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Verkehr & Smart Mobility

Standpunkte Wie die Elektromobilität für alle eine Erfolgsgeschichte wird

Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW)
Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) Foto: BDEW

15 Millionen vollelektrische Pkw bis 2030 als Ziel: Die neue Bundesregierung will Schwung in die Verkehrswende bringen, schreibt BDEW-Chefin Kerstin Andreae. Damit der Ausbau des Ladenetzes nicht am Bedarf vorbeigeht, bräuchten Unternehmen aber schlankere Genehmigungsverfahren statt enger Vorgaben.

von Kerstin Andreae

veröffentlicht am 08.12.2021

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Die neue Bundesregierung will neuen Schwung in die Verkehrswende bringen. Nicht anders ist das Ziel 15 Millionen vollelektrische Pkw bis 2030 zu verstehen. Elektromobilität ist aber nicht nur ein anderer Motor. Es ist ein anderes System. Das bedeutet: mehr Ladesäulen, mehr Wallboxen, mehr Angebote beim Arbeitgeber, vor dem Einkaufszentrum, auf den großen Parkplätzen. Und es braucht dringend Flächen für Ladeinfrastrukturangebote in Wohnquartieren mit Mehrfamilienhäusern ohne Garagen. 

Eines ist auch klar: Über 500 Anbieter von Ladepunkten bauen im Wettbewerb um Kunden und um die besten Standorte das Ladenetz beständig aus. Sie brauchen dabei eines: Autos, die Strom laden. Der heutige Stand muss der Vergangenheit angehören: Die rund 49.000 öffentliche Ladepunkte sind durch die 500.000 E-Autos noch viel zu gering ausgelastet. Die Ladezeit pro Säule beträgt im Schnitt eine Stunde am Tag. Hier ist also noch ordentlich Luft nach oben.

Für 15 Millionen vollelektrische Fahrzeuge werden wir trotzdem deutlich mehr Ladeinfrastruktur brauchen. In der Stadt, auf dem Land, an den Autobahnen. Damit der Zubau konsequent voran geht, brauchen die Anbieter die Aussicht auf einen wirtschaftlichen Betrieb der Ladepunkte. Das Ziel von 15 Millionen reinen Elektrofahrzeugen bis 2030 ist dafür ein starkes Signal der Koalition. Es wird weitere privatwirtschaftliche Investitionen beflügeln. 

Die meisten laden in der Garage oder am Arbeitsplatz

Kritisch sehen wir nun aber die Maßgabe, diese 15 Millionen Fahrzeuge mit einer Million Ladepunkte zu versehen. Wie viele öffentliche Ladepunkte wir brauchen, wird entscheidend durch die Technologieentwicklung, das Nutzungsverhalten und natürlich durch den Markthochlauf der E-Fahrzeuge, also durch den Markt, geprägt. Wir sind also gut beraten, die Infrastrukturziele dynamisch zu fassen, so wie es die Nationale Plattform für Elektromobilität auch getan hat. Es bringt ja nichts, Deutschland mit einer Million öffentlicher Ladesäulen zuzupflastern, wenn die Menschen ohnehin meist in der eigenen Garage oder am Arbeitsplatz laden möchten. Und genau dieser Trend ist absehbar: Das Förderprogramm der KfW unterstützt den Aufbau von mehr als 800.000 privater Wallboxen. 

Aber das E-Auto muss nicht nur die Fahrt zwischen Zuhause, der Arbeit und beim Einkauf abdecken. Auch die lange Reise muss möglich sein. Deswegen sind die enormen technologischen Sprünge bei den Batterien so bedeutsam. So wie wir heute mit Sicherheit sagen können, dass wir 2030 nicht mit den gleichen Handys telefonieren werden, wie wir sie heute kennen, entwickelt sich auch der Markt der E-Mobilität: Konnten die Fahrzeuge bis vor einigen Jahren in der Regel mit maximal 50 Kilowatt (kW) laden, steigt seit 2019 die Zahl der Fahrzeugmodelle mit einer Ladeleistung bis zu 100 kW zunehmend an und wir sehen eine Entwicklung hin zu 150 kW.

Das ist eine Verdreifachung der Ladeleistung innerhalb weniger Jahre. Dieses schnelle Laden ist die Basis für längere Fahrten oder das Laden im dichten, innerstädtischen Bereich. Die Ladesäulenbetreiber haben übrigens auf die höheren Ladeleistungen der Fahrzeuge bereits vorausschauend reagiert: Allein in den letzten zehn Monaten gab es beim Zubau von Schnellladepunkten einen Anstieg von 70 Prozent und ein flächendeckendes Netz ist entstanden. 

Relevant: Welche Fahrzeuge kommen auf den Markt?

Relevant ist zudem, wann welche Fahrzeuge auf den Markt kommen: Wie viele vollelektrische Fahrzeuge, die die öffentlichen Ladesäulen wirklich brauchen, und wie viele Plug-in-Hybride, die nur selten öffentlich Strom tanken? Wie weit können die Fahrzeughersteller die Reichweiten der Fahrzeuge steigern? All diese Fragen müssen beim Aufbau berücksichtigt werden.

Hierfür brauchen die Unternehmen Handlungsspielraum, um innovativ im Wettbewerb um die besten Lösungen den Markt weiterzuentwickeln. Sie brauchen einen verlässlichen Rahmen, Unterstützung bei der Flächenbeschaffung und schlankere Genehmigungsverfahren – statt enger Vorgaben. Sonst geht dies am Bedarf der Kundinnen und Kunden vorbei und kostet unnötig Steuergelder. Das wollen wir vermeiden. Damit die Elektromobilität für alle eine Erfolgsgeschichte wird.

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