Wer sich genauer Steuern in der Luftfahrt anschaut, der wird über einige Fragezeichen stolpern: Warum bezahlt eine Familie für den Flug in den Sommerurlaub den gleichen Steuerbetrag auf ihre Tickets wie eine viel fliegende Geschäftsreisende, die der Arbeitgeber zu einer voll bezahlten Konferenz schickt? Und warum zahlt ein Privatjet-Passagier überhaupt keine Ticketsteuer, wenn er von Frankfurt nach London oder Berlin nach Bali fliegt?
Das scheint unverhältnismäßig, denn Business-Class-Flüge sind durchschnittlich viermal umweltschädlicher als Economy-Class-Flüge. Und wer mit einem Privatjet reist, schadet der Umwelt je nach Flugzeuggröße, Strecke und Zahl der Mitreisendenfünf bis 14 Mal mehr als ein Passagier eines kommerziellen Flugs.
Während Business-Class- oder Privatjet-Reisende in Deutschland von vergleichsweise niedrigen Steuern profitieren, ordnet Bundesfinanzminister Christian Lindner seinen Koalitionspartnern straffe Sparpläne an, die für die Transformation zu einer grünen deutschen Industrie keine großen Sprünge erlauben. Ein Sturzflug wäre treffender.
Gleichzeitig ist Lindners Parteikollege Verkehrsminister Volker Wissing E-Fuels verfallen, allerdings hat er kaum Mittel, um der Industrie den nötigen Anschub zu verleihen. Und unklar bleibt auch die Frage: In welche Tanks dürfte das aktuell rare und teure Gut E-Fuels bevorzugt fließen? Während Wissing eine klare Präferenz für Verbrenner zu haben scheint, fehlen E-Fuels vor allem in der Luft- und Schifffahrt, wo der Kraftstoff nach jetzigem Stand der Forschung die beste Technologie zur Klimaneutralität ist.
Vorbild Frankreich und Großbritannien
Dabei gäbe es eine einfache Lösung für grüne Luftfahrttechnologien: Wir sollten diejenigen in der Gesellschaft, die ohnehin wenig sensibel für Preiserhöhungen sind, für die kostbaren erneuerbaren Flugkraftstoffe – die „Champagner-Kraftstoffe“ – bezahlen lassen.
Sowohl die Zivilgesellschaft als auch die Luftfahrtindustrie fordern, dass die Einnahmen aus der Luftverkehrsteuer für den Markthochlauf von E-Kerosin verwendet werden. Etwas zögerlich bleibt die Luftfahrtindustrie mit ihren Forderungen, indem sie sich gegen eine Erhöhung der Luftverkehrsteuer ausspricht. Sie fürchtet zu sehr, dass dadurch weniger Menschen von Deutschland aus abfliegen.
Aber würde ein teurerer Flug die Business-Class- und Privatjet-Fliegenden wirklich davon abhalten, zu Vorstandssitzungen und Privatinseln zu jetten? Wohl kaum. Die Gefahr für die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Luftverkehrs scheint äußerst gering und andere Länder zeigen schon längst, dass es funktioniert: In Frankreich ist die Steuer auf Business-Class-Tickets neunmal so hoch wie die auf Economy-Tickets, im Vereinigten Königreich ist sie doppelt so hoch.
Einnahmen von bis zu einer halben Milliarde Euro möglich
Lindner sollte dem Beispiel folgen und die Luftverkehrsteuer gerechter gestalten, indem Business-Class-Tickets entsprechend ihrer viel höheren Klimabelastung besteuert werden. Außerdem sollte eine Abgabe von 3000 bis 4000 Euro pro Privatjetflug eingeführt werden, um sicherzustellen, dass auch Privatjets einen Preis für ihre Kohlenstoffemissionen zahlen.
Dies könnte mehr als eine halbe Milliarde Euro pro Jahr einbringen. Das würde bedeuten, dass im Haushalt 2025 mehr als doppelt so viel für erneuerbare Kraftstoffe für die Luftfahrt zur Verfügung stehen würde als im Jahr 2024.
Die Luftfahrtbranche hat keine Chance, auch nur annähernd klimaverträglich zu werden, wenn die E-Kerosin-Projekte nicht an Fahrt aufnehmen. Unsere Analysen zeigen: Deutschland hätte das Potenzial, beim Markthochlauf von E-Kerosin führend zu sein, vor allem in der Forschung und Innovation. Doch wer E-Fuels sagt, muss auch über staatliche Förderungen sprechen. Wenn dafür in Zeiten knapper Staatskassen die umweltschädlichsten Vielflieger ein wenig tiefer in die Tasche greifen müssen, dann ist das ein Gewinn für die E-Kerosin-Industrie und für das Klima.