Das Pariser Klimaabkommen bedeutet, dass die Emissionen bis zur Mitte des Jahrhunderts um mindestens 80 Prozent gesenkt werden müssen. Die Energiewirtschaft muss dekarbonisiert, der Verkehrssektor konsequent auf Klimaschutz und Nachhaltigkeit ausgerichtet werden. Der Verkehrssektor ist derzeit für etwa ein Fünftel der Treibhausgasemissionen Deutschlands verantwortlich. Während in anderen Sektoren seit 1990 zum Teil deutliche Emissionsminderungen erzielt wurden, sind die Emissionen des Verkehrs im gleichen Zeitraum leicht angestiegen. Der größte Teil der Treibhausgasemissionen stammt dabei aus dem Straßenverkehr. Dieser trägt zudem wesentlich zur Feinstaubbelastung bei und war mit etwa 38 Prozent im Jahr 2015 Hauptemittent von anthropogenen Stickstoffoxiden (NOx), deren zulässiger Jahresbelastungshöchstwert vielerorts überschritten wird.
Ein zentrales Element eines klimagerechten und nachhaltigen Verkehrssystems muss die Verringerung des motorisierten Individualverkehrs sowie die Stärkung intelligenter und integrierter Mobilitätslösungen sein. Dabei können eine Verkehrsvermeidung und Verlagerung auf Schiene, ÖPNV, Rad- sowie Fußverkehr die Emission von Treibhausgasen und den Energieverbrauch verringern sowie weitere Probleme des Verkehrs wie Flächenverbrauch, Lärm und Unfallrisiken berücksichtigen.
Güterverkehr mit elektrischen Lkw
Da durch die Energiewende und zur Erfüllung der Klimaziele die erneuerbaren Energien im Zentrum des künftigen Energiesystems stehen werden, ist eine direkte Elektrifizierung des Verkehrs technologisch und wirtschaftlich effizient und mit einem realisierbaren Zubau der Anlagen vereinbar. Die Einbindung von Batterien kann systemdienlich zur Stromspeicherung und Entlastung der dezentralen Netze beitragen. Der Güterverkehr kann ebenso mit elektrischen Lkw oder aber direkt auf der Schiene stattfinden. Für lange Distanzen bieten sich flüssige Treibstoffe an, die aus erneuerbaren Energien gewonnen werden wie beispielsweise Power-to-Gas. Insbesondere für den Schiffsverkehr ist dies relevant. Der großflächige Einsatz von Power-to-Gas oder Wasserstoff für alle Verkehrsbereiche würde einen bis zu siebenfachen Mehr-Ausbau erneuerbarer Energien nach sich ziehen.
Und es bedarf einer adäquaten Infrastruktur, die heute errichtet werden muss. „Technologieoffenheit“ kann zu erheblichen Fehlentwicklungen führen, welche „sunk investments“ (verlorene Erstinvestitionen) nach sich ziehen. Eine gezielte Technologieförderung ist sinnvoll, da ein vermeintlich neutraler Regulierungsrahmen angesichts der privilegierten Ausgangslage des Verbrennungsmotors die neuen Technologien benachteiligen würde. Auch mit Blick auf die zu schaffenden Infrastrukturen sollten diejenigen Technologien gefördert werden, die langfristig die Einhaltung der Klimaziele gewährleisten. Mehrere unterschiedliche Infrastrukturen aufzubauen ist dagegen teuer und ineffizient.
Wie die Elektromobilität gefördert werden kann
Die Elektromobilität ist ein zentraler Baustein der nachhaltigen Verkehrswende. Aufgrund des sehr hohen Wirkungsgrads ist sie besonders geeignet, die Klima- und Umweltauswirkungen des Verkehrs grundlegend zu verringern. Zudem emittieren elektrische Antriebe lokal keine Schadstoffe.
Elektroautos sind allerdings nur dann sinnvoll, wenn sie mit erneuerbaren Energien kombiniert werden und Teil einer konsequent auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Verkehrspolitik sind. Gerade in Großstädten spielt neben dem öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) auch der Individualverkehr eine erhebliche Rolle. In der Zukunft werden zwei Drittel der Menschheit in Ballungsräumen mit mehr als einer Million Einwohner leben. Nachhaltige „Mobilitätsdienstleistungen“ wie Carsharing werden gerade in Ballungsräumen an Bedeutung gewinnen.
Doch wie lassen sich diese Ziele erreichen? Zunächst einmal sollte Deutschland auf einen konsequenten Kohleausstieg setzen und die erneuerbaren Energien deutlich schneller als bisher ausbauen. Außerdem sollte sich die deutsche Regierung für strengere Grenzwerte in der EU einsetzen, also das Gegenteil dessen tun, was sie derzeit macht. Zudem wird noch immer ausgerechnet der umweltschädlichste Treibstoff, der Diesel, indirekt subventioniert. Dies hat zu einem massiven Anstieg von – und letztendlich auch zu der einseitigen und schädlichen Fokussierung auf – privaten Diesel-Pkw geführt. Es wäre sinnvoll, die indirekte Subventionierung abzuschaffen und die Dieselsteuer zumindest auf das Niveau der Benzinsteuer anzuheben. Dies würde dem Staat Einnahmen von acht Milliarden Euro verschaffen. Diese Einnahmen können verwendet werden, um die Ladeinfrastruktur auszubauen und den Schienenverkehr zu stärken.
Der Markt für Elektroautos kommt bisher nur sehr schleppend voran. Wettbewerber aus anderen Ländern sind führend, nicht nur beim Bau der Fahrzeuge, sondern vor allem bei der Herstellung der Batterien. Norwegen macht vor, wie man den Anteil der Elektroautos in kürzester Zeit auf nahezu 50 Prozent erhöht – durch gezielte steuerliche und administrative Förderung. Elektrofahrzeuge werden erfolgreich in Kalifornien oder China gebaut. Europäische und deutsche Hersteller holen dagegen erst langsam auf, auch weil althergebrachte Technologien zu lange unterstützt wurden. Nur eine Kaufprämie für Elektroautos einzuführen, ohne aber die Mobilität als Ganzes auf Nachhaltigkeit auszurichten, ist wenig durchdacht und zu kurzsichtig. Die Einführung einer Elektrofahrzeugquote von 25 Prozent ab dem Jahr 2025 und 50 Prozent ab 2030 wäre besser geeignet, die Marktdurchdringung schneller voranzubringen.
Je später wir beginnen, desto teurer wird der Neuanfang
Auch dass derzeit versucht wird, bei der Batteriefertigung umzusteuern, wird bei der Zielerreichung helfen. Da die Nachfrage nach Elektromobilität stark zunehmen wird, ist es durchaus sinnvoll, eigene Kapazitäten aufzubauen. Deutsche Batteriehersteller haben ihren damaligen Wettbewerbsvorteil an Asien verloren. Nun will die deutsche Bundesregierung gegensteuern und die Batteriezellenfertigung in Europa und Deutschland erleichtern. Deutschland und auch Europa müssen sich gegen das Rohstoffmonopol aus China durchsetzen und sich nicht zu abhängig von wenigen Lieferanten machen. Aber: Eine eigene Batterieproduktion zu unterstützen ist nur dann sinnvoll, wenn dadurch eine faire und nachhaltige Rohstoffgewinnung ermöglicht und garantiert wird – verbunden mit dem Aufbau von Recyclingsystemen. Deutschland sollte sich somit zwingend für hohe Umwelt- und Sozialstandards bei der Rohstoffgewinnung einsetzen, um auch die Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten. Darin liegt eine große Chance.
Leider sind in Deutschland bisher die Weichen nicht auf eine konsequent nachhaltige Verkehrswende gestellt. Dabei ist die Automobilbranche nicht nur Deutschlands Aushängeschild, die Volkswirtschaft insgesamt baut auf eine gesunde und starke Branche. Mehr als 700.000 Menschen arbeiten in Deutschland im Fahrzeugbausektor, vor allem die Zulieferer schaffen Wertschöpfung und Arbeitsplätze. Durch alternative Antriebstechnologien und -kraftstoffe lassen sich neue Märkte erschließen, eine höhere Wertschöpfung erzielen und Arbeitsplätze schaffen. Je später wir damit beginnen, fit zu werden für die Mobilität von morgen, desto teurer wird der Neuanfang. Zusätzlich besteht die Gefahr, irgendwann die für unsere globalisierte Wirtschaft notwendigen Logistikketten nicht mehr ohne Weiteres aufrechterhalten zu können. Der Weltmarkt ist sehr wichtig. Die wirtschaftlichen Chancen einer nachhaltigen Mobilität sind gerade für die deutsche Volkswirtschaft enorm. Und wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.