Die Ziele sind wichtig und richtig, stellen aber auch eine große Herausforderung dar: Bis 2030 soll der Anteil der erneuerbaren Energien am Stromverbrauch hierzulande 80 Prozent betragen, bis 2035 sollen es volle 100 Prozent sein. Angesichts dessen steht auch für Stadtwerke fest, dass ihr traditionelles Energiegeschäft langfristig nicht mehr tragfähig sein wird. Stattdessen müssen dringend nicht nur neue Geschäftsmodelle, sondern vor allem eine klare Strategie für eine umfangreiche Transformation her.
Im Sinne ihrer Kernaufgabe, der Daseinsvorsorge, birgt die intelligente Stadtentwicklung für Stadtwerke ein riesiges Potenzial – und zwar mit allem, was dazu gehört. Allem voran steht dabei die digitale Infrastruktur, sprich der Glasfaserausbau. Können Daten umgekehrt nämlich nicht ausreichend schnell übertragen werden, wird auch eine Smart City ewig in ihren Kinderschuhen stecken bleiben. Ein Thema, das daneben unmittelbar auf die Bereitstellung der digitalen Infrastruktur aufsetzt, sind Datenplattformen.
Smart City ist alternativlos
Tatsächlich stelle ich bei meiner Arbeit immer häufiger fest, wie viele Städte und Stadtwerke sich inzwischen schon sehr konkret mit dem Aufbau einer solchen digitalen Plattform auseinandersetzen. Das ist letztendlich auch kein Wunder, ist die intelligente Vernetzung sämtlicher Lebens- und Arbeitsbereiche einer Stadt längst mehr als eine vorübergehende Trenderscheinung. Vielmehr hat die Mehrheit der Kommunen derweil verstanden, dass an Smart City langfristig kein Weg mehr vorbeiführen wird. Eine nachhaltige urbane Fortentwicklung und auch die aktive Standortförderung schreien förmlich danach.
Insofern treffen Stadtwerke mit dem Aufbau von Datenplattformen nicht nur den Puls der Zeit. Für die Versorger kann der Betrieb eines solchen Portals auch ein langfristig lukratives Geschäftsmodell darstellen. Der technologische Fortschritt wird Smart City stetig weiter vorantreiben – wer sich hier mit Hilfe einer umfangreichen Plattform frühzeitig in den Mittelpunkt des Geschehens rückt, dem werden sich auch später noch immer wieder neue Türen zu neuen Geschäftsfeldern öffnen.
Doch wie genau gelingt der Aufbau einer solchen Plattform und was gibt es dabei zu beachten? Zumindest momentan ähnelt unsere Landkarte in puncto Smart-City-Portale noch eher einem Flickenteppich, als einem flächendeckend verbreiteten Modell. Jedes Stadtwerk und jede Stadt kochen hier noch sehr ihr berühmtes „eigenes Süppchen“. Das schluckt wertvolle personelle und finanzielle Ressourcen und bremst ein übergreifendes System aus.
Gesucht: eine Open-Source-Plattform
Um hingegen Stadtwerke deutschlandweit am Prinzip der Plattformökonomie partizipieren lassen zu können, könnte eine Plattform, die Open Source zur Verfügung stellt, entscheidend Abhilfe schaffen. Mit Hilfe einer solchen Software hätte jedes Stadtwerk unabhängig seiner Größe die Chance, sich ebenfalls als Enabler der Smart City hervorzutun.
Und nicht nur das: Würde zuvor auch die Entwicklung einer solchen Open-Source-Plattform bereits in den Händen eines Stadtwerkes liegen, könnte dieses unmittelbar am Erfolg des Portals teilhaben und seine alltäglichen Erfahrungen mit Kundinnen und Kunden in den Aufbau der Plattform einfließen lassen. Umgekehrt wäre aber auch eine Lösung aus der Forschung denkbar. Bei diesem Modell wäre etwa eine verhältnismäßig neutrale Beratung für andere Stadtwerke von Vorteil.
Unabhängig davon, wer eine solche Plattform letztlich entwickelt und betreibt, gilt es dabei in jedem Fall, von Beginn an offene und standardisierte Schnittstellen sicherzustellen. Auf diese Weise könnten die Stadtwerkbetreiber entsprechend ihrer jeweiligen Standortfaktoren die Plattform individuell auf ihre Bedürfnisse anpassen. Das fördert die Innovationskraft und stärkt den Wettbewerb zwischen den Stadtwerken.
Daneben spielt der Faktor Datensicherheit eine entscheidende Rolle. Schließlich müssen Personen und Unternehmen, die die Plattform nutzen, sichergehen können, dass ihre zur Verfügung gestellten Daten ausreichend geschützt sind. Rein technisch betrachtet ist die Einführung einer solchen Datennutzungskontrolle – also einer Software, die es Nutzerinnen und Nutzern unter anderem ermöglicht, Einschränkungen beim Verwendungszweck zu erzwingen – auf jeden Fall schon möglich.
Der politische Wille ist entscheidend
Natürlich werden nicht alle Städte innerhalb weniger Jahre zu Smart Cities und auch die vollständige Verbreitung von urbanen Datenplattformen wird noch eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen. Will ein Stadtwerk hingegen schon jetzt die Weichen in diese Richtung stellen, kann die Bereitstellung eines Lorawan-Funknetzes einen möglichst niedrigschwelligen Einstieg darstellen.
Mit Hilfe von Lorawan lassen sich Daten verhältnismäßig günstig, mit niedrigem Energieverbrauch und hoher Reichweite, übertragen. Sprich, mit einem solchen Funknetz wäre für ein Stadtwerk bereits relativ schnell der erste Schritt in Richtung Smart-City-Plattform getan. Was es dafür jedoch braucht, ist der politische Wille – und genau daran hapert es vielerorts leider noch.
Jürgen Germies ist geschäftsführender Partner bei der Unternehmensberatung Haselhorst Associates in Starnberg. Dort ist der Diplom-Kaufmann unter anderem für den Geschäftsbereich Energieversorgung und kommunale Unternehmen verantwortlich. Er war an der Entwicklung der Plattform „Digitale Energiewelt“ der Deutschen Energie-Agentur (Dena) beteiligt, berät Kommunen rund um Smart City und kommunale Unternehmen zum Glasfaserausbau.