Für zähe, sich mehr und mehr in die Länge ziehende Verhandlungen sind internationale Klimakonferenzen wohlbekannt. Die COP29 ging am vergangenen Wochenende mit einer besonders langen Zitterpartie zu Ende - und enttäuschte auf ganzer Linie: Die Staatengemeinschaft hat es nach endlosen Verhandlungen verpasst, sich auf ausreichende finanzielle Unterstützung für ärmere Staaten und ambitionierteren Klimaschutz zu einigen.
Im Zentrum der diesjährigen COP stand ein neues Finanzierungsziel. Mit dem Geld sollen die reichen Industriestaaten die ärmeren Staaten beim klimafreundlichen Umbau ihrer Wirtschaft und bei der Anpassung an die bereits spürbaren Auswirkungen der Klimakrise unterstützen. Zudem ging es, wie bereits in den vergangenen Jahren, immer konkreter über den Ausgleich von Schäden und Verlusten, die die Klimakrise bereits verursacht hat.
Für diese Zahlen gibt es ein moralisches und ein ganz praktisches Argument: Die wohlhabenden Staaten des globalen Nordens tragen aufgrund ihres historisch sehr großen CO2-Fußabdrucks eine besondere Verantwortung bei der Bekämpfung der Klimakrise. Unser über Jahrhunderte gewachsener Wohlstand hat unser verbleibendes CO2-Budget drastisch zusammengeschrumpft. Gleichzeitig ist die notwendige Transformation in ärmeren Ländern, die neben der Klimakrise oft noch mit zahlreichen weiteren Herausforderungen konfrontiert sind, schlicht nicht möglich.
Finanzierungsziel bleibt weit hinter Bedarf zurück
Auf den ersten Blick kommt das neue Finanzziel wie ein Fortschritt daher: Immerhin wurde die einst zugesagte Summe in den Verhandlungen auf 300 Milliarden US-Dollar bis zum Jahr 2035 verdreifacht. Doch bei genauerem Hinsehen wird schnell klar: Es ist weit weniger Geld, als wirklich notwendig wäre.
Der in letzter Minute formulierte Auftrag – bis zur nächsten COP einen Fahrplan zur Erhöhung dieser Mittel auf 1,3 Billionen US-Dollar zu erstellen – ist ebenfalls mehr Schein als Sein: Es fehlt an Transparenz und Verbindlichkeit, die in dieser zentralen Frage so wichtig sind.
Weder ist klar, aus welchen Quellen die Mittel stammen sollen, noch ist gewährleistet, dass die Mittel – oftmals in Form von Krediten - ärmere Staaten nicht noch weiter in die Schuldenkrise treiben. Das kann einen voranschreitenden Vertrauensverlust verstärken, der den gesamten Verhandlungsprozess gefährden könnte.
Erfolge aus dem Vorjahr nicht fortgesetzt
Im vergangenen Jahr endete die COP in Dubai mit einem kleinen Hoffnungsschimmer: Am Ende der ersten weltweiten Bestandsaufnahme stand die eindringliche Warnung, dass die bisherigen Klimaschutzanstrengungen nicht genügen, um die Erderwärmung auf bestenfalls 1,5 Grad zu begrenzen. Vor diesem Hintergrund wurde eine Abkehr von fossilen Brennstoffen in der Energieproduktion, bis 2030 eine Verdopplung der Energieeffizienz und eine Verdreifachung der weltweiten Kapazitäten für erneuerbare Energien sowie der Abbau ineffizienter Subventionen für fossile Energieträger beschlossen.
2025 müssen alle Vertragsstaaten ihre nationalen Klimaschutzpläne (NDCs) vorlegen. Zusammen machen sie den Kern der Ambitionssteigerung des Pariser Abkommens aus.
Von Anfang an wurde kritisiert, dass dieser Prozess stark auf der Freiwilligkeit der Staaten beruht – und damit wenig verbindlich ist. Es wäre daher ein wichtiges politisches Signal gewesen, wenn die COP in diesem Jahr konkretisiert hätte, wie diese Absichtserklärungen in den NDCs verankert werden sollen. Doch auch hier blieb die COP hinter den Erwartungen zurück und brachte keine nennenswerten Fortschritte hervor.
Öl- und Gasstaat führte Verhandlungen
Die diesjährige Konferenz schien von Anfang an unter keinem guten Stern zu stehen: Zum dritten Mal in Folge war ein Staat Gastgeber der COP, der ein starkes wirtschaftliches Interesse an der fossilen Industrie besitzt und gleichzeitig eine äußerst negative Bilanz bei der Einhaltung der Menschenrechte und dem Schutz der Presse- und Meinungsfreiheit aufweist. So bezeichnete der Präsident des Gastgeberlandes, Ilham Alijew, die Klimakiller Öl und Gas gleich zu Beginn der Konferenz als „Geschenk Gottes“.
Auch beim geplanten Abschluss der Konferenz gab es nichts zu feiern: Nachdem die COP in die Verlängerung gehen musste, entwickelte sich ein mehr als 24-stündiger Krimi mit ungewissem Ausgang. Zeitweise verließen die Delegationen der verletzlichsten Staaten den Verhandlungstisch.
Der Verhandlungsentwurf für ein neues Finanzziel war so schwach, dass er den drastischen Auswirkungen, die diese Staaten schon heute erleben, alles andere als gerecht werden konnte. Rufe wurden laut, dass kein Deal besser sei als ein schlechter Deal. Schließlich kam es in der Nacht von Sonntag auf Montag zum Abschluss – den Vertreter*innen der Zivilgesellschaft einhellig als katastrophal beschrieben.
Was von der COP übrigbleibt
Am Ende der Klimakonferenz scheint die Kluft zwischen der Ambitionslosigkeit der Beschlüsse und dem Ernst der Lage größer denn je. Während Jahr für Jahr neue Temperaturrekorde aufgestellt werden und ganze Landstriche in Waldbränden oder Überschwemmungen versinken, bleibt von der COP wenig übrig. Die eindrücklichen Berichte unserer Kolleg*innen aus Ländern, die schon heute besonders stark von der Klimakrise betroffen sind, zeigen jedoch deutlich, dass an einem gerechten und ambitionierten Klimaschutz kein Weg vorbeiführt.
Die COP29 ist vorbei. Doch eine echte und gerechte Transformation muss auf allen Ebenen weitergehen. Denn nach der Konferenz ist vor der Bundestagswahl und vor der Formulierung neuer NDCs auf EU-Ebene.
Letztlich kann Klimaschutz nur als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden werden, bei der eine starke Zivilgesellschaft den Wandel vorantreibt und die Politik immer wieder lautstark daran erinnert, Lösungen zu finden, die unsere ökologischen Lebensgrundlagen nicht weiter gefährden und eine nachhaltige Zukunft für das Gemeinwohl ermöglichen.