Hintergrund der Neuordnung ist, dass Strom aus erneuerbaren Anlagen nur im Ausnahmefall direkt an Stromkunden geliefert werden darf. Der Strom wird ja bereits über die Einspeisevergütung aus dem EEG gefördert und der Gesetzgeber möchte eine Doppelvermarktung ausschließen. Erzeuger sollen nicht mit der Ökoeigenschaft des Stroms werben und ein Geschäft damit machen dürfen. So fließt der Grünstrom mit dem Kohlestrom in den großen Stromsee und wird zu Graustrom.
Bis 2014 war es nach dem Grünstromprivileg nach EEG noch möglich, Ökostrom direkt zu vermarkten. Erzeuger konnten den Strom an Endverbraucher liefern, wenn sie die EEG-Umlage abzogen. Dieses Privileg wurde mit der EEG-Novelle 2014 abgeschafft.
In der Novelle war allerdings die Ermächtigung für ein „Grünstromvermarktungssystem enthalten. „Schnell entwickelten Marktakteure eigene Vorschläge, von denen das sogenannte Grünstromvermarktungsmodell das bekannteste sein dürfte“, fasst die Energierechts-Kanzlei Becker Büttner Held zusammen.
Das federführende Bundeswirtschaftsministerium sprach sich jedoch gegen das Grünstromvermarktungsmodell aus. Eine Arbeitsgruppe prüfte alternative Wege, von der Verordnungsermächtigung Gebrauch zu machen. Schließlich veröffentlichte das BMWi im März 2016 die Eckpunkte für eine regionale Grünstromkennzeichnung, berichtet Becker Büttner Held weiter. Sie seien dann im Wesentlichen im neuen Paragraphen 79a EEG übernommen worden.
Fachleute kritisieren die Regelungen als Etikettenschwindel. „Es werden nicht reale Kilowattstunden gehandelt, sondern das Recht, Grünstrom als Regionalstrom zu kennzeichnen“, sagt Fabian Zuber vom Beratungsunternehmen l°energie. Der entscheidende Unterschied ist für Zuber, dass die regionalen Strommengen nach Paragraph 79a nicht in den Bilanzkreis aufgenommen werden.
Tatsächlich darf sich ein Anlagenbetreiber nur so viele Nachweise für Regionalstrom ausstellen lassen, wie seine Anlage an Grünstrom produziert. Das geschieht aber immer nur nachträglich für den vorherigen Monat. „Der Paragraph 79a ist demnach kein Instrument, um Erzeugung und Verbrauch in Einklang zu bringen“, bestätigt Michael Marty vom Umweltbundesamt (UBA). Genau dies aber hatte kürzlich Agora Energiewende als Aufgabe von regionalen Strommärkten bezeichnet. Entsprechende Analysen enthält die Agora-Studie zur Dezentralität. Ziel wäre, Netzengpässe zu vermeiden.
Fabian Zuber sieht aber durchaus Chancen, dass nach der Bundestagswahl neue Modelle für den regionalen Stromhandel entwickelt werden. „Noch gibt es Widerstände gegen einen radikalen Wandel im Markt, wo Strom über Jahrzehnte gewachsen über die Kupferplatte verteilt wird“, sagt Zuber. Hinter den Kulissen werde aber bereits über die Dinge geredet, weiß er.
Eins immerhin kann Michael Marty den potentiellen Nutznießern des Regionalstromparagraphen mit auf den Weg geben: Mit den bürokratischen Vorgängen um die Meldung und Löschung der Nachweise werden nicht sie selbst, sondern die Stromvermarkter zu tun haben. Diese kennen das System bereits durch die Herkunftsnachweise für Ökostrom. Damit wird der Bedarf nach Ökostrom gedeckt, indem die Stromhändler die Herkunft etwa aus Wasserkraftwerken in Österreich oder Norwegen nachweisen – denn Grünstrom aus EEG-Anlagen darf ja wie gesagt nicht als solcher vermarktet werden. „Das Regionalnachweisregister wird ganz ähnlich wie das Herkunftsnachweisregister aufgebaut sein“, verspricht Marty.