Ich fahre gerne mit meinem Mountainbike durch den Wald. Mir reichen dafür die festen breiten Forstwege völlig aus, ich brauche nicht den Kick, quer durch das Gelände zu fahren. Andere Mountainbiker wollen abseits der große Wege Trails mit Waldboden, Hindernissen und steilen Kurven haben.
Als Waldeigentümer verpflichtet mich das Bundeswaldgesetz, das Recht der Allgemeinheit zum Betreten des Waldes zur Erholung und zum Radfahren auf Wegen zu dulden. Dieses Recht wurde 1975 geschaffen. Es war damals schon zwischen den Juristen hart umstritten, ob eine solche Duldungspflicht den Waldeigentümern im Rahmen der Sozialpflichtigkeit des Eigentums entschädigungslos abverlangt werden kann. Ein tiefer Eingriff in das Eigentum und ein hohes Gut für unsere Gesellschaft.
Erholung hat Folgen für Waldbesitzer
Seit den 70er Jahren ist die Erholungsnutzung des Waldes durch mehr Freizeit, immer mehr Sportarten, zivile GPS-Nutzung, mobile Smartphones, digitale Karten und Hightech Bikes immer intensiver geworden. Inzwischen führt die hohe Erholungsfrequenz im Umfeld urbaner Zentren und Ballungsgebiete immer häufiger zu Konflikten mit der Forstwirtschaft, mit den Jägern, die den Auftrag haben, den Wildbestand zu regulieren, und mit dem Schutz sensibler Arten.
Für Waldeigentümer sind die Folgen dieses Erholungsdrucks besonders anstrengend, weil letztendlich jeder versucht, die Verantwortung bei uns abzuladen. Fällt ein Ast vom Baum und trifft einen Waldbesucher, kommt es immer wieder vor, dass die Geschädigten oder ihre Versicherung beim Waldeigentümer Schadensersatz zu bekommen. Das geht vor Gericht meistens zugunsten des beklagten Waldeigentümers aus, aber er hat den Ärger, die Kosten für Anwälte und den Konflikt.
Illegale Wege gefährden den Wald
Als Waldeigentümer muss ich in meinem Wald entscheiden können, wo ich Bäume pflanze, Bäume fälle, Ruhe im Wald halten möchte. Ich weiß, wo in meinem Wald sensible Lebensräume und seltene Arten sind. Wo der Wald sich natürlich aussamt, junge Bäume einen neuen Wald bilden sollen, ist das Betreten unerwünscht. Deshalb kann und darf niemand in meinem Wald Wege anlegen, mit dem Mountainbike querbeet fahren oder Trails bauen. Hier setzt das Waldgesetz den Erholungssuchenden und Mountainbikern rechtliche Grenzen. Je besser die Mountainbikes werden, je mehr Menschen durch E-Bikes auch abseits der Wege, bergauf und in schwierigem Gelände fahren können, umso häufiger werden illegale Wege und Trails angelegt. Die Forst- und Naturschutzbehörden schaffen es in den meisten Fällen nicht, diese Übergriffe zu unterbinden.
Digitale Wander-Apps, die es ermöglichen, Routen aufzuzeichnen und hochzuladen, setzen dem Treiben die Krone auf. Illegal angelegte Wege werden auf solchen Plattformen mit Fotos beworben und laden zum Nachahmen ein. Hier hört der Spaß für mich als Waldeigentümer endgültig auf. Die Betreiber der Wander-Apps verdienen Geld damit, dass sie Wege und Routen durch meinen Wald bewerben. Solange es um legal angelegte oder vom Waldeigentümer freigegebene Wege geht, ist das hinnehmbar. Wenn Nutzer der Wander-Apps jedoch illegal angelegte Wege hochladen, muss der Betreiber der Wander-App gesetzlich verpflichtet werden, diese zu löschen.
Produkthaftung bei Wander-Apps
Der gerade von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) in die Ressortabstimmung eingebrachte Entwurf zur Änderung des Bundeswaldgesetzes will betroffenen Waldeigentümern dieses Problem aufhalsen. Statt sie vor illegalen Übergriffen zu schützen, will Özdemir, dass sie sich selbst kümmern und die Löschung illegaler Wege bei den Betreibern der Wander-Apps beantragen. Verkehrte Welt! Die Betreiber der Wander-Apps gehören in die Produkthaftung. Sie müssen dafür sorgen, dass nur legale Wege auf ihren Apps angezeigt werden können.
Die Fahrradindustrie macht sich einen schlanken Fuß, schaut kommentarlos zu, wie eine Minderheit mit ihren Produkten Schindluder im Wald treibt. Darunter leiden alle. Der Wald, die Tiere und Pflanzen, andere Waldnutzer, der Waldeigentümer und zuletzt das Image aller Mountainbiker, die sich gerne an Regeln halten. Hier läuft etwas gründlich schief und alle versuchen sich elegant aus der Affäre zu ziehen, auch der Gesetzgeber.