Geodaten sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken – ohne sie gehen wir gar nicht aus dem Haus: Ob Wetterprognosen oder Open-Map-Dienste, unsere Smartphones greifen tagtäglich auf eine Vielzahl verschiedener kommerziellen Angebote zu. Geoinformationen sind demgemäß nicht mehr nur etwas für Nerds oder Geocatcher. Sie stellen vielmehr die Basis für GPS-Systeme und damit auch für Navigationsgeräte und für automatisiertes Fahren dar.
Natürlich fanden sich raumbezogene Informationen schon lange auf Landkarten. Doch erst ihre computerlesbare, digitale Aufbereitung und Verfolgung in Echtzeit macht sie für die modernen Anwendungen attraktiv. Mehr noch: An Geodaten lässt sich beispielhaft das vornehmen, was die Eckpunkte einer Datenstrategie der Bundesregierung von November 2019 fordern: „Herausarbeiten, welche weiteren unterstützenden Maßnahmen, Einrichtungen oder Werkzeuge auf infrastruktureller, institutioneller, rechtlicher und technischer Ebene in Deutschland und Europa notwendig sind.“
Und auch in dem Neun-Punkte-Plan für ein digitales Deutschland, den der Bundes-CIO Markus Richter im Juli 2020 veröffentlichte, findet sich als erstes das Ziel der „Vorlage einer Open-Data-Strategie sowie Verabschiedung des 2. Open-Data-Gesetzes als wesentliches Signal für den Kulturwandel in Verwaltung und Gesellschaft und für die digitale Souveränität von Bürgerinnen und Bürgern.“
Geodaten sorgen für Transparenz und gesellschaftliche Teilhabe
Geodaten können in diesem Zusammenhang eine Vorreiterstellung einzunehmen, denn die europäische INSPIRE-Richtlinie von 2007 (Richtlinie 2007/2/EG) sieht vor, dass derartige Daten nicht mehr nur in der amtlichen Sphäre verbleiben sollen. Vielmehr sollen Bürgerinnen und Bürger sowie die Wirtschaft Zugang zu ihnen bekommen. Diese Forderung zielt keineswegs nur auf die Hebung des darin liegenden Wertschöpfungspotenzials für die Wirtschaft ab: Geodaten können beispielsweise auch dazu beitragen, gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen und den Digital Divide zu verkleinern – und auf diese Weise politische Legitimation schaffen.
Da Geodaten das Potenzial haben, raumrelevante politische und gesellschaftliche Prozesse transparenter zu machen, schaffen sie eine Grundlage für die Beteiligung aller gesellschaftlichen Gruppen. Bereitgestellte Geoinformationen können die Entscheidungs- und Verfolgungsprozesse der Politik und Verwaltung unterstützen (evidence-based policy making). Auch mit anderen Trends, die Einfluss auf die Entwicklung von Geodaten haben, wie Cloud Computing, Open Data, Data Analytics oder Sensornetzwerken, um nur einige zu nennen, werden sich Staat und Gesellschaft in den kommenden Jahren verstärkt auseinandersetzen müssen.
Heterogene Aufbereitung und Insellösungen verhindern effiziente Nutzung
So bedeutend Geodaten also sind, so bedauerlich ist es, dass sie bislang eher heterogen aufbereitet werden. Das liegt daran, dass sie jeweils auf die spezifischen Anforderungen der verschiedenen Organisationen zugeschnitten sind. Dadurch ist eine heterogene Systemlandschaft entstanden, in der Insellösungen dominieren. Um effektiv und effizient zusammenarbeiten zu können, sind Bund, Länder und Kommunen jedoch auf Schnittstellen und Interoperabilitätslösungen angewiesen.
Aus diesem Grund sollte in der übergreifenden Arbeit der Behörden verstärkt auf Interoperabilität geachtet werden. Dies wurde auch durch ein jüngst fertiggestelltes Forschungsprojekt bestätigt, das wir unter anderem mit der Metropolregion Rhein-Neckar (MRN) für das Land Rheinland-Pfalz durchgeführt haben und wir heute veröffentlichen: In unserem Survey wird vielfach der Wunsch der Mitarbeitenden nach einem standardisierten Workflow geäußert, um die Zusammenarbeit der Behörden zu verbessern.
Mitarbeitende wünschen sich Interoperabilität bei Geodaten
So wünschen sich zwei Drittel der Teilnehmenden der Befragung zum Stand des aktuellen Geodatenmanagements in RLP einen landesweiten und zentralen Basisdienst mit der Möglichkeit, relevante Fachdaten in eigenen Projekte und Anwendungen individuell zusammenzustellen. Dies wird gestützt durch die Mehrheit der befragten Expertinnen und Experten. Ein Basisdienst wird dabei verstanden als eine Form des Interoperabilitätsmanagements, bei dem die vorhandenen Geodaten auf einem Portal zusammengeführt und als interoperable Dienste über Schnittstellen zentral bereitgestellt werden. Damit die Anwendungen reibungslos miteinander kommunizieren, werden etwa einheitlich definierte Schnittstellen benötigt. Neben einer effizienteren Handhabung der Daten würde darüber hinaus eine multiple Datenhaltung vermieden werden.
Folgt man dieser Idee, würde der Basisdienst als ein Übersichtskatalog und zentraler Einstiegspunkt fungieren, der dezentral gepflegt wird, während das Geoportal RLP hierbei eine Schlüsselrolle einnehmen könnte, um die Daten der verschiedenen Fachanwendungen zu bündeln, in gängigen Formaten und Diensten über interoperable Schnittstellen verfügbar zu machen und Anforderungen zum Beispiel der GDI-DE, INSPIRE sowie Open Data nachzukommen. Die Einrichtung des Geoportals RLP geht zwar in die richtige Richtung, doch in Bezug auf Benutzerfreundlichkeit und Bedienbarkeit ist hier offenbar noch einiges an Arbeit zu leisten. Es gilt also, das Geoportal RLP weiter zu verbessern und auszubauen.
Benutzerfreundliches Interface sorgt für Akzeptanz
Sinnvoll ist es hierbei, individuelle Abfragen zu ermöglichen und verschiedene Ansichten anzubieten und somit je nach Kenntnisstand der Anwenderin und dem Anwender andere Funktionalitäten bereitzustellen. Ein benutzerfreundliches Interface hat einen hohen Einfluss auf die Akzeptanz von Anwendungen. Regelmäßige Evaluationen sind daher ebenso unerlässlich wie die Prüfung und gegebenenfalls Übernahme eingegangener Verbesserungsvorschläge.
Welche weiteren Aufgaben ein zentraler, landesweiter Basisdienst leisten soll, muss jedoch weiter geschärft werden und umfasst alle vorangestellten Aspekte wie unter anderem die Erhebung, Speicherung, Bereitstellung und Nutzung von Geodaten. Man sieht also: Nichts geht mehr ohne Geodaten. Damit man diese aber ihrerseits ihr volles Potenzial in den Verwaltungen entfalten können, sind viele Einzelschritte notwendig, um auch die geplante Datenstrategie der Bundesregierung mit Leben zu füllen. Die Einrichtung von Interoperabilitätsmanagement-Stellen kann dabei ein erster Schritt in die richtige Richtung sein.
Margrit Seckelmann ist Geschäftsführerin des Deutschen Forschungsinstituts für öffentliche Verwaltung und außerplanmäßige Professorin an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer. Rubina Zern-Breuer leitet das Innovationslabor des Projekts „Wissens- und Ideentransfer für Innovation in der Verwaltung (WITI)“.
Gemeinsam mit Marco Brunzel und Heinrich Lorei von der Metropolregion Rhein-Neckar (MRN) und den Wissenschaftlerinnen Kathrin Annika Kruse und Nora Regös haben sie für das rheinland-pfälzische Innenministerium ein Projekt zu einheitlichem Geodatenmanagement betreut, dessen Forschungsbericht heute hier veröffentlicht wird.