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Energie & Klima

Anna-Katharina Stumpf

Anna-Katharina Stumpf, Geschäftsstellenleiterin Forschungsfeld Bioökonomie, Fraunhofer-Gesellschaft
Geschäftsstellenleiterin Forschungsfeld Bioökonomie, Fraunhofer-Gesellschaft Foto: Fraunhofer IAP

Bioökonomie und Kreislaufwirtschaft sind ein Teilaspekt nachhaltigen Wirtschaftens. Anna-Katharina Stumpf befasst sich für die Fraunhofer-Gesellschaft mit diesen Themen. Sie sieht in der Bioökonomie eine Antwort auf den Klimawandel.

boris messing

von Boris Messing

veröffentlicht am 15.12.2023

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Seit Juni 2021 arbeitet Anna-Katharina Stumpf für die Fraunhofer-Gesellschaft als Leiterin der Geschäftsstelle des Strategischen Forschungsfelds Bioökonomie. Ihre Kernaufgaben bestehen darin, Forschungsergebnisse und daraus abgeleitete Handlungsempfehlungen in Politik und Industrie zu tragen und Akteure miteinander zu vernetzen. Die Kommunikation und Vermittlung von naturwissenschaftlicher Forschung ziehen sich wie ein roter Faden durch ihre Vita. 

Wissenschaft und Kommunikation 

Stumpf wuchs in Attendorn im Sauerland auf. Bereits als Kind, sagt sie im Gespräch mit Tagesspiegel Background, habe sie sich Gedanken über biologische Prozesse gemacht. Sie wollte wissen, wie Prozesse in der Natur ablaufen, Menschen mit der Natur interagieren und aus ihr lernen können. Ihre Mutter, eine pharmazeutisch-technische Assistentin, nahm sie oft mit zur Arbeit. „Ich bin schon früh mit der Apotheke in Berührung gekommen“, erzählt Stumpf. Früh stand für sie fest, dass sie entweder Forscherin oder Wissenschaftsjournalistin werden würde. Es wurde dann ein Zwischending aus beidem. 

Die heute 34-Jährige studierte Biotechnologie in Bielefeld und promovierte am Institut für Molekulare Mikrobiologie und Biotechnologie an der WWU Münster. Während des Studiums nahm sie an einer Studenteninitiative teil, bei der es darum ging, „wie man Studierende mit der Industrie verbindet und Forschung in die Gesellschaft bringt“. Im Kontext ihrer Promotion und als wissenschaftliche Mitarbeiterin arbeitete sie in einem vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Projekt zur Wertschöpfung von pilzlichen Fermentationsabfällen durch die Herstellung von Feinchemikalien. 

Bioökonomie und Kreislaufwirtschaft 

Mehr als 50 Staaten, darunter Deutschland, haben bereits eine eigene Bioökonomiestrategie entwickelt. Das zeigt die Signifikanz, die dieser Wirtschaftsform als Beitrag zu Ressourceneffizienz und Klimaschutz beigemessen wird. „Kreislaufwirtschaft und Bioökonomie wirken hierbei synergetisch“, sagt Stumpf. Die Bioökonomie halte vielfältige technologische Innovationen bereit, die eine Etablierung einer emissions- und schadstoffarmen Produktion sowie kreislauforientierten Wirtschaft ermöglichen sollen. Dazu zählen unter anderem biobasierte Kunststoffe, Biowerkstoffe als Baumaterialien, CO2 als Rohstoff oder Chemierohstoffe und Kraftstoffe durch thermochemische Verfahren.

In der Bioökonomie werden biobasierte Ressourcen, biologisches Wissen und moderne Technologien in die Anwendung gebracht. Pilze, genauer Myzelwerkstoffe, sind ein gutes Beispiel: Pilzmyzel lässt sich als Dämmmaterial im Bausektor oder zur Herstellung von Werkstoffen vergleichbar mit Leder verwenden. Das macht sie zu einem zentralen Baustein einer Kreislaufwirtschaft. Biobasierte Kunststoffe andererseits kommen ohne Rohöl in der Herstellung aus und lassen sich theoretisch in perpetuum wiederverwerten. 

Stumpf befasst sich genau mit diesen Prozessen und damit, wie man sie in die Gesellschaft tragen kann: „Wie schaffen wir es, die Technologien, die wir entwickeln, in die Industrie zu bringen? Was sind die Bedarfe der Industrie?“ Bereits nach ihrer Promotion konzentrierte sie sich für ihren Arbeitgeber Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie auf die „Vernetzung von Industrie, Politik, Forschung und Gesellschaft“. Eine Arbeit, die sie nun für die Fraunhofer-Gesellschaft fortführt – mit dem Fokus Bioökonomie. 

Die Wirtschaft ist noch immer stark auf erdölbasierte Produktion eingestellt. Eine Transformation ist sehr kostspielig und braucht viele Innovationen. Vor rund einem Jahr stellte die Fraunhofer-Gesellschaft unter Federführung von Stumpf in diesem Zusammenhang eine Roadmap für eine zirkuläre Bioökonomie für die Politik zusammen. Stumpf fordert von der Politik, dass biobasierte Produkte auch „den Preis wert sein müssen, den sie wirklich wert sind“. Das heißt für sie im Umkehrschluss, emissionstreibende Technologien stärker zu besteuern und alternative Technologien gezielter zu fördern. Nur so könne die Transformation gelingen. Boris Messing


Wer rettet das Klima? Die Politik oder die/der Einzelne?
Das Klima kann nur durch gemeinsames Handeln von Politik und Gesellschaft gerettet werden. Die Politik hat die Aufgabe, den Rahmen für eine in allen Dimensionen (sozial, ökologisch, ökonomisch) nachhaltige und generationengerechte Entwicklung zu schaffen. Entscheidend ist hierbei die Akzeptanz dieser Maßnahmen in der Bevölkerung und die Bereitschaft, diese Veränderungen mitzutragen. Gleichzeitig ist es jedoch unerlässlich, dass jede(r) Einzelne Verantwortung übernimmt und im Alltag klimabewusst handelt.

Auf welchen Flug würden Sie nie verzichten?
Generell sollte zuerst dort angesetzt werden, wo es umweltfreundlichere Alternativen gibt und kein direkter Verzicht notwendig ist, zum Beispiel bei Inlands- und Kurzstreckenflügen auf die Bahn ausweichen. Darüber hinaus ist es unerlässlich, dass neben den individuellen Entscheidungen des Einzelnen auch Politik und Industrie den technologischen Fortschritt zur nachhaltigeren Mobilität vorantreiben.

Wer in der Energie- und Klimawelt hat Sie beeindruckt?
Mich beeindrucken nicht einzelne Personen, sondern viele Akteure und Organisationen wie beispielsweise Scientists for Future, wo unter anderem auch Wissenschaftler:innen aus der Fraunhofer-Gesellschaft aktiv sind. Ihre Arbeit bringt den aktuellen Stand der Forschung in verständlicher Form in die gesellschaftliche Debatte um Nachhaltigkeit und Zukunftssicherung ein. Das ist insbesondere vor dem Hintergrund von Fake-News und dem hohen Maß an Emotionalität in den Diskussionen zum Klimawandel enorm wichtig.

Welche Idee gibt der Energiewende neuen Schwung?
Viele Technologien sind bereits vorhanden, um die Energiewende voranzutreiben. Diese müssen aber oft noch aus dem Labor in die Industrie überführt werden. Ein Beispiel ist „Carbon Capture and Utilization“ (CCU). Wo CO2 nicht vermieden werden kann, sollte es stofflich genutzt werden. Schon heute lassen sich niedermolekulare Grundstoffe über Wasserstoff und CO2 herstellen. Für komplexere Moleküle sollten auch biotechnologische Verfahren in Betracht gezogen werden. So können wir das klimaschädliche Abfallprodukt CO2 als Rohstoff für Textilien, Kosmetika oder Kraftstoffe nutzen; alles Branchen, mit denen sich die Fraunhofer-Gesellschaft bereits befasst.

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