Zunächst einmal ist festzuhalten: Die Elektromobilität wird in Deutschland breit gefördert. Für den Kauf von Elektrofahrzeugen und Ladeinfrastruktur stehen im internationalen Vergleich hohe Summen zur Verfügung, die den Umstieg auf Elektrofahrzeuge aktuell sehr attraktiv machen. Das ist gut und trägt wesentlich zu dem elektromobilen Aufschwung bei, den wir gerade erleben.
Zusammen mit der jüngst im Rahmen des Konjunkturpaketes beschlossenen Innovationsprämie beträgt der Umweltbonus für den Kauf eines neuen E-Autos bis zu 9000 Euro. Die Anschaffung gebrauchter Elektroautos wird unter bestimmten Voraussetzungen mit maximal 5000 Euro bezuschusst. Auch für den Aufbau öffentlicher und privater Ladeinfrastruktur existieren attraktive Förderprämien auf Bundesebene. Hinzu kommen zahlreiche regionale Fördermaßnahmen. Die Elektromobilität wird also breit gefördert. So weit, so erfreulich. Problematisch ist jedoch die Vielfalt und Unbeständigkeit der Förderprogramme und Förderbedingungen. Das macht die Förderlandschaft in Deutschland nicht nur für Laien unübersichtlich und führt zu vermeidbaren Fehlern sowie Planungsunsicherheit.
Die großen bundesweiten Förderprogramme für E-Pkw und Ladepunkte stellen, wie bereits angedeutet, nur einen Ausschnitt der deutschen Förderlandschaft dar. Es gibt zahlreiche regionale oder zeitlich begrenzte Fördertöpfe, die teilweise sehr gut ausgestattet sind – in Berlin erhält man beispielsweise bis zu 15.000 Euro beim Kauf eines E-Transporters, der dadurch im Leasing günstiger werden kann als ein äquivalentes Verbrennermodell. Allen Fördermaßnahmen, den bundesweiten wie den regionalen, ist zu eigen, dass sie an eine Vielzahl von teilweise wechselnden Bedingungen geknüpft sind. „Bedingungen“ lässt sich hier aus Sicht der Nutzenden auch mit „Fallstricke“ übersetzen.
Die Förderbedingungen: Der Teufel steckt im Detail
Aus unserer Beratungspraxis können wir sagen, dass die Ladeinfrastruktur-Förderung komplizierter ist als die Förderung von Elektroautos. Im Fahrzeugbereich sind die Förderbedingungen klarer und konstanter, zumindest bezogen auf den bundesweiten Umweltbonus – bei den zeitlich befristeten Flottenaustauschprogrammen für gewerbliche Nutzergruppen oder den Länderprogrammen sieht es schon wieder anders aus. Die Ablehnungsquoten des für die Umsetzung des Umweltbonus zuständigen Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle liegen seit Einführung des einstufigen Antragsverfahrens nur noch bei fünf Prozent. Allerdings ergeben sich auf anderer Ebene immer wieder für Autokäufer problematische Situationen.
Drei Beispiele aus unserer Beratungspraxis verdeutlichen dies. Im angesprochenen Berliner Förderprogramm WELMO etwa ist das Leasen eines Elektrotransporters förderfähig, bei dem Umweltbonus ebenso. Wer ein E-Auto leasen möchte, erhält hingegen keine Förderung für das große, gerade im November gestartete Flottenaustauschprogramm Sozial & Mobil. Das wissen viele Menschen nicht. Bei uns melden sich regelmäßig Kunden, die fest davon überzeugt sind, dass sie Sozial & Mobil erhalten, wenn sie einen E-Pkw leasen. Dazu tragen auch oberflächliche Medienberichte bei, vor allem aber liegt die Verwirrung in den unterschiedlichen Voraussetzungen begründet, die regelmäßig beim Start neuer Förderprogramme verkündet werden. Branchenfremde Personen verlieren da schnell die Übersicht.
Das führt zum zweiten Beispiel: Ebenfalls sehr verbreitet ist die Annahme, dass grundsätzlich der Kauf neuer Elektroautos gefördert wird. Bei WELMO und einigen anderen Programmen muss der Antrag allerdings vor der Bestellung gestellt werden. Beim Umweltbonus nach Zulassung. Da der Umweltbonus und dessen Anforderungen bekannter sind, melden sich immer wieder Menschen bei uns, die ein E-Fahrzeug gekauft haben und nun beispielsweise eine WELMO-Förderung beantragen wollen. Das geht dann leider nicht. Nicht nur hier wäre es wünschenswert, dass sich die relevanten Projektträger in Deutschland auf eine einheitliche Linie verständigen würden.
Kumulierungsverbot sorgte für viel Unmut
Schließlich ein Beispiel „menschlichen Versagens“, auf das nicht flexibel reagiert wird: Ein Autohändler hat das Kundenfahrzeug versehentlich falsch zugelassen. Somit fällt das E-Fahrzeug in den Zweitzulassungsbereich und kann nur noch über die niedrigere Gebrauchtwagenförderung bezuschusst werden. Für ein bereits zugelassenes Fahrzeug muss der Händler allerdings 20 Prozent Nachlass gewähren, damit ein Antrag gestellt werden kann – was er nicht tut, weil er je nach Fahrzeug sonst ein Minusgeschäft macht. Im Ergebnis kann der Kunde keine Förderung beantragen, weil er die Bedingungen nicht erfüllt. Solche Dinge erleben wir immer wieder.
Für Verwirrung und Verärgerung gesorgt hat auch das Kumulierungsverbot. Dieses besagt, dass die bestehenden Fördermittel von Bund und Ländern, etwa für E-Autos, nicht kombiniert werden dürfen. Das Kumulierungsverbot wurde im Rahmen des letzten Konjunkturpaketes eingeführt, um laut Politik eine „Überförderung“ zu vermeiden. Da die Doppelförderung zuvor jedoch möglich war, hatten viele Privatpersonen und Unternehmen Elektrofahrzeuge bestellt, in der Aussicht auf höhere Förderanteile. Das Inkrafttreten des Kumulierungsverbots löste im Sommer entsprechend Unverständnis und Verärgerung aus. Insbesondere bei größeren Bestellungen, zum Beispiel von Leasingunternehmen, sorgte diese Maßnahme für mehrere zehntausend oder hunderttausend Euro Differenz in der Kalkulation. Denn die Förderung wird fällig bei der Zulassung der Fahrzeuge, zu den jeweils zu diesem Zeitpunkt geltenden Förderbedingungen. Es spielt keine Rolle, dass das Unternehmen die E-Fahrzeuge zu einem früheren Zeitpunkt bestellt hat, als noch andere Förderbedingungen galten. Planungssicherheit sieht anders aus.
Die gute Nachricht: Das Kumulierungsverbot wurde kürzlich wieder aufgehoben; am 16. November 2020 trat die novellierte Richtlinie für den Umweltbonus in Kraft, und der Umweltbonus kann wieder mit anderen Förderungen kombiniert werden. Aber auch hier muss wieder genau hingeschaut werden, denn das Kumulierungsverbot wurde nicht pauschal aufgehoben, sondern jeder einzelne Fördermittelgeber muss eine Vereinbarung mit dem Bundeswirtschaftsministerium abschließen! Bisher haben das nur zwei andere Ministerien getan: das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur für die Förderrichtlinien „Elektromobilität“ und „Markthochlauf NIP2“ sowie das Bundesumweltministerium für das Sofortprogramm „Saubere Luft“ und das Flottenaustauschprogramm „Sozial und Mobil“. Somit ist hier noch Dynamik drin.
Förderung von Ladeinfrastruktur zu kompliziert
Wirklich kompliziert wird es im Bereich der Ladeinfrastruktur-Förderung. Für branchenfremde Unternehmen, die öffentliche Ladeinfrastruktur errichten wollen, ist es schwer, ohne externe Hilfe die Förderbedingungen und Förderhöhen zu überblicken. So ist die Ladeinfrastruktur-Förderung in einzelnen Förderaufrufen organisiert, deren Zeitfenster nur wenige Wochen zur Antragstellung geöffnet sind. Zudem haben sie wechselnde inhaltliche Schwerpunkte, zum Beispiel halb-öffentliche Ladepunkte oder Schnellladung. Der 6. Förderaufruf war im Sommer, und ein neuer ist in Kürze zu erwarten.
Hinzu kommt, dass die Höhe der Förderung sich am regionalen Bedarf orientiert und in Cluster unterteilt ist. Die Idee dahinter, den Aufbau einer flächendeckenden, bedarfsgerechten Ladeinfrastruktur zu forcieren, ist zwar verständlich, in der Praxis ist es aber für Laien schwer nachvollziehbar, welche Förderhöhe für sie infrage kommt – wenn sie es denn schaffen, zum richtigen Zeitpunkt einen korrekt ausgefüllten Antrag einzureichen. Vervollständigt wird die Förderlandschaft für Ladeinfrastruktur durch einzelne, manchmal etwas kurzlebige Landesprogramme, die zwar attraktiv sein, jedoch nicht mit der Bundesförderung kombiniert werden können.
Fazit: Die Förderlandschaft in Deutschland ist definitiv nützlich und hat den Markthochlauf der Elektromobilität in den vergangenen Monaten stark beschleunigt. Ich gehe davon aus, dass dieser Trend in den kommenden Monaten nicht nur anhalten, sondern sich weiter verstärken wird. Dennoch sorgen die vielen Programme und Veränderungen für Verwirrung und kosten in nicht wenigen Fällen Geld, wenn durch Unwissenheit potenzielle Fördergelder verloren gehen. Denn die wechselnden Bedingungen hinsichtlich Antragszeitpunkt, Fahrzeugklassen, Fördergelder und so weiter erschweren es potenziellen Nutzenden, den Überblick zu wahren.
Aus der Beratungspraxis unserer Agentur können wir sagen, dass das Hauptproblem im Fehlen einer einheitlichen Förderlinie liegt. Unter anderem durch den Föderalismus in Deutschland stehen wir vor der Situation, dass wir auf Bundes- und Länderebene viele verschiedene Projektträger haben, die eigene Anforderungen definieren und eigene Ziele verfolgen. Der nötige Mobilitätswandel darf aber kein regionales Projekt sein. Hilfreicher wäre es, wenn es einen zentralen Ansprechpartner sowie ein programmübergreifendes Antragsverfahren mit harmonisierten Voraussetzungen gäbe.