Heute stellt der Arbeitskreis klimaneutrale Luftfahrt (AkKL) auf der ILA in Berlin seine Ergebnisse vor. In drei Arbeitsgruppen wurden Maßnahmen zum Markthochlauf von nachhaltigen Flugkraftstoffen (SAF), innovativen Antriebstechnologien sowie zur Flugroutenoptimierung und Vermeidung von Nicht-CO2-Emissionen erarbeitet. Die Arbeitsgruppe SAF hat ein Maßnahmenpaket erarbeitet, das die aus Sicht der Mitglieder wichtigsten zehn Punkte zum SAF-Hochlauf in Deutschland und Europa beinhaltet.
Bereits bei der Vorstellung der Zwischenbilanz des AkKL bei der Nationalen Luftfahrtkonferenz im Herbst vergangen Jahres hat die Arbeitsgruppe darauf hingewiesen, dass die Bundesregierung dringend die Initiative ergreifen muss, wenn sie SAF und insbesondere strombasiertes E-SAF in ausreichenden Mengen in Deutschland zur Verfügung stellen will. Nur so könnten die europäischen und deutschen Beimischungsverpflichtungen für SAF überhaupt erfüllt werden.
Denn Investitionen in Produktionsanlagen für E-SAF gibt es bisher so gut wie keine und ohne verlässliche regulatorische Rahmenbedingungen und Planungssicherheit für die beteiligten Stakeholder wird es auch auf absehbare Zeit keine Investitionsentscheidungen geben.
Abnehmer scheuen langfristige Verträge
Mittlerweile hat sich auch gezeigt, dass die Investitionsrisiken an die Abnehmer durchgereicht werden. Ganz gleich, ob ein Produzent seine Anlage über private Investoren oder Bankkredite finanzieren will, am Ende werden von den potenziellen Abnehmern mindestens Abnahmeverträge über eine Laufzeit von 10 oder 15 Jahren gefordert. Die damit verbundenen Risiken kann aber kein Abnehmer auf sich nehmen.
Vor dem Hintergrund der Kostendegression in der E-SAF-Produktion und den technischen Herausforderungen, ist gerade die erste Generation der E-SAF-Produktionsanlagen mit großen Risiken verbunden. Projekte der zweiten Generation, die auch aus den Fehlern der ersten Projekte lernen konnten, werden zu einem günstigeren Preis SAF anbieten können und Abnehmern dadurch einen Kostenvorteil bieten können. Der Anreiz hier als Abnehmer zu den „first movern“ zu gehören und sich an einem der ersten E-SAF-Projekte zu beteiligen, ist also sehr gering. Genau hier muss Politik ansetzen und Instrumente zum „De-Risking“ solcher Investitionen entwickeln, wenn Sie E-SAF-Anlagen auch in Deutschland sehen möchte.
Und dafür gibt es gute Gründe: Der Import erneuerbarer Kraftstoffe wird natürlich eine zentrale Rolle spielen. Die Bundesregierung hat das bereits erkannt und frühzeitig Energiepartnerschaften mit anderen Ländern, in denen erneuerbare Energien in größerem Umfang als in Deutschland genutzt werden können, auf den Weg gebracht. Doch die Vergangenheit hat uns gelehrt, dass wir gut beraten sind, uns nicht nur auf Energie- und Kraftstoffimporte zu verlassen. Allein aus Gründen der Versorgungssicherheit sollten wir darauf bedacht sein, auch in Deutschland Produktionskapazitäten aufzubauen.
Chance für strukturschwache Regionen
Deutsche Unternehmen sind aktuell Vorreiter im Bereich der Elektrolyse und im Anlagenbau für die Produktion von synthetischen Kraftstoffen. Um diese Vorreiterrolle auch auf Dauer zu halten, sollten wir diese Schlüsselindustrie rund um den chemischen Anlagenbau in Deutschland weiterentwickeln. Gerade in den vom Strukturwandel betroffenen Regionen können Ansiedlungen dieser Unternehmen zu neuer Wertschöpfung und neuen Arbeitsplätzen führen. Auch dafür lohnt sich die Investition in diesen Industriezweig.
Dazu sollte die Bundesregierung sich mit Banken und Akteuren der Finanzindustrie an einen Tisch setzen und konkrete Instrumente erarbeiten. Denkbar wären hier Public-Private-Partnerships zur Produktion von E-SAF oder auch staatliche Garantien für Abnahmeverträge. Aus diesem Grund schlagen wir in unserem Maßnahmenpaket auch eine Investorenkonferenz unter Schirmherrschaft der Bundesregierung vor.
Anders als bei E-SAF gibt es für biogenes SAF bereits signifikante Produktionskapazitäten. Unsere Potenzialanalyse hat gezeigt, dass wir die Beimischungsquoten bezogen auf biogenes SAF bis 2030 jedenfalls erreichen können. Doch auch hier fehlt eine verlässliche Perspektive. Uneinheitliche, unklare oder sich teils widersprechende Regulierungen und eine komplexe Administration auf nationaler und EU-Ebene wurden von der AG SAF als Barriere für eine nachhaltige Weiterentwicklung der Nutzung von biogenen Rohstoffen identifiziert.
Hoher Koordinierungsbedarf zwischen Ministerien
Ob biogenes SAF oder E-SAF, am Ende wird Deutschland bei diesem Thema ohne mehr Engagement und Initiative der Bundesregierung nicht vorankommen: Aus diesem Grund wollen auch die Mitglieder der Arbeitsgruppe SAF ihre Arbeit gerne fortsetzen. Ein wichtiger Faktor dabei ist der direkte Draht zur Bundesregierung. Indem BMDV und BMWK die Leitung des AkKL übernommen hatten, gab es eine direkte Anbindung an die beiden Häuser.
Insbesondere die Anbindung an die Fachreferate hat zu einem produktiven Austausch zwischen den Teilnehmenden der AG und der Arbeitsebene der Ministerien geführt, wodurch einige offene Fragen geklärt werden konnten, andere aber auch erst identifiziert wurden. Daneben hat sich gezeigt, dass es beim Thema SAF einen hohen Koordinierungsbedarf zwischen den Ministerien gibt. Die Einrichtung einer interministeriellen Steuerungsgruppe Erneuerbare Kraftstoffe (ISEK) wird von den Mitgliedern der AG SAF begrüßt. Jetzt gilt es, diese schnell Realität werden zu lassen, genauso wie die weiteren neun Maßnahmen, die wir bei der ILA heute offiziell vorstellen werden.