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Verkehr & Smart Mobility

Standpunkte Schlüsselelement Wasserstoff

Simon Schäfer-Stradowsky, Geschäftsführer Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität
Simon Schäfer-Stradowsky, Geschäftsführer Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität Foto: Ikem

Der öffentliche Personennahverkehr mit Bussen soll emissionsfrei werden. Von der EU beschlossene Quoten legen fest, dass zwei Drittel der neu angeschafften Busse ab 2025 „sauber“ sein müssen. Hersteller und Politik treiben vor allem die Entwicklung batteriebetriebener Fahrzeuge voran. Insbesondere bei Bussen zeigt sich jedoch, dass die alleinige Fokussierung auf batterieelektrische Antriebe riskant ist. Wasserstoff hingegen bietet viele Vorteile, schreibt Simon Schäfer-Stradowsky im Standpunkt.

von Simon Schäfer-Stradowsky

veröffentlicht am 11.06.2019

aktualisiert am 20.02.2023

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Tausende Jugendliche gehen jeden Freitag für einen besseren Klimaschutz auf die Straße. Um die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, fordern die Aktivisten, bis 2035 die Nettonull bei den Treibhausgasen zu erreichen. Die Pläne der Bundesregierung sehen dieses Ziel erst für 2050 vor. 

Während die Treibhausgas-Emissionen in nahezu allen Bereichen rückläufig waren, verbleiben die Ausstöße im Verkehrsbereich auf konstant hohem Niveau. Hersteller und Kunden geben einander gegenseitig die Schuld an der Entwicklung. 

Bis heute stehen Verbraucher der batteriebetriebenen Elektromobilität kritisch gegenüber. Sie beklagen etwa mangelnde Reichweiten der Fahrzeuge. Durchschnittlich legen Autos in Deutschland jedoch lediglich 39 Kilometer am Tag zurück. Die leidenschaftlich geführte Debatte scheint von Gefühlen statt rationaler Argumente getrieben. Nichtsdestotrotz sprechen zum Teil auch rationale Gründe gegen den Einsatz von batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen – beim Schwerlasttransport und im öffentlichen Personennahverkehr etwa.

Batteriebetriebene Busse teuer für Kommunen

Die Europäische Union gibt vor, dass 45 Prozent der ab 2021 neuangeschafften Busse keine klimaschädlichen Emissionen verursachen dürfen. Klamme Kommunen warnen jedoch davor, dass batteriebetriebene E-Busse in der Anschaffung wesentlich teurer seien als entsprechende Diesel-Fahrzeuge. Ein weiteres Manko: Die schweren batteriebetrieben E-Busse haben bis dato zu geringe Reichweiten. Da sie während der Ladevorgänge für einige Stunden nicht einsatzbar wären, müssten die Kommunen mehrere Busse für die Routen bereithalten. Zudem beklagt etwa der Deutsche Städtetag, dass die Hersteller derzeit nicht genügend Batterie-Busse produzieren könnten.

Umso verwunderlicher ist, dass Wasserstoff-Busse bislang kaum als Lösung diskutiert werden. Sie sind ebenfalls Elektrobusse und speichern die Energie in Wasserstofftanks. Die Diskussion im öffentlichen Personennahverkehr ist symptomatisch für die gesamte Mobilitätsbranche. Nach Jahren des Wasserstoff-Hypes zur Jahrtausendwende ist es ruhiger geworden um die H2-Mobilität. Dabei ist die Fahrzeug- und Infrastrukturtechnik bereits am Markt vorhanden und seit vielen Jahren erprobt. Außerdem lassen sich Wasserstoffbusse leicht in bestehende städtische Infrastrukturen integrieren. Anders als etwa beim Ausbau von Straßenbahnen müssen keine Schienen und Oberleitungen verlegt werden.

Wasserstoff hervorragende Übergangstechnologie

Mit der wachsenden Bedeutung von Sektorenkopplung sowie Power-to-Gas-Verfahren sollte Wasserstoff zurück in den Fokus der Politik und Hersteller rücken. Viele Kommunen haben in der Vergangenheit in klimafreundliche CNG- und LNG-Busse investiert. Dank Biogas fährt bereits eine große Anzahl von Fahrzeugen klimaneutral. Künftig kann zusätzlich „grüner“ Wasserstoff aus Erneuerbaren konventionellem Erd- und Flüssiggas beigemischt werden. Wasserstoff ist also eine hervorragende Übergangstechnologie.

In Japan gilt Wasserstoff als die Lösung für zukünftige Energie- und Mobilitätsfragen. Reichweiten und Tankzeiten, vergleichbar mit denen von konventionellen Fahrzeugen, zählen neben der Klimaverträglichkeit zu den größten Vorteilen der H2-Fahrzeuge.

Die Energiewirtschaft sucht zudem nach neuen Wegen, überschüssigen Wind- und Solarstrom nutzbar zu machen. An sonnen- und windreichen Tagen werden große Mengen Energie abgeregelt oder zu Schleuderpreisen exportiert. Elektrolyse speichert den Strom und stellt ihn etwa für andere Sektoren zur Verfügung. 

Große Energieunternehmen wie Nowega, RWE, Siemens, Enertrag und viele weitere haben das Potenzial erkannt. Sie haben sich zur Initiative Get H2 zusammengeschlossen, an der auch unser Forschungsinstitut beteiligt ist. Gemeinsam wollen wir uns dem Aufbau einer grünen Wasserstoffinfrastruktur in Deutschland widmen. Der Wasserstoff soll in Lingen aus erneuerbaren Energien gewonnen und in vorhandene Gas-Infrastruktur eingespeist werden. Das Projekt ist Teil des Ideenwettbewerbs „Reallabore der Energiewende“ des Bundeswirtschaftsministeriums. 

Damit die Technologie das Vertrauen der Verbraucher gewinnt, müssen die Vor- und Nachteile der Technologie transparent kommuniziert werden. Daher ist es besonders wichtig, die Herkunft des Wasserstoffs klar zu benennen. 

Beinahe willkürlich wird Wasserstoff bislang jedoch als grau, blau, grün, gelb, braun, rot oder weiß bezeichnet. Die klimaschützende Eigenschaft hat aber nur „grüner“ Wasserstoff, der mit Strom aus erneuerbaren Quellen durch Elektrolyse gewonnen wird. Mehrheitlich wird Wasserstoff aktuell aus fossilen Energieträgern hergestellt, welcher nach Belieben als „grauer“ oder „blauer“ vermarktet wird. Dabei fallen jedoch in der Regel Treibhausgase an. Klima- und umweltfreundlich ist das nicht. 

Einheitliche Farbpalette für mehr Transparenz

Soll die Farbpalette eigentlich helfen, die verschiedenen Varianten der Wasserstoffgewinnung einzuordnen, verwirrt sie Politik und Verbraucher zumeist nur. Die Branche sollte sich daher schnellstmöglich auf eine einheitliche Farbpalette entlang der emissionsmindernden Wirkung einigen und diese als Basis rechtlicher Weiterentwicklungen nehmen. 

Im nächsten Schritt sollte vornehmlich emissionsfreier Wasserstoff gefördert werden. Die Bundesregierung signalisiert dazu ihre Bereitschaft, wie die Schaffung der Reallabore verdeutlicht. Der Gesetzgeber sollte seinerseits regulatorische Hemmnisse abbauen. Beispielsweise geben Experimentierklauseln den Marktteilnehmern die Planungs- und Rechtssicherheit, in die H2-Infrastruktur zu investieren. 

Die Zukunft fährt elektrisch. In einigen Einsatzbereichen wird Wasserstoff der Energieträger erster Wahl, in anderen können batteriebetriebe Fahrzeuge ihre Vorteile ausspielen. Wichtig ist, dass die Politik alternative Antriebe technologieoffen fördert. Auch dürfen wir Kommunen bei den Herausforderungen der Verkehrswende nicht alleinlassen. Mit Blick auf die ehrgeizigen EU-Vorgaben benötigen wir attraktive Rahmenbedingungen – sowohl von Seiten der Politik als auch der Hersteller.

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