und Gremien für die Umsetzung der Wärmeplanung.

KI und Klimaanpassung: Ein integrativer Ansatz

Neben der Reduzierung von Emissionen spielt auch die Anpassung an den Klimawandel eine wichtige Rolle in der kommunalen Wärmeplanung. KI kann hierbei helfen, die Folgen des Klimawandels wie Hitzewellen oder Extremwetterereignisse zu prognostizieren und entsprechende Maßnahmen zu entwickeln.

Ein Beispiel hierfür ist die Optimierung von Kühlstrategien für Gebäude in heißen Sommermonaten. Durch die Analyse von Wetterdaten und Gebäudeeigenschaften kann KI vorausschauend den Kühlbedarf bestimmen und Impulse für eine Kälteversorgung geben.

Durch die gesetzliche Verpflichtung zur Veröffentlichung der Wärmepläne können diese für übergreifende Analysen genutzt werden. Hierbei kann KI helfen, Synergien benachbarter Kommunen zu identifizieren oder besonders effektive Maßnahmen in einer großen Menge von Wärmeplänen zu finden.

Der Einsatz von KI und UDZ in der kommunalen Wärmeplanung ist jedoch nicht ohne Herausforderungen. Datenschutz und Datensicherheit sind zentrale Themen, die bei der Integration dieser Technologien berücksichtigt werden müssen. Die gesammelten Daten müssen sicher gespeichert und verarbeitet werden, um die Privatsphäre der Bürger zu schützen und gleichzeitig möglichst bedarfsgerecht zu planen.

Chancen und Herausforderungen für die Umsetzung

Die Umsetzung einer KI-gestützten kommunalen Wärmeplanung erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Akteuren, darunter Stadtverwaltungen, Energieversorger, Technologieanbieter und Bevölkerung.

Dennoch zeigt sich, dass die Anwendung von KI und UDZ in der kommunalen Wärmeplanung einen bedeutenden Schritt hin zu einer nachhaltigen und smarteren Stadtentwicklung darstellt. Ein entscheidender Vorteil dieser Technologien liegt in ihrer Fähigkeit, komplexe Datenmengen in Echtzeit zu analysieren und zu visualisieren, was die Effizienz der Planung erheblich steigert.

Die Integration von Künstlicher Intelligenz und Urbanen Digitalen Zwillingen in die kommunale Wärmeplanung ist nicht nur eine technische Verbesserung, sondern ein Paradigmenwechsel in der Stadtplanung. Städte, die diese Technologien erfolgreich einsetzen, sind besser gerüstet, um die Herausforderungen des Klimawandels zu bewältigen und gleichzeitig die Lebensqualität ihrer Bürger zu verbessern. Der UDZ bietet Kommunen damit die Möglichkeit eine Struktur zu schaffen, die zu Sensibilisierung und Befähigung der Bürgerschaft und anderer Beteiligter dient, aber eben auch Planungsprozesse mit Daten und Fakten unterstützt und beschleunigen kann.

Im Kontext der Smart City-Entwicklung wird deutlich, dass die kommunale Wärmeplanung mehr ist als ein technisches Projekt – sie ist ein zentraler Baustein auf dem Weg zur klimaneutralen und digitalen Stadt. Indem Städte die Möglichkeiten von KI und UDZ nutzen, können sie nicht nur ihre Klimaziele erreichen, sondern auch ihre Innovationskraft und Widerstandsfähigkeit stärken.

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