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Verkehr & Smart Mobility

Standpunkte E-Fuels sind keine Lösung

Jannis Dörhöfer, Referent New Mobility, VdTÜV
Jannis Dörhöfer, Referent New Mobility, VdTÜV Foto: VdTüv

Um eine sichere und nachhaltige E-Mobilität zu garantieren, müssen Systeme und Bauteile der Fahrzeuge regelmäßig von unabhängigen Stellen geprüft werden, fordert Jannis Dörhöfer in seinem Beitrag. Der Referent New Mobility beim VdTÜV sieht neben der Batterie auch in Wasserstoff und Brennstoffzelle wichtige Zukunftstechnologien, E-Fuels räumt er dagegen wenig Klimaschutzpotenzial ein.

von Jannis Dörhöfer

veröffentlicht am 09.07.2020

aktualisiert am 29.11.2022

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Auch bei der zunehmenden Diversifizierung der Antriebstechnologie bleibt die Straßenverkehrssicherheit ein wichtiger Treiber für mehr Innovation, Investitionen, Wachstum und Beschäftigung im Automobilbau. Während der Lebensdauer des Fahrzeugs muss seine Sicherheit nach wie vor hinsichtlich des Zustands, der Funktion und der Wirkung seiner Bauteile und Systeme gewährleistet sein.

Da immer mehr elektronische und digitale Komponenten bei Fahrzeugen zum Einsatz kommen, umfasst die Hauptuntersuchung auch die Prüfung dieser Systeme auf Einhaltung der geforderten Systemdaten über die sogenannte On-Board-Diagnose- (OBD-)Schnittstelle im Fahrzeug. Da diese Schnittstelle für Fahrzeuge ohne Verbrennungsmotor erst mit der neuen Typgenehmigungsverordnung EU 2018/858 obligatorisch vorgeschrieben ist, müssen die internationalen Bauschriften für Elektrofahrzeuge jetzt angepasst werden. Sicherheit muss auch bei Elektromobilität höchste Priorität haben.

Batterien sind, neben der wasserstoffbetriebenen Brennstoffzelle, der zentrale Baustein für die Umsetzung der Elektromobilität. Nachhaltige Elektromobilität heißt, in einem global organisierten geschlossenen Stoffkreislauf umwelt- und kostenkritische Rohstoffe für die Antriebsbatterie wiederzuverwerten und zu recyceln beziehungsweise auch einzelne Module der Batterie aufzubereiten. Für dieses Ziel müssen noch zahlreiche Fragen, wie beispielsweise eine verbindliche Definition des Alterungszustands (State of Health – SoH) der Antriebsbatterie, geklärt werden.

Wasserstoff- und Brennzellstoffzellentechnologien weiter ausbauen

Momentan legt der Fahrzeughersteller den Grenzwert des SoH fest, laut dem die Antriebsbatterie für die Verwendung in Elektrofahrzeugen nicht mehr ausreichend einsatzfähig ist. Zukünftig sollte die regelmäßige Sicherheitsprüfung und unabhängige Bewertung eines fahrzeugübergreifenden und allgemeingültig anwendbaren SoH-Status der Antriebsbatterie sowohl im Rahmen der periodischen technischen Überwachung als auch bei der Gebrauchtwagenbewertung durchgeführt werden.

Wasserstoff wird in den weltweiten Aktivitäten zur Dekarbonisierung eine sehr zentrale Rolle spielen. Für bestimmte Bereiche ist der Wasserstoff sogar die einzige Option für eine vollständige Reduktion von klimaschädlichen Gasen, etwa im Flugverkehr auf der Langstrecke und bei der Substitution von kohlenstoffintensiven Prozessen in der Stahlherstellung oder in der Chemieindustrie. Die Speicherfähigkeit des Wasserstoffs macht ihn zu einem wertvollen Sekundärenergieträger, durch ihn lassen sich die Herstellung und die Verwendung von erneuerbaren Energien zeitlich und räumlich entkoppeln – saisonal, aber auch über große Entfernungen.

Die aktuellen Wasserstoff-Strategien der Europäischen Union und der Bundesregierung reflektieren diese wichtigen Eigenschaften des Wasserstoffs sehr deutlich. Im Rahmen der internationalen Wettbewerbsfähigkeit ist es unbedingt zu begrüßen, dass der Wasserstoff auch im Verkehrsbereich ausreichend Beachtung findet, Brennstoffzellenfahrzeuge sind eine wichtige Ergänzung zu den batterieelektrischen Fahrzeugen, vor allem im Nutzfahrzeugsektor und bei Bussen. 
 
Wasserstoff ist ebenfalls wesentliche Basis für synthetische Kraftstoffe. (Grün-)strombasierte synthetische Kraftstoffe (E-Fuels), die fossilen Kraftstoffen für Verbrennungsmotoren beigemischt werden können oder sie vollständig substituieren, haben jedoch kurz- bis mittelfristig effizienzbedingt nur ein sehr geringes Umweltverbesserungspotenzial. Zudem entstehen bei der Verbrennung von E-Fuels ebenfalls Luftschadstoffe, sodass sie nicht zu einer vollumfänglichen Verbesserung der lokalen Luftqualität beitragen können.

Steuerpolitische Maßnahmen im Interesse des Klimaschutzes

Außerdem ist die Herstellung von signifikanten Mengen an nachhaltigen E-Fuels durch den hohen Bedarf an erneuerbarem Strom aktuell nicht darstellbar, sodass der weitere Ausbau von erneuerbaren Energien und der Aufbau von Produktionsanlagen zur Herstellung signifikanter Mengen von E-Fuels nicht mit dem oft genannten Ziel der zusätzlichen Dekarbonisierung der Bestandsflotte korrespondieren kann.
     
Gut zwei Drittel der Deutschen denken, dass aufgrund der Klimabelastung durch den Verkehr ein grundsätzliches Umdenken im Bereich Mobilität notwendig ist. Folgerichtig wäre daher auch die Anpassung des Elektromobilitätsgesetzes mit der Einführung eines Bonus-Malus-Systems, das zwischen der Nutzung klimaneutraler und klimaschädlicher Mobilitätsoptionen stärker differenziert. Externe Kosten fossiler Kraftstoffe sollten hierbei adäquat eingepreist werden, um auch ihre realen Kosten für die Umwelt abzubilden.

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