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Smart City

Werkstattbericht Co-Kreation und Kommunikation in Krisenzeiten

Sabine Meigel, Leiterin Digitale Agenda, über den Alltag in der Stadt Ulm.
Sabine Meigel, Leiterin Digitale Agenda, über den Alltag in der Stadt Ulm. Foto: Carola Gietzen Fotodesign

Besonders in Krisenzeiten ist es wichtig, räumliche und gesellschaftliche Brücken zu bauen, um die Kommunikation zwischen Bürger:innen zu fördern, findet Sabine Meigel. Um den Weg zu Kompromisslösungen anzukurbeln, setzt die Stadt Ulm auf Co-Kreation, zum Beispiel in Form von innovativen Workshops.

von Sabine Meigel

veröffentlicht am 17.10.2023

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Die Abteilung Digitale Agenda ist in einem Gebäude der Sparkasse in der Innenstadt direkt neben der neugebauten Synagoge von 2012 untergebracht. Seit langem und insbesondere nach dem Brandanschlag auf die Synagoge im Jahr 2021 sind wir daher täglich mit den sichtbaren Schutzvorkehrungen für die jüdische Bürgerschaft konfrontiert, wenn wir unseren Arbeitsort betreten und verlassen. Seit dem Ausbruch des Nahostkonfliktes vor einer Woche wurden die Maßnahmen notwendigerweise verstärkt und sind noch stärker eine tägliche Mahnung für Kompromisssuche und gegenseitiges Verständnis in der Kommunikation.

Nachhaltige Lösungen für alle

Die Stadt Ulm versteht sich als Bürgerstadt – für alle Menschen, die in der Stadt leben, hier arbeiten oder zu Besuch sind. Dies bedeutet, dass der Charakter der Stadt als eine traditionsbewusste, lebendige und selbstbewusste, von Bürgerinnen und Bürgern getragene Stadt empfunden wird. Bürgerinnen und Bürger gestalten den digitalen Wandel mit, um Ulm heute und in Zukunft attraktiv und lebenswert zu gestalten. So wird großer Wert darauf gelegt, Lösungen für ein gesellschaftliches Miteinander aller Bürger*innen zu entwickeln. Aus diesem Grund engagieren wir uns für Formate der Co-Kreation mit den ukrainischen geflüchteten Frauen, die sich seit eineinhalb Jahren in unserem Gebäudekomplex zu verschiedenen Themen treffen (siehe auch der Werkstattbericht Nr. 9).

Am Wochenende fand nun nach vielen Vorbereitungstreffen mit den Beteiligten eine Ideenwerkstatt unter dem Motto „Gemeinsam Ideen entwickeln, Programmieren, Lösungen finden“ statt. Softwareentwickler und Betroffene haben in gemischten Gruppen in zwei Tagen sinnvolle Lösungen für ein besseres Miteinander entwickelt. Diese werden nun mit dem Preisgeld und Begleitung bis Anfang Dezember umgesetzt. Durch Zuhören haben beide Seiten viel Verständnis füreinander und miteinander entwickelt.

Workshop bringt Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft zusammen

Auf Grundlage unserer gemachten Erfahrungen im Bereich Co-Kreation starten wir nun auch in der Smart-City-Umsetzungsphase mit dem Format „Innovationsmotor“ (Stadt Ulm - Im Weinhof startet der Innovationsmotor). Die Maßnahme knüpft an den Ursprung der stadtentwicklungspolitischen Herausforderungen an. Sie hilft, räumliche und gesellschaftliche Brücken zu bauen. Räumlich zwischen Sedelhöfen (modern) und Fischerviertel (historisch) und gesellschaftlich zwischen allen Bevölkerungsgruppen. Dabei sollen die (gesellschaftlichen) Herausforderungen rund um das Deutschhaus/Lederhof nicht verschoben werden, sondern ein Miteinander fördern. Verschiedene Interessen und Nutzungsformen werden gleichberechtigt behandelt und übereingebracht, wie zum Beispiel als abendlicher Treffpunkt im Gegensatz zum Ort der Naherholung tagsüber.

Der Wettbewerb wird in drei Stufen durchgeführt: Die erste Stufe ist der Workshop „ulm.zukunft.denken“, der am 23. Oktober 2023 im Verschwörhaus in Kooperation mit dem Gründer:innen-BBQ der Startup-Region-Ulm durchgeführt wird. „Wir starten mit einem Ideenlabor. Dort kommen Interessierte aus Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft zusammen, um softwaretechnische, rechtliche, organisatorische, finanzielle und eventuell bauliche Anforderungen zu erarbeiten. Die dort entstandenen Ideen können dann eingereicht werden“, erklärt Sebastian Almer, der das Konzept als einer der externen Berater und Startup-Spezialist ausgearbeitet hat. Die bis zum 25. November 2023 eingegangenen Konzepte und Ideen werden von einer Jury unter festgelegten Kriterien bewertet und im ersten Quartal 2024 getestet. Der daraus entstehende Prototyp wird anschließend bis Ende 2024 in die Praxis umgesetzt.

Kommunikation und Kompromisse für mehr Miteinander

Insgesamt werden die Umsetzungsprojekte mit 160.000 Euro mit Mitteln des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen im Rahmen der Smart-City-Förderung für Ulm unterstützt. In die Umsetzung des Wettbewerbs sind bereits viele Ergebnisse aus Gesprächen mit den Betroffenen vor Ort und den beteiligten Stellen in der Verwaltung und dem Stadtkonzern eingeflossen. Wir hoffen hier auf ein ähnlich gutes Ergebnis wie bei „Smarter Together 4 Ukraine“ und werben für eine gemeinsame kokreative Umsetzung.

Auch im Smart-City-Kontext geht es oftmals um Kommunikation und das Suchen von Kompromissen. Meiner Ansicht nach sollten wir gerade als Digitalisierungstreiber verantwortlich mit unserer Kommunikationsrolle umgehen, Gesprächsangebote unterbreiten und diese auch annehmen. Kompromisssuche und Kommunikation mag manchem zu mühsam und zu kraftraubend erscheinen, sie ist dennoch der einzige Weg zu einem friedlichen und besseren Mit- und manchmal auch einem Nebeneinander.

Sabine Meigel leitet die Digitale Agenda der Stadt Ulm. In dieser Rolle verantwortet sie unter anderem die Vorhaben Zukunftsstadt 2030 und Zukunftskommune@bw und koordiniert Smart-City-Projekte im Rahmen des Förderprogramms des Bundesinnenministeriums. Außerdem vertritt sie die Stadt Ulm im Netzwerk der 100 intelligenten Städte Europas (ICC Network).

Bisher in dieser Rubrik von ihr erschienen: „Der Programmierer aus New York“, „Unser Kirchturm reist nach Dubai“, „Wie kommt Innovation zur Bürgerschaft?“, „Wir brauchen die Talente“, „Donauland Ukraine: Smarte Unterstützung für Geflüchtete“, Verstetigung von Reallaboren am Beispiel „Daheim Dank Digital“, „Studierende aus der ganzen Welt zu Gast in Ulm“, „Türen auf mit der Maus: Digitalisierung für die ganze Familie“, „Zusammen in Ulm“ und „Kommunen sollten mit an den Tisch!“.

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