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Standpunkte Chatbot ist nicht gleich Chatbot

Tushaar Bhatt, Geschäftsführer des Start-ups Convaise
Tushaar Bhatt, Geschäftsführer des Start-ups Convaise Foto: Convaise

Chatbots können die Kommunikation mit Bürger:innen beschleunigen und erleichtern – aber nur, wenn sie richtig eingesetzt und eingebettet werden. Tushaar Bhatt, Geschäftsführer des Start-ups Convaise, einem Anbieter von Chatbots, gibt drei Tipps für die Umsetzung in Kommunen.

von Tushaar Bhatt

veröffentlicht am 18.08.2022

aktualisiert am 09.02.2023

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Immer mehr öffentliche Einrichtungen auf Ebene der Kommunen, der Länder und des Bundes setzen auf Chatbots – doch was steckt eigentlich dahinter? Einfach ausgedrückt sind Chatbots Computerprogramme, die maschinelles Lernen und Künstliche Intelligenz (KI) nutzen, um Aufgaben zu erledigen und dabei den Prinzipien menschlicher Kommunikation zu folgen.

Chatbots werden entwickelt, um die Interaktion zwischen Menschen und Organisationen zu optimieren, indem sie die Benutzerfreundlichkeit erhöhen und die Ausführung von Aufgaben erleichtern. Im öffentlichen Sektor werden Chatbots eingesetzt, um unter anderem die Kommunikation mit Bürger:innen zu vereinfachen. So können beispielsweise häufig gestellte Fragen oder Anfragen durch den Chatbot entgegengenommen und verarbeitet oder bei anspruchsvolleren Assistenten ganze Prozesse abgebildet werden. Die Bots werden den Bürger:innen über Webseiten, Apps oder Messenger-Dienste bereitgestellt.

Ziel von Chatbots ist es, die Zufriedenheit der Bürger:innen zu verbessern und auch die Arbeitsbelastung von Mitarbeiter:innen und die Reaktionszeiten zu reduzieren. Dies wird erreicht, indem Routineaufgaben an Chatbots delegiert werden. Dadurch können Mitarbeiter:innen vermehrt Arbeitszeit in komplexere Aufgaben investieren.

Doch beim Einsatz von Chatbots gibt es einiges zu beachten, um einen erfolgreichen Betrieb zu gewährleisten. Denn Chatbots, die nicht ausgehend vom Bedarf der Bürger:innen und der Verwaltung entwickelt werden, sorgen oft für unzufriedene Nutzer:innen und verfehlen ihre Projektziele. Die folgenden drei Grundsatzfragen sollten deshalb vor der Einführung berücksichtigt werden.

Grundsatzfrage 1: Welche Art von Chatbot möchte ich haben?

Wie der Titel schon andeutet, kann der Chatbot je nach Anwendungsfall sehr unterschiedliche Charakteristika aufweisen und je nach Ziel und Zielgruppe sollten diese bedacht gewählt werden. Grundsätzlich differenzieren wir zwischen Assistenten mit einer offenen und geschlossenen Domäne.

Assistenten mit einer offenen Domäne begegnen uns in Form von Lösungen wie Alexa oder Siri oft im Alltag – diese können uns vom Wetter in Mannheim bis zum Geburtstag von Angela Merkel Fragen mit nahezu keinen inhaltlichen Einschränkungen beantworten. Diese Lösungen basieren auf einer Reihe großer Sprachmodelle und benötigen eine wesentliche Datengrundlage, die konstant aktualisiert wird.

Im öffentlichen Sektor werden Assistenten meist in einer geschlossenen Domäne betrieben. Das bedeutet, dass Prozesse, Inhalte und Modelle auf ein bestimmtes Thema, wie zum Beispiel das Coronavirus oder eine bestimmte Region, limitiert sind. Je genauer und spezifischer die Domäne definiert ist, beispielsweise ein einzelner Prozess wie die Gewerbeanmeldung, desto tiefer kann der Chatbot inhaltlich unterstützen und schneller eine Produktivlösung bereitstellen.

Ob offene oder geschlossene Domäne, ein wesentlicher Mehrwert von Chatbots ist, dass sie durch die Nutzung automatisiert weiterlernen und sich verbessern können. In welchem Umfang dies geschieht, muss konfiguriert werden, um die Qualitätsprüfung des Chatbots zu sichern. Die Möglichkeiten reichen von voll selbstlernendes System bis hin zu vollständiger manueller Pflege und allem dazwischen.

Grundsatzfrage 2: Wie ist der Bot in die User Journey eingebunden?

Um den Mehrwert und die Nutzung zu maximieren, ist es essenziell zu verstehen, wie der Bot in die sonstigen digitalen und analogen Berührungspunkte mit der Zielgruppe einbettet ist. Die Wahl der Funktionalitäten des Bots hängt nämlich auch davon ab, welche bestehenden Informationsquellen innerhalb der Webseite und darüber hinaus existieren. Der Chatbot sollte konsistent aber auch komplementär zu den bereits verfügbaren Informationen sein.

Hierbei können die verschiedenen Messaging-Kanäle, Webseite/App-Integrationen oder die mehrsprachige Bedienung eine wesentliche Rolle spielen. Es ist essenziell, diese Prozesse und Möglichkeiten zu dokumentieren und durch den Austausch mit Bürger:innen zu validieren. So vermeidet man unzufriedenstellende Nutzungserfahrungen.

Grundsatzfrage 3: Wie integriert sich der Bot in die aktuellen Arbeitsabläufe?

Obwohl sie häufig so eingesetzt werden, können Bots deutlich mehr als nur einzelne Fragen beantworten. Durch effiziente Modellierung und spezialisierte KI-Modelle können sie mehrstufige Konversationen führen und andere IT-Systeme über Schnittstellen ansprechen und sie integrieren. Um dies zu realisieren, ist es wichtig zu verstehen, wie der Assistent in die aktuellen Prozesse und Arbeitsabläufe integriert werden kann.

Diese Frage hat gewisse Parallelen zu den Erfahrungen aus der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG). Denn auch hier wird diskutiert, wie im Zuge der neu ausgerichteten Herangehensweise nicht nur die Interaktion mit Bürger:innen, sondern auch der Prozess innerhalb der Verwaltung als Teil der Transformation verbessert werden kann.

Dies ist bei Chatbots, die komplexe Interaktionen wie das Erstellen von Anträgen unterstützen, nicht anders. Der Chat stellt lediglich das intuitive Interface zu Bürger:innen dar. Die eigentliche Wertschöpfung und der daraus entstehende Mehrwert wird durch die im Backend modellierten Konversationen, Integrationen und die KI-Modelle für den freien Dialog realisiert.

Wie die Inhalte, die Integrationen und KI-Modelle erstellt und bearbeitet werden, hängt von der verwendeten Chatbot-Verwaltungsplattform ab. Die Möglichkeiten der Verwaltungsplattform bestimmen den redaktionellen Aufwand und die Prozesse, die bei der Einführung der Lösung analysiert und mit den verfügbaren Ressourcen abgeglichen werden müssen. Hier kann sich der Einsatz von No-Code-Lösungen anbieten, um bei der Umsetzung den Aufwand im Vergleich zur manuellen Entwicklung drastisch zu reduzieren und die Erstellung und den Betrieb mit minimalem Einsatz von IT-Ressourcen zu realisieren.

Idealerweise wird diese Integration und die dahinterliegende Verwaltung an einem reduzierten Funktionsumfang validiert, bevor der Chatbot mit voller Funktionalität entwickelt wird. Dabei ist es von elementarer Bedeutung, die relevanten Fachbereiche zu involvieren.

Fazit: Auf die richtige Umsetzung kommt es an

Gegeben dieser Grundsatzfragen hoffen wir für die Zukunft, dass Chatbots immer mehr und komplexere Prozesse und Interaktionen mit Bürger:innen unterstützen werden. Dabei sollte bei der Einführung der Mehrwert von Chatbots sowohl für die Bürger:innen, als auch für die öffentliche Verwaltung analysiert und anhand eines klar definierten, kleinen Anwendungsfalls hypothesengetrieben validiert werden.

Werden diese Punkte bei der Umsetzung von Chatbotprojekten berücksichtigt und nutzerzentriert umgesetzt, können Chatbots schon heute einen großen Mehrwert für alle beteiligten Parteien liefern.

Tushaar Bhatt ist Mitgründer und Geschäftsführer des Münchner Start-ups Convaise. Das Start-up ist auf digitale Assistenten für Kommunen und den öffentlichen Sektor spezialisiert.

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