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Standpunkte Wie Österreich seine „digitale Brieftasche“ umsetzt

Florian Tursky, Staatssekretär für Digitales im österreichischen Finanzministerium
Florian Tursky, Staatssekretär für Digitales im österreichischen Finanzministerium Foto: BMF

Gestern präsentierte Österreich einen digitalen Führerschein. Der zuständige Digitalstaatsekretär, Florian Tursky, erklärt in seinem Standpunkt, wie das Projekt funktioniert, wie es weitergeht und was sonst noch beim südlichen Nachbarstaat geplant ist.

von Florian Tursky

veröffentlicht am 20.10.2022

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Die Idee ist nicht neu, die Umsetzung schon. Es wäre doch praktisch, Ausweise und Nachweise, also alles, was man beim Kontakt mit Behörden braucht, immer dabei zu haben. Nur sicher müsste es sein und stets verfügbar. Naheliegend, das Smartphone als Träger für digitale Ausweise zu nutzen und das bei der Umsetzung der Plattform oesterreich.gv.at und der App „Digitales Amt“ erworbene Know-how, das Österreich zum europäischen Vorreiter im mobilen Government gemacht hat, einfließen zu lassen.

Am Anfang des Projekts stand die Frage: Was ist eigentlich ein digitaler Ausweis? Im Kern ein kryptographisch signiertes Set von Attributen einer Person in einem staatlichen Register. Wenn man diese Daten in einer App auf dem Mobiltelefon speichert, muss man nur noch einen elektronischen Prozess bauen, um diesen digitalen Ausweis zu prüfen. Genau das wurde in Österreich nun erstmals realisiert, mit dem digitalen Führerschein als erstem Use Case.

Digitaler Führerschein: Welchen Ansatz wir gewählt haben

Zur Nutzung des digitalen Führerscheins (und vieler weiterer Nachweise und Ausweise) wurde die App „eAusweise“ gebaut, die auf der Software einer Tochterfirma der Österreichischen Staatsdruckerei basiert. Die Anmeldung in der eAusweise-App erfolgt über die elektronische Identität „ID-Austria“ in der App „Digitales Amt”.

Ausweisdaten werden immer im Rahmen einer ID-Austria-Anmeldung geladen. Praktisch springt der User dazu in die Digitales-Amt-App, gibt die Daten biometrisch frei und springt zurück in die eAusweise-App. Es ist kein Scan des Führerscheins oder eine manuelle Eingabe möglich.

Die Ausweisdaten selbst werden ausschließlich am Mobilgerät in der App gespeichert. Die Ausweisplattform speichert server-seitig nur die minimal notwendigen Daten für Bezug und Verwaltung von Ausweisen. Der Software-Hersteller hat keinerlei Zugriff auf Daten. Im Gegensatz zur Digitales-Amt-App ist die eAusweise-App auf eine Offline-Nutzung ausgelegt. Die im Rahmen einer ID-Austria-Anmeldung geladenen Führerscheindaten dürfen bis zu drei Monate offline verwendet werden.

Insbesondere Führerscheine müssen von der Polizei überprüft werden können. Wie bereits von Impfnachweisen während der Pandemie bekannt, müssen auch elektronische Ausweise immer über einen elektronischen Prozess auf Seiten des Kontrollierenden geprüft werden. Eine Verwendung als Sichtausweis („Herzeigen“ der App am Handy) ist nicht vorgesehen und auch nicht möglich. Daher wurde auch keine Darstellung des digitalen Führerscheins in der App realisiert, die wie ein Bild/Foto des Scheckkarten-Führerscheins aussieht.

Onlineprüfung durch die Exekutive

Die Polizei verfügt über die eigene „MPK App“ (Mobile Polizei Kommunikation) zum Validieren von Ausweisen.

Im Rahmen einer Verkehrskontrolle erfolgt die Prüfung online. Die Exekutivbeamtin bzw. der Exekutivbeamte scannt den QR-Code und lädt mit der enthaltenen ID (vbPK) die Führerscheindaten direkt aus dem Führerscheinregister auf sein Gerät. Sie oder er kann auch den Führerschein vorläufig abnehmen, dazu wird im Führerscheinregister ein Eintrag gesetzt.

Für die Onlineprüfung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und Organe der Straßenaufsicht steht die „GWK Check App“ (Gemeindewachkörper) zur Verfügung.

Für die Umsetzung des digitalen Führerscheins wurden das österreichische E-Government-Gesetz und das Führerscheingesetz geändert. Mit der ISO-18013-15 steht auch eine technische Norm für den digitalen Führerschein zur Verfügung. Einziger Wermutstropfen ist, dass der digitale Führerschein (derzeit) nur in Österreich gültig ist. Die App „eAusweise“ ist aber die österreichische Umsetzung des zukünftigen EU-Wallets und wird europaweit verwendbar sein.

Fragt man das Projektteam nach der Bilanz, die zum Go-live der Plattform „eAusweise“ und des digitalen Führerscheins gezogen werden kann, so ist es die Abstimmung aller genannten technischen, organisatorischen und rechtlichen Voraussetzungen sowie Rahmenbedingungen mit allen beteiligten Stakeholdern, die eine wahre Mammutaufgabe war. Rezept für den Erfolg ist eine umfassende Planung, Koordination und Kommunikation mit allen Beteiligten. Nur so konnte unter Berücksichtigung von aktuellen und zukünftigen Entwicklungen auf der Ebene europäischer sowie internationaler Gremien eine nachhaltige und zukunftsträchtige Lösung entstehen.

Florian Tursky ist Staatssekretär für Digitales im österreichischen Finanzministerium. Zuvor arbeitete er viele Jahre lang im Büro des Tiroler Landeshauptmannes Günther Platter (ÖVP), zuerst als Pressesprecher dann als Büroleiter. Vor seiner politischen Laufbahn war er CEO des Unternehmens 3D Elements.

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