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Smart City

Werkstattbericht Wie alle Kommunen von Open Source profitieren können

Beate Ginzel, Leiterin des Referats digitale Stadt Leipzig
Beate Ginzel, Leiterin des Referats digitale Stadt Leipzig Foto: Olaf Martens

Smart-City-Lösungen aus geförderten Projekten sollen als Open-Source-Software bereitstehen – für alle Kommunen. Doch wie lässt sich deren Qualität bewerten und der Einsatz effektiv testen? Prototyping-Plattformen und Kompetenzaufbau könnten die Antwort sein, schreiben Beate Ginzel, Christoph Schubert und Sebastian Böhm vom Referat digitale Stadt in Leipzig.

von Beate Ginzel

veröffentlicht am 27.11.2024

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Die vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BSWSB) geförderten 73 „Modellprojekte Smart Cities“ (MPSC) sind dazu angehalten, ihre Smart-City-Lösungen als Open-Source-Softwareprodukte zur Verfügung zu stellen. Die dahinterstehende Idee ist, dass auch nicht geförderte Kommunen durch den Zugriff auf sie eigene Smart-City-Anwendungen entwickeln können und von der Vorarbeit der geförderten Städte profitieren. Regelmäßig tauschen sich Kommunen über ihre Umsetzungen bereits in thematischen Arbeitsgruppen der MPSC sowie auf ihren Regional- und Bundeskongressen aus. Jenseits des Förderprogramms sind aber auch immer mehr Kommunen mit eigenen Auftritten auf Messen, wie der Smart Country Convention in Berlin, präsent und zeigen ihre Anwendungen.

Eine Plattform für solche Lösungen könnte der Smart-City-Marktplatz werden, der gerade entsteht und auch für Softwareprodukte der MPSC-Kommunen geöffnet ist. Eine Anwendung kann dort unter der Voraussetzung eingestellt werden, dass sie nicht nur entwickelt und getestet ist, sondern auch samt eines passenden Betriebsmodells angeboten wird. Hoffentlich werden dort schon in naher Zukunft viele Smart-City-Lösungen verfügbar gemacht, denn insbesondere mittelgroße und kleine Kommunen können bestimmt von Produkten, die oft auch „as a service“ angeboten werden, profitieren.

Öffentlicher Zugriff auf öffentlich finanzierte Software

Jenseits der oft langwierigen Einführungsprozesse für „fertige“ Softwareprodukte, geht es jedoch vielen Fachexpertinnen und -experten in den Kommunen oft darum, bestehende Lösungen schnell und unkompliziert auszuprobieren und für den eigenen Einsatz bewerten zu können. In der Regel sollen die MPSC-Anwendungen über die Open-Code-Website als Software-Repository zur Verfügung gestellt werden – idealerweise mit detaillierten Hinweisen, wie die Software zu installieren und einzusetzen ist. Aktuell gibt es dort zwar eine Vielzahl von Angeboten zu unterschiedlichsten Themen – teilweise auch jenseits von Smart-City-Anwendungsfällen – doch das Potenzial der Plattform ist gegenwärtig gewiss noch nicht ausgeschöpft.

Dennoch ist dies ein wichtiger Schritt: Wenn Software mit öffentlichen Geldern entwickelt wird, sollte sie auch der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden (Stichwort „public money, public code“). Eine zentrale Frage bleibt jedoch, wie Kommunen und dort auch nicht-technische Beschäftigte in der Lage sein sollen, die angebotenen Lösungen als Softwareprodukte zu bewerten und zu prüfen, ob ihr Einsatz vor Ort lohnt. Wie können sie einschätzen, ob die notwendige fachliche Reife und die technische Qualität vorliegt, um in einer kommunalen IT-Infrastruktur eingesetzt zu werden? Derartige Fragen führen auch dazu, dass gegenwärtig zwar einige MPSC-Kommunen ihre Open-Source-Lösungen veröffentlichen, diese aber für andere Kommunen nur unzureichend nutzbar sind.

Kompetenzaufbau, Beipackzettel und Testfelder für Software notwendig

Aus unserer Erfahrung sind hierfür zwei Dinge notwendig: Erstens braucht es mehr als nur technische Dokumentation. Ein „Beipackzettel“ wäre hilfreich, der Auskunft über den Reifegrad der Software gibt und erklärt, wie sie eingesetzt werden kann. Dabei sollte auch klar sein, unter welchen Lizenzbedingungen die Open-Source-Software verwendet (und verändert) werden kann. Eine erste Empfehlung in diese Richtung wurde bereits von der Koordinierungs- und Transferstelle (KTS) in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IESE entwickelt.

Zweitens benötigen Kommunen Testumgebungen, um die Software vor dem Einsatz evaluieren zu können. In Leipzig betreiben wir bereits seit einigen Monaten eine Prototyping-Plattform, die es erlaubt, solche Lösungen in einer sicheren Umgebung zu testen und weiterzuentwickeln. Durch die Plattform können wir innerhalb eines Tages gemeinsam mit den Fachabteilungen eine Software ausprobieren und Erkenntnisse über deren Einsatzmöglichkeiten gewinnen. Das haben wir mehrfach gemacht – auch mit Software-Repositories, die aus dem MPSC Umfeld bereitgestellt wurden. Wir sind dabei auf ganz unterschiedliche technische Qualitäten gestoßen, von „betriebsbereit“ bis „bestenfalls Prototyp“ war vieles dabei. Die technische Qualität von Software wird jedoch entscheidend bei der Wiederverwendbarkeit von Code sein, denn nur einwandfreie Lösungen können ohne weiteren großen Entwicklungsaufwand in einer anderen Kommune verwendet werden. Idealerweise entwickelt sich rund um diese Lösungen auf Open Code ein anerkannter Modus einer Selbstauskunft, der es erlaubt, diese vorab einzuschätzen.

Damit die vielen guten Smart-City-Lösungen, die gerade in den Modellprojekten entstehen, langfristig genutzt werden können und zu einem „Smart Country“ beitragen, benötigt es unser Erfahrung nach jedoch nicht nur den Mut, so etwas wie eine Prototyping-Plattform in der Verwaltung zu etablieren, sondern vor allem sehr viel Kompetenzaufbau innerhalb der Kommunen, damit die Mitarbeitenden selbst entscheiden können, ob Lösungen einsatzfähig für die eigenen Herausforderungen passend sind. Die oben erwähnten Arbeits- und Entwicklungsgemeinschaften in der MPSC-Community und auch das große Interesse an Formaten wie zum Beispiel der CUT-Akademie (CUT-Akademie! - Connected Urban Twins) zeigen den großen Bedarf und auch die Fähigkeit der (Modell)kommunen sich im Sinne von K2K gegenseitig am besten beraten zu können.

Dieser Text ist in Zusammenarbeit mit Christoph Schubert und Sebastian Böhm entstanden. Beate Ginzel leitet das Referat seit dem Jahr 2019. Zuvor war sie Abteilungsleiterin im Amt für Stadterneuerung und Wohnungsbau. Ginzel war zehn Jahre wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Stadtentwicklung und Bauwirtschaft an der Universität Leipzig und als Architektin in Deutschland, den Niederlanden und Tansania tätig.

Zuletzt von ihr in dieser Rubrik erschienen: „Unsere Leipzig App – Das digitale Rathaus für eine smarte Stadt

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