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Standpunkte Eine Zukunftsvision zur Entlastung der Pflegebranche

Arun Ananth ist Geschäftsführer des deutschen Pflegehilfswerks
Arun Ananth ist Geschäftsführer des deutschen Pflegehilfswerks Foto: privat

Die Pflegebranche sieht sich weiterhin mit einem wachsenden Fachkräftemangel und der Überlastung der Pflegenden konfrontiert. Entlastung könnten digitale Pflegeanwendungen bieten, die ab Januar offiziell starten sollen. Nur: Bislang gibt es keine einzige zertifizierte Anwendung auf dem Markt. Warum das so ist und wie DiPA die Pflege nachhaltig entlasten können, beleuchtet Arun Ananth, Geschäftsführer des deutschen Pflegehilfswerks, im Standpunkt.

von Arun Ananth

veröffentlicht am 11.11.2024

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DiPA sind spezielle Formen der bereits etablierten Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA), die über Apps oder Browser verwendet werden und auf pflegespezifische Bedürfnisse zugeschnitten sind. Sie bieten Funktionen wie Gedächtnistraining für Demenzpatienten oder Übungen zur Sturzprävention. DiPA sollen die Pflegekräfte in ihrer täglichen Arbeit unterstützen und dazu beitragen, Pflegeprozesse effizienter zu gestalten.

Warum gibt es trotz der Dringlichkeit bisher noch keine zertifizierten Anwendungen? Die Gründe hierfür liegen in den hohen regulatorischen Anforderungen, die die Hersteller von DiPA erfüllen müssen. Ab dem 1. Januar 2025 gelten für alle digitalen Pflegeanwendungen strenge Datenschutz- und Sicherheitsvorgaben, die in der Technischen Richtlinie BSI TR-03161 verankert sind. Diese stellen hohe Anforderungen an Unternehmen und Anbieter, eröffnen jedoch auch Chancen für mehr Vertrauen und Sicherheit im Umgang mit digitalen Pflegehelfern.

Darüber hinaus stellt die Integration von DiPA in die Arbeitsabläufe der Pflegebetriebe eine Herausforderung dar. Pflegeeinrichtungen müssen ihre Prozesse umstellen und Mitarbeitende schulen, um die neuen Technologien erfolgreich zu implementieren. Das bedeutet, dass technische, organisatorische und auch personelle Ressourcen notwendig sind, um DiPA flächendeckend einzuführen.

Lösungsansätze zur erfolgreichen Etablierung von DiPA

Um die Einführung von DiPA zum Erfolg zu führen, sind mehrere Ansätze notwendig:

  • Standardisierung: Die Entwicklung einheitlicher Standards für DiPA ist essenziell, um Interoperabilität und Qualität zu gewährleisten.
  • Forschung und Evaluation: Es müssen verstärkt Investitionen getätigt werden, um die Wirksamkeit und den Nutzen von DiPA zu erforschen und nachzuweisen.
  • Kooperationsmodelle: Partnerschaften zwischen DiPA-Herstellern, Pflegeeinrichtungen und Kostenträgern sollten gefördert werden, um die Anwendungen praxisnah zu gestalten und zu optimieren.
  • Digitale Kompetenz: Um DiPA effektiv einsetzen zu können, bedarf es umfassender Schulungsprogramme sowohl für Pflegekräfte als auch für pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen.

Die Rolle der TI: Grundlage für eine vernetzte Pflege

Ein entscheidender Faktor für den Erfolg von DiPA ist die Integration in die bereits bestehende digitale Gesundheitsinfrastruktur. Hier spielt die Telematikinfrastruktur (TI) eine zentrale Rolle. Die TI, die bereits im Gesundheitswesen etabliert ist, bietet eine sichere und schnelle Kommunikation zwischen Ärzten, Apotheken und Krankenhäusern. Ab 2025 sollen auch Pflegeeinrichtungen an dieses Netzwerk angebunden werden.

Durch die TI können wichtige Daten wie elektronische Medikationspläne (eMP) und Notfalldatenmanagement (NFDM) zentral auf einer Plattform gespeichert und in Echtzeit abgerufen werden. Dies stellt sicher, dass Pflegekräfte immer Zugang zu den aktuellen Gesundheitsinformationen ihrer Patienten haben. Gleichzeitig werden unsichere Kommunikationsmethoden wie Fax oder E-Mail endgültig ersetzt, was den Datenschutz erheblich verbessert.

Für Pflegeeinrichtungen ist die Anbindung an die TI zunächst freiwillig, ab Juli 2025 jedoch verpflichtend. Der Übergang zur TI bedeutet für viele Betriebe nicht nur technische, sondern auch organisatorische Anpassungen. Dennoch ist sie ein essenzieller Schritt, um die Pflegeprozesse langfristig zu digitalisieren und effizienter zu gestalten.

Fazit: Baustein zur Entlastung der Pflegebranche

Digitale Pflegeanwendungen bieten ein enormes Potenzial, um die Pflegebranche zu entlasten und Pflegeprozesse effizienter zu gestalten. Doch trotz aller Chancen bleibt klar: DiPA werden die Krise im Pflegebereich nicht vollständig lösen, sie können jedoch einen wertvollen Beitrag leisten, um Pflegekräfte zu entlasten und pflegebedürftigen Menschen mehr Autonomie zu ermöglichen. Wichtig ist, dass alle Beteiligten – von Herstellern über Pflegeeinrichtungen bis hin zur Politik – an einem Strang ziehen, um DiPA so schnell wie möglich in den Pflegealltag zu integrieren.

Arun Ananth ist Geschäftsführer des Deutschen Pflegehilfswerks und spezialisiert auf innovative Lösungen in der häuslichen Pflege.

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