Methodische Herangehensweisen: Die Methodik der Studien für den BDI und die dena unterscheidet sich in einem wichtigen Punkt: In den Szenarien von BCG und Prognos für den BDI wurden „möglichst kosteneffiziente Pfade“ zur Erreichung der Klimaschutzziele modelliert und Maßnahmen zur Treibhausgasminderung entsprechend „nach direkten volkswirtschaftlichen Vermeidungskosten priorisiert“. Die Szenarien von ewi Energy Research & Scenarios für die Dena basieren hingegen auch, aber weniger auf Optimierungsanalysen. Stattdessen wurden mit den Studienpartnern Transformationspfade entwickelt, „die als realisierbar eingeschätzt wurden“. Qualitative Einschätzungen spielten also eine größere Rolle.
In der dena-Studie wurden die 80 und 95 Prozent Szenarien außerdem mit Blick auf die einzusetzenden Technologien differenziert. So werden Szenarien, in denen ein breiter Technologiemix zum Einsatz kommt, mit Szenarien verglichen, in denen die Treibhausgas-Minderung in den Verbrauchssektoren hauptsächlich durch den direkten Einsatz von regenerativ erzeugtem Strom erreicht werden soll (zum Beispiel über batterieelektrische Fahrzeuge und Wärmepumpen).
Unterschiede im Detail: Einige grundsätzliche Ergebnisse der Studie von dena und BDI liegen also recht nah beieinander. Vergleicht man das 80 Prozent Szenario des BDI mit dem 80 Prozent Technologiemix-Szenario der dena, gibt es bei den Kennzahlen des Energiesystems im Jahr 2050 aber durchaus Unterschiede im Detail. Diese sind zwangsläufig auf die unterschiedliche Methodik der Studien zurückzuführen, sind aber trotzdem Erkenntnisreich mit Blick auf die Bandbreite der möglichen Entwicklungen und Zielpfade zur Erreichung der Klimaziele.
Soll bis 2050 eine THG-Minderung von 80 Prozent erreicht werden, sind laut dena-Studie jährliche Einsparungen von 19 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten notwendig – dabei ist zu beachtet, dass die Szenarien ab 2015 gerechnet wurden, tatsächlich also auch noch Einsparungen nachgeholt werden müssten. Mit Blick auf den gesamten Primärenergieverbrauch wird mit einem Rückgang von 3.681 Terrawattstunden in 2015 auf 2.069 Terrawatt in 2050 gerechnet (minus 44 Prozent). Für die einzelnen Verbrauchssektoren kommt die Studie auf einen Rückgang auf 532 Terrawattstunden (minus 47 Prozent) im Gebäudebereich, 741 Terrawattstunden (minus zehn 10 Prozent) in der Industrie und auf 401 Terrawattstunden (minus 43 Prozent) im Verkehrssektor.
Der Anteil der erneuerbaren Energien am Primärenergieverbrauch müsste laut Dena-Studie bei einem 80 Prozent-Klimaziel von zwölf Prozent im Jahr 2015 auf 48 Prozent 2050 ansteigen. Der Anteil der Erneuerbaren an der Nettostromerzeugung wird mit 91 Prozent beziffert. Die Stromnachfrage stiege in diesem Szenario von heute rund 567 Terrawattstunden auf 809 Terrawattstunden. Deutschland bliebe Stromexporteur, würde aber 152 Terrawattstunden an synthetischen Energieträgern auf erneuerbarer Basis importieren.
Mit Blick auf die Nettostromerzeugung gehen auch die BDI-Klimapfade für ein 80 Prozent-Klimaziel von einem Anteil erneuerbarer Energien von rund 90 Prozent aus. Ein zentraler Unterschied zur dena-Studie ist, dass im 80 Prozent-Szenario nicht mit einem Einsatz von synthetischen Kraftstoffen in der Energieumwandlung und im Verkehrsbereich gerechnet wird – nur mit einer begrenzten Nutzung in der Industrie. Im Gebäudebereich beziffert die BDI-Studie die notwendige jährliche Sanierungsquote auf 1,7 Prozent, bei der dena liegt der Wert bei 1,4 Prozent. 14 Millionen installierten Wärmepumpen beim BDI stehen 6,5 Millionen bei der dena entgegen. Diese werden ergänzt durch 7,1 Millionen Gasheizungen, die im Jahr 2050 allerdings auf Basis von synthetischen Brennstoffen betrieben werden müssten. Im Verkehrsbereich rechnen beide Studien mit ungefähr der gleichen Zahl an Elektrofahrzeugen (BDI: 27 Millionen / dena: 28 Millionen).
Politische Ableitungen: Beide Studien führen die immensen Aufgaben vor Augen, die in allen Sektoren zu bewältigen sind, um die nationalen Klimaziele für 2050 zu erreichen. Die politischen Schlussfolgerungen, die vom BDI und der dena vor diesem Hintergrund gezogen wurden, weisen dann auch in eine ähnliche Richtung. Zum einen werden Bundesregierung und Bundestag aufgerufen, noch in dieser Legislaturperiode zu entscheiden, ob Deutschland ein Ziel von 80 Prozent oder 95 Prozent bei der Treibhausgasminderung bis 2050 verfolgt. Beide Studien zeigen eindrücklich, dass die technischen Lösungen und Innovationen und damit auch die Investitionen, die gebraucht werden, je nach Ziel sehr unterschiedlich ausfallen – frühestmögliche Planungssicherheit sei daher gefragt, um die notwendigen Investitionsentscheidungen treffen zu können. Zum anderen soll sich die Bundesregierung aktiv in die Gestaltung der Energie- und Klimapolitik auf europäischer sowie internationaler Ebene einbringen.