Die Corona-Pandemie stellt die Kommunen vor große Herausforderungen. Krisenstäbe und Gesundheitsämter zum Beispiel arbeiten seit Wochen mit hoher Intensität. Schutzmaßnahmen für viele Bereiche des öffentlichen Lebens werden immer wieder an aktuelle Lagen angepasst. Mit dem Lockdown bricht die Wirtschaftsleistung ein und damit die Steuereinnahmen der Städte.
Gleichzeitig steigen die Ausgaben, etwa für Soziales. Und es gilt lokale Unternehmen und Selbständige zu unterstützen, ebenso kommunale Unternehmen wie die Verkehrsbetriebe, die stark von der Corona-Krise betroffen sind. Wie die Wirtschaft brauchen auch die Kommunen Hilfen. Deshalb fordern wir von Bund und Ländern, dass sie auch einen Rettungsschirm für Kommunen schaffen.
Die aktuellen Krisenfolgen zeigen sich sehr deutlich beim öffentlichen Nahverkehr. Der ÖPNV ist das Rückgrat für eine nachhaltige Mobilität in den Städten. Auch in der Corona-Krise ist er Garant dafür, dass Beschäftigte ihre Arbeitsplätze erreichen und die Gesellschaft mobil bleibt. Die Verkehrsbetriebe sorgen aktuell trotz Pandemie und Krankheitsausfällen für die Grundversorgung an Mobilität. Dafür gebührt den Beschäftigten Dank und Anerkennung.
Keine Anzeichen für hohes Ansteckungsrisiko in Deutschlands ÖPNV
Sicherungsmaßnahmen zum Schutz der beförderten Menschen und der Angestellten zeigen Wirkung, etwa die Sperrung der Fahrertür im Bus, die automatische Türöffnung, kein Fahrkartenverkauf im Bus. Die Versorgung bleibt gut und solide. Im Gegensatz zu erschreckenden Meldungen aus New York gibt es aus Deutschland keine Anzeichen für ein hohes Ansteckungsrisiko von Fahrpersonal und Fahrgästen. Das ist sicher Folge eines rechtzeitigen und umsichtigen Vorgehens. Und dazu gehört für den weiteren Verlauf der Corona-Pandemie auch das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckung im ÖPNV.
Wirtschaftlich trifft die Pandemie den ÖPNV hart. Seit der bundesweiten Kontaktsperre sind die Nutzungszahlen rapide eingebrochen. Schülerverkehre wurden eingestellt. Wegen Homeoffice und Geschäftsschließungen gibt es wesentlich weniger Pendlerfahrten. Viele Menschen sind auch aufs Auto oder Fahrrad umgestiegen. Branchenverbände rechnen für den zurückliegenden Monat mit einem Rückgang der Nutzung um 80 Prozent. Das schafft zwar Platz, um den Abstand in Bussen und Bahnen einzuhalten, es führt aber auch zu Fahrgeldausfällen in einem nie dagewesenen Ausmaß.
Keiner kann heute schon genau beziffern, wie hoch diese Ausfälle in Summe sind. Der ÖPNV (inklusive des Schienenpersonennahverkehrs) erzielt deutschlandweit zwölf Milliarden Euro Fahrgeldeinnahmen im Jahr, also pro Monat rund 1 Milliarde Euro. Das Wegbrechen dieser Einnahmen wirkt sich ab März und verstärkt ab April massiv aus. Die Verkehrsunternehmen rechnen bei Schiene, Bus und Straßenbahn zusammen derzeit bundesweit mit einem Defizit bis Ende 2023 in verschiedenen Szenarien in Höhe von 5 bis 10 Milliarden Euro.
Wandel der Arbeitswelt nicht absehbar
Dieses Defizit kann noch wachsen, weil Einschränkungen des öffentlichen Lebens und der Arbeitswelt länger bestehen bleiben als zunächst angenommen. Keiner kann außerdem vorhersehen, wie lange die Menschen den ÖPNV auch nach Abklingen der Krise noch meiden oder wie stark sich die Arbeitswelt in puncto Homeoffice wandelt.
Folge dieses Nachfragerückgangs ist nicht nur ein aktueller, sondern auch ein längerfristiger Liquiditätsengpass bei einzelnen Verkehrsunternehmen. Ohne gezielte und schnelle Hilfen werden einige private und öffentliche Verkehrsbetriebe in kurzer Zeit in existenzielle Schwierigkeiten geraten. Krisengespräche laufen deshalb aktuell auf Hochtouren. Ziel der Städte ist es, dass die Verkehrsunternehmen ihre Leistungen in der Krise weiter erbringen und für ein Wiederhochfahren der Leistungen nach der Krise aktiv zur Verfügung stehen können.
Der ÖPNV bleibt ein Schlüsselelement, um die Nachhaltigkeitsziele bis 2030 zu erfüllen. Dafür wollten Bund und Länder den Anteil des ÖPNV innerhalb der Mobilitätsangebote deutlich erhöhen. Es liegt im gemeinsamen Interesse von Bund, Ländern und Kommunen, dieses System nicht in der Krise zu gefährden, sondern das Leistungsangebot im ÖPNV schnellstmöglich wieder auf das Vorkrisen-Niveau zu bringen und nach Möglichkeit weiter zu steigern. Das gelingt aber nur, wenn ein krisenbedingter Ausfall von Unternehmen und Leistungen verhindert wird.
Vergütung reicht nicht aus, um Verkehrsunternehmen stabil zu halten
Aktuell wird von den Kommunen als Aufgabenträgern zumeist weiterhin das volle Entgelt beziehungsweise Ausgleichsleistungen an die kommunalen Verkehrsunternehmen gezahlt. Von den Verkehrsunternehmen erwarten die Städte im Gegenzug, dass sie ihr Personal weiterhin entlohnen und auch das ihrer Subunternehmer. Auch im Bereich der Schülerverkehre wird bis auf Weiteres mindestens anteilig weitervergütet. Doch das reicht erkennbar nicht aus, um die Verkehrsunternehmen finanziell stabil zu halten.
Der ÖPNV wird im Wesentlichen über Fahrgeldeinnahmen und öffentliche Förderung finanziert. Um wegbrechende Fahrgeldeinnahmen zu kompensieren, müssten entweder Leistungen reduziert werden – was niemand will – oder öffentliche Mittel müssen aufgestockt werden. Beim Umfang des finanziellen Ausfalls wird allerdings klar, dass diese Summen die Städte und Landkreise nicht allein aus ihrem Haushalt bestreiten können. Es ist daher ein wichtiges Ziel, die finanziellen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den ÖPNV abzufedern. Bund und Länder dürfen die Kommunen beim Verkehr mit Bussen, U- und Straßenbahnen nicht allein lassen.
Kommunen brauchen dringend Zuschuss
Die Kommunen brauchen dringend einen Zuschuss, der sie in die Lage versetzt, wirtschaftlich nicht mehr tragfähige, aber notwendige ÖPNV-Angebote abzusichern. Die Kommunen müssen zusätzliche Leistungen, etwa für den wieder anlaufenden Schülerverkehr, eilig beauftragen und die Ausfälle kompensieren können. Außerdem brauchen sie Erleichterungen im Vergaberecht. Denn Verkehrsleistungen, die heute als eigenwirtschaftliche Leistung oder als Dienstleistungskonzession auf eigenes Risiko der Unternehmen gefahren werden, werden wohl für einen befristeten Zeitraum ihren Charakter einbüßen.
Der Staat wird mit zusätzlichen Deckungsbeiträgen einspringen müssen. Auch muss rasch geklärt werden, wie die weggebrochenen und im System insgesamt fehlenden Fahrgeldeinnahmen im ÖPNV durch Hilfen von Bund und Ländern rechtlich korrekt aufgefangen werden können. Hierfür bietet sich zum Beispiel eine Aufstockung der Regionalisierungsmittel des Bundes an.