Die Nachrichten für den Klimaschutz im Verkehr sind auch dieses Jahr nicht besonders positiv: Nachdem bereits in den vergangenen Jahren die Treibhausgasemissionen die gesetzlichen Einsparziele aus dem Klimaschutzgesetz nicht eingehalten hatten, vermeldete erst vor zwei Wochen Agora Energiewende, dass auch die Ziele für 2024 nach eigenen Berechnungen nicht erreicht würden. Statt der erlaubten 144 Millionen Tonnen CO2 aus dem Klimaschutzgesetz wurden demzufolge vergangenes Jahr gut 163 Millionen Tonnen CO2 im Verkehr ausgestoßen. Gleichzeitig wurden im vergangenen Jahr von den 2,8 Millionen neu zugelassenen Pkw ein Drittel als Hybridfahrzeuge und 13,5 Prozent als reine E-Autos zugelassen. Die Mehrheit der Neuzulassungen fährt also mit Verbrennungsmotor.
Im Fahrzeugbestand dominiert der Verbrennungsmotor mit 44 Millionen Pkw ebenfalls, gegenüber 3,4 Millionen Hybridautos und 1,6 Millionen batterieelektrischen Fahrzeugen. Hinzu kommen noch 3,8 Millionen Lkw und 2,4 Millionen Zugmaschinen, nahezu ausschließlich mit klassischem Verbrennerantrieb.
Die Bestandsaufnahme verdeutlicht: Ernsthafter Klimaschutz im Verkehr kommt am Verbrennungsmotor nicht vorbei. Schnelle und in der Breite wirksame Emissionsminderungen werden nur zu erreichen sein, wenn der eingesetzte Kraftstoff klimafreundlicher wird. Schließlich ist nicht die Art der Energiewandlung – Strom- oder Verbrennungsmotor – das Problem für den Klimaschutz, sondern die eingesetzte Energie.
Problem an der Wurzel packen
Und hier lässt sich mit erneuerbaren Kraftstoffen das Problem an der Wurzel packen, wie auch wieder beim 22. Internationalen Fachkongress für erneuerbare Mobilität am 20. und 21. Januar zu sehen sein wird. Schließlich sind nachhaltige Biokraftstoffe laut den neuesten Zahlen der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung der größte Klimaschutzbringer im Verkehr: Im Jahr 2023 wurden durch Biodiesel, Bioethanol, Biomethan und HVO über den gesamten Lebenszyklus hinweg zwölf Millionen Tonnen CO2 eingespart – eine Leistung, ohne die die Klimabilanz des Verkehrssektors noch deutlich schlechter aussehen würde.
Bei erneuerbaren Kraftstoffen ist noch Potenzial für mehr Klimaschutz: Bis 21. Mai steht die Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU (RED III) in nationales Recht an. Die RED III gibt vor, dass bis 2030 im Verkehr entweder 29 Prozent erneuerbare Energien erreicht sein müssen oder alternativ eine Treibhausgasminderung von mindestens 14,5 Prozent. Das Ziel einer Treibhausgasminderung ist dabei an die Logik der deutschen Treibhausgasminderungsquote angelehnt, die damit über die vergangenen Jahre Anreize gesetzt hat, dass immer klimaschonendere Kraftstoffe eingesetzt werden – aber leider auch Anlass für Betrug war, doch dazu später mehr.
Für die Umsetzung der RED III schlagen die Biokraftstoffverbände im Bundesverband Bioenergie vor, dass die bisherige Treibhausgasminderungsquote in Deutschland auf mindestens 37 Prozent 2030 angehoben wird (mit Multiplikatoren), beziehungsweise bei einer Abschaffung aller Multiplikatoren die Quote entsprechend auf 20 Prozent gesetzt wird. Wichtig ist dabei, dass ein automatischer Anpassungsmechanismus der Quote eingeführt wird, falls sich erneuerbare Erfüllungsoptionen wie E-Mobilität, E-Fuels oder fortschrittliche Biokraftstoffe besser entwickeln als vorgegeben. Dies würde vermeiden, dass der Klimaschutz Opfer seines eigenen Erfolges würde und erreichen, dass keine Klimaschutztechnologie ausgebremst wird.
Deutschland verschenkt Klimaschutz
Kurzfristig mobilisierbares Potenzial für zusätzlichen Klimaschutz im Verkehr bietet sich bei der RED III-Umsetzung auch durch eine Anhebung der Obergrenze für Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse auf das europarechtlich zulässige Maß von 5,3 Prozent. Deutschland verschenkt hier Klimaschutz, obwohl der Handlungsdruck von Jahr zu Jahr größer wird. Den Handlungsdruck merken auch Flottenbetreiber, die ihre selbst gesteckten Klima- und Energieziele möglichst schnell und effizient erreichen wollen.
Biokraftstoffe bieten dafür die perfekte Lösung: So verkündete kürzlich erst die Berliner BVG, dass sie auf dem Weg zu einer emissionsfreien Busflotte zukünftig auch auf HVO setzen werde. Eine Einsicht, die dem Umstand geschuldet ist, dass die Busse der BVG noch lange weiterlaufen werden und erneuerbare Kraftstoffe die Resilienz des Verkehrs deutlich erhöhen, indem sie eine Abhängigkeit vom Stromsystem vermeiden.
Damit nachhaltige Biokraftstoffe mittel- und langfristig ihren Beitrag zum Klimaschutz erhalten und ausbauen können, ist es zunächst jedoch nötig, die betrügerischen Importe aufzuarbeiten: Seit mehr als zwei Jahren gelangen Mengen von angeblich fortschrittlichem Biodiesel aus China auf den Markt und haben – verbunden mit gefaketen UER-Projekten – den Treibhausgasquotenpreis zum Einstürzen gebracht. Die Folgen dieses milliardenschweren Umweltskandals spürt die gesamte Biokraftstoffwirtschaft, bis hin zur Insolvenz des Biomethanhändlers Landwärme.
Umweltministerium geht tieferliegende Ursache nicht an
Das zuständige Bundesumweltministerium (BMUV) zeigt sich einigermaßen hilflos und hat mit der vergangenes Jahr beschlossenen Änderung der 38. BImSchV zwar versucht, die Symptome zu lindern, jedoch wird die tieferliegende Ursache nicht angegangen. Nötig wäre ein behördliches Zulassungsverfahren für Produzenten von fortschrittlichen Biokraftstoffen, so wie es in Belgien, Österreich und Frankreich etabliert ist und wie es Unternehmen und Verbände der Branche seit geraumer Zeit fordern.
Ministerin Steffi Lemke findet jedoch Ausreden, weshalb dies in Deutschland nicht machbar sei, und der Eindruck drängt sich auf, dass das Ministerium gar nicht an einer wirklichen Schadensbekämpfung interessiert ist. Schließlich hatte die Ministerin vor nicht allzu langer Zeit noch vorgeschlagen, die Anrechnung von Biokraftstoffen der ersten Generation bis 2030 auslaufen zu lassen.
Eins ist klar: Nachhaltige Biokraftstoffe alleine werden nicht ausreichen, um Klimaneutralität im Verkehr zu erreichen. Sie sind jedoch ein unverzichtbarer Bestandteil, wie auch das vergangenes Jahr vorgelegte Mobilitätsszenario des Bundesverbandes Erneuerbare Energie zeigt. Selbst unter den ambitioniertesten Annahmen von Verkehrsverlagerung und -vermeidung in Kombination mit einer weitestgehenden Elektrifizierung verbleibt eine energetische Deckungslücke im Verkehr, die flüssige klimaneutrale Kraftstoffe werden schließen müssen. Mit Biokraftstoffen haben wir einen Teil dieser Lösung bereits in der Hand und müssen ihn auch zukünftig zum Wohle der Energiewende im Verkehr und des Klimaschutzes nutzen.