Pendimethalin ist, ähnlich wie der bekannte Unkrautvernichter Glyphosat, ein Herbizid, das in der konventionellen Landwirtschaft zur Bekämpfung unerwünschter Beikräuter eingesetzt wird. Es zählt zu den meistverkauften Pestiziden in Deutschland, mit einem Absatz von rund 665 Tonnen im Jahr 2023. Der Wirkstoff steht im Verdacht, sowohl das Hormonsystem zu stören als auch krebserregend zu sein.
In den USA wird Pendimethalin bereits als „möglicherweise krebserregend für den Menschen“ eingestuft. Darüber hinaus gibt es Hinweise darauf, dass Pendimethalin Kinder im Mutterleib schädigen kann.
Auch für die Umwelt ist der Stoff hochproblematisch: Er ist extrem giftig für Wasserlebewesen, schwer abbaubar und reichert sich in Organismen immer weiter an. Bereits 2015 wurde Pendimethalin wegen seiner negativen Eigenschaften auf die EU-Liste der Pestizide gesetzt, die durch weniger gefährliche Alternativen ersetzt werden sollten.
Pendimethalin verbreitet sich unkontrolliert durch die Luft
Problematisch ist der Wirkstoff auch deshalb, weil er sich besonders leicht über die Luft und über sehr weite Strecken vom ursprünglichen Einsatzort entfernt. Studien belegen, dass Pendimethalin bis zu 1000 Kilometer weit transportiert werden kann. Dadurch gelangt es in Gebiete, die eigentlich vor solchen Schadstoffen sicher sein sollten. Messungen des Umweltinstituts zeigen, dass der Unkrautvernichter nicht nur auf Äckern nachweisbar ist, sondern auch in Schutzgebieten, in Städten und in privaten Gärten.
Doch statt den Einsatz des Pestizids mit Auslaufen der aktuellen Zulassung zu verbieten, bleibt es weiterhin erlaubt: Im Juli wurde die EU-Zulassung für das Pestizid „technisch verlängert“. Der Stoff bleibt damit zwei weitere Jahre auf dem Markt, obwohl keine aktuelle Risikobewertung vorliegt und die EU längst beschlossen hat, dass er verboten werden soll. Diese Verlängerung sorgt dafür, dass Pendimethalin weiterhin in die Luft, in Schutzgebiete und in unsere Wohnorte gelangt.
Technische Verlängerung: Ein Freifahrtschein für gefährliche Pestizide
Was bei Pendimethalin passiert ist, ist kein Einzelfall: Die Praxis der technischen Verlängerung ist im EU-Zulassungsprozess beinahe schon Routine. Sie erlaubt, dass die Zulassung eines Pestizids bestehen bleibt, wenn die Neubewertung der Risiken nicht rechtzeitig abgeschlossen wurde und die Verzögerung nicht durch die Hersteller verursacht wurde, die den Zulassungsantrag gestellt haben.
Das Problem: Neue wissenschaftliche Erkenntnisse werden deshalb nicht zeitnah berücksichtigt. Im Fall von Pendimethalin wurde die Zulassung verlängert, obwohl inzwischen klar ist, dass der Wirkstoff erhebliche Gesundheits- und Umweltschäden verursachen kann. Links zu entsprechenden Studien enthält der Antrag auf Überprüfung der Genehmigungsverlängerung von Pendimethalin an die Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit bei der EU-Kommission.
Etliche Pestizide bleiben aufgrund solcher Verlängerungen über Jahre hinweg auf dem Markt, ohne dass die Risiken neu bewertet wurden oder aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigt werden. Mit dem in der EU geltenden Vorsorgeprinzip, das eine Zulassung schon bei möglichen Gefahren für Mensch und Umwelt ausschließt, ist diese Praxis überhaupt nicht vereinbar.
Klage soll Präzedenzfall schaffen
Gemeinsam mit dem Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft hat das Umweltinstitut nun rechtliche Schritte gegen die verlängerte Zulassung von Pendimethalin eingeleitet. Im Fokus steht dabei nicht nur der Wirkstoff an sich, sondern die grundsätzliche Frage, ob Zulassungsverlängerungen von Pestiziden ohne Risikoprüfung dem Vorsorgeprinzip und geltendem Recht in der EU widersprechen.
Das Umweltinstitut fordert eine grundlegende Überarbeitung der Praxis der technischen Verlängerung, um die Gesundheit der Menschen und den Schutz der Umwelt sicherzustellen. Das behördliche Verschleppen der fälligen Risikobewertungen von hoch gefährlichen Pestiziden muss umgehend ein Ende haben – zur Not durch gerichtliche Anordnung.